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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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seine Reue und sein Zurückpflügen ein Tand, mit wel-
chem der Tropf sich selber bethöret. Wüst! wenn du
in deinem Herzen nichts suchest, und nichts wün-
schest, als daß aller Schade, den deine böse That
verursacht, und alles Aergerniß, das sie ange-
richtet hat, aufhöre und wieder gut werde, und
daß dir Gott und Menschen verzeihen; wenn du
nichts anders wünschest, wenn du von Herzen gern
alles leidest und thust, um deinen Fehler so viel
möglich wieder gut zu machen: so ist deine Busse
gewiß aufrichtig; und dann zweifle nicht, daß
sie nicht Gott gefällig sey.

Wüst. Herr Pfarrer! Ich will gern leiden
und thun, was ich auf Gottes Boden thun kann,
wenn mir nur dieser Stein ab dem Herzen kömmt.
Wie er mich drückt, Herr Pfarrer! Wo ich geh
und steh, zittre ich über dieser Sünde.

Pfarrer. Fürchte dich nicht! Gehe nur ein-
fältig, ger[verlorenes Material - Zeichen fehlt]de und redlich in deinem Unglück zu
Werk, so wird's dir gewiß leichter werden.

Wüst. O, wenn ich nur das hoffen darf,
Herr Pfarrer!

Pfarrer. Fürchte dich nicht! Trau auf Gott!
Er ist der Gott des Sünders, der ihn sucht. Thue
du nur, was du kannst, gewissenhaft und redlich.
Das größste Unglück, das aus deinem Eid entstan-
den ist, sind die Umstände des armen Rudis, der

da-

ſeine Reue und ſein Zuruͤckpfluͤgen ein Tand, mit wel-
chem der Tropf ſich ſelber bethoͤret. Wuͤſt! wenn du
in deinem Herzen nichts ſucheſt, und nichts wuͤn-
ſcheſt, als daß aller Schade, den deine boͤſe That
verurſacht, und alles Aergerniß, das ſie ange-
richtet hat, aufhoͤre und wieder gut werde, und
daß dir Gott und Menſchen verzeihen; wenn du
nichts anders wuͤnſcheſt, wenn du von Herzen gern
alles leideſt und thuſt, um deinen Fehler ſo viel
moͤglich wieder gut zu machen: ſo iſt deine Buſſe
gewiß aufrichtig; und dann zweifle nicht, daß
ſie nicht Gott gefaͤllig ſey.

Wuͤſt. Herr Pfarrer! Ich will gern leiden
und thun, was ich auf Gottes Boden thun kann,
wenn mir nur dieſer Stein ab dem Herzen koͤmmt.
Wie er mich druͤckt, Herr Pfarrer! Wo ich geh
und ſteh, zittre ich uͤber dieſer Suͤnde.

Pfarrer. Fuͤrchte dich nicht! Gehe nur ein-
faͤltig, ger[verlorenes Material – Zeichen fehlt]de und redlich in deinem Ungluͤck zu
Werk, ſo wird’s dir gewiß leichter werden.

Wuͤſt. O, wenn ich nur das hoffen darf,
Herr Pfarrer!

Pfarrer. Fuͤrchte dich nicht! Trau auf Gott!
Er iſt der Gott des Suͤnders, der ihn ſucht. Thue
du nur, was du kannſt, gewiſſenhaft und redlich.
Das groͤßſte Ungluͤck, das aus deinem Eid entſtan-
den iſt, ſind die Umſtaͤnde des armen Rudis, der

da-
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[276/0301] ſeine Reue und ſein Zuruͤckpfluͤgen ein Tand, mit wel- chem der Tropf ſich ſelber bethoͤret. Wuͤſt! wenn du in deinem Herzen nichts ſucheſt, und nichts wuͤn- ſcheſt, als daß aller Schade, den deine boͤſe That verurſacht, und alles Aergerniß, das ſie ange- richtet hat, aufhoͤre und wieder gut werde, und daß dir Gott und Menſchen verzeihen; wenn du nichts anders wuͤnſcheſt, wenn du von Herzen gern alles leideſt und thuſt, um deinen Fehler ſo viel moͤglich wieder gut zu machen: ſo iſt deine Buſſe gewiß aufrichtig; und dann zweifle nicht, daß ſie nicht Gott gefaͤllig ſey. Wuͤſt. Herr Pfarrer! Ich will gern leiden und thun, was ich auf Gottes Boden thun kann, wenn mir nur dieſer Stein ab dem Herzen koͤmmt. Wie er mich druͤckt, Herr Pfarrer! Wo ich geh und ſteh, zittre ich uͤber dieſer Suͤnde. Pfarrer. Fuͤrchte dich nicht! Gehe nur ein- faͤltig, ger_ de und redlich in deinem Ungluͤck zu Werk, ſo wird’s dir gewiß leichter werden. Wuͤſt. O, wenn ich nur das hoffen darf, Herr Pfarrer! Pfarrer. Fuͤrchte dich nicht! Trau auf Gott! Er iſt der Gott des Suͤnders, der ihn ſucht. Thue du nur, was du kannſt, gewiſſenhaft und redlich. Das groͤßſte Ungluͤck, das aus deinem Eid entſtan- den iſt, ſind die Umſtaͤnde des armen Rudis, der da-

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/301>, abgerufen am 07.05.2024.