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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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Sie hatten ein Wesen, sie hatten ein Thun
die diken Weiber, so lang sie niemanden sa-
hen.

Aber als sie das Mareylj und den Zug Kin-
der erblikten stuhnd ihnen das Mort im Maul
still und sie machten sich hinter sich, gegen das
Haus. --

Das Mareylj that wie wenn sie nicht da
wären, stuhnd, der ganze Zug hinter ihm,
zu der Mutter des Bethelj und sagte. --

"Was ist doch auch das für eine unverscham-
te Sache? In einer Viertelstunde mit seinen
Kindern so hinauf und hinab zu machen?
Ich weiß wohl was darhinter stekt, und wenn
ichs gern thäte, ich könnte denen, die Schuld
daran sind, noch bey Tagsheitere, und sie ist
doch jezt bald aus, noch heiß machen. Das
ist kein Spaß, wenn ein Junker etwas Gutes
im Dorf will, ihm auf eine solche Art Stein
in den Weg zu legen. Es braucht sich aber
dessen gar nicht, ich meyne ihr thüet mir wohl
den Gefallen und besinnet euch des bessern,
der Zug muß morn seyn, und ich thue es nicht
anderst, und wenn ihr nicht wollt, und Un-
christen genug seyt, den Wohlstand euerer Kin-
der mit Füssen von euch wegzustossen, so ha-
bet ihr es denn mit mir zu thun? Ich habe mein
Lebtag nie so geredt, aber wenn es gilt die
Sachen mit Gewalt durchzudrüken, so will

Sie hatten ein Weſen, ſie hatten ein Thun
die diken Weiber, ſo lang ſie niemanden ſa-
hen.

Aber als ſie das Mareylj und den Zug Kin-
der erblikten ſtuhnd ihnen das Mort im Maul
ſtill und ſie machten ſich hinter ſich, gegen das
Haus. —

Das Mareylj that wie wenn ſie nicht da
waͤren, ſtuhnd, der ganze Zug hinter ihm,
zu der Mutter des Bethelj und ſagte. —

„Was iſt doch auch das fuͤr eine unverſcham-
te Sache? In einer Viertelſtunde mit ſeinen
Kindern ſo hinauf und hinab zu machen?
Ich weiß wohl was darhinter ſtekt, und wenn
ichs gern thaͤte, ich koͤnnte denen, die Schuld
daran ſind, noch bey Tagsheitere, und ſie iſt
doch jezt bald aus, noch heiß machen. Das
iſt kein Spaß, wenn ein Junker etwas Gutes
im Dorf will, ihm auf eine ſolche Art Stein
in den Weg zu legen. Es braucht ſich aber
deſſen gar nicht, ich meyne ihr thuͤet mir wohl
den Gefallen und beſinnet euch des beſſern,
der Zug muß morn ſeyn, und ich thue es nicht
anderſt, und wenn ihr nicht wollt, und Un-
chriſten genug ſeyt, den Wohlſtand euerer Kin-
der mit Fuͤſſen von euch wegzuſtoſſen, ſo ha-
bet ihr es denn mit mir zu thun? Ich habe mein
Lebtag nie ſo geredt, aber wenn es gilt die
Sachen mit Gewalt durchzudruͤken, ſo will

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[141/0163] Sie hatten ein Weſen, ſie hatten ein Thun die diken Weiber, ſo lang ſie niemanden ſa- hen. Aber als ſie das Mareylj und den Zug Kin- der erblikten ſtuhnd ihnen das Mort im Maul ſtill und ſie machten ſich hinter ſich, gegen das Haus. — Das Mareylj that wie wenn ſie nicht da waͤren, ſtuhnd, der ganze Zug hinter ihm, zu der Mutter des Bethelj und ſagte. — „Was iſt doch auch das fuͤr eine unverſcham- te Sache? In einer Viertelſtunde mit ſeinen Kindern ſo hinauf und hinab zu machen? Ich weiß wohl was darhinter ſtekt, und wenn ichs gern thaͤte, ich koͤnnte denen, die Schuld daran ſind, noch bey Tagsheitere, und ſie iſt doch jezt bald aus, noch heiß machen. Das iſt kein Spaß, wenn ein Junker etwas Gutes im Dorf will, ihm auf eine ſolche Art Stein in den Weg zu legen. Es braucht ſich aber deſſen gar nicht, ich meyne ihr thuͤet mir wohl den Gefallen und beſinnet euch des beſſern, der Zug muß morn ſeyn, und ich thue es nicht anderſt, und wenn ihr nicht wollt, und Un- chriſten genug ſeyt, den Wohlſtand euerer Kin- der mit Fuͤſſen von euch wegzuſtoſſen, ſo ha- bet ihr es denn mit mir zu thun? Ich habe mein Lebtag nie ſo geredt, aber wenn es gilt die Sachen mit Gewalt durchzudruͤken, ſo will

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/163>, abgerufen am 27.04.2024.