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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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Sie sollen doch einen Augenblik halten, wenn
etwas ungrades in seinem Haus vorgefallen,
so wolle er machen, daß sie können zufrieden
seyn.

Nein, nein, antworteten sie, und er und
sie: die Leuthbetriegerin deine Frau muß zu
schanden gemacht seyn, wie sie es verdient, so
hängt sie einandermal niemand mehr den Na-
men an, der ihr gehört.

Ja, ja sagte die Margreth, sie ist eine Leuth-
betriegerin, eine Seelenmörderin deine Frau,
so hat mir es in meinem Leben noch niemand
gemacht, und den Lohn dazu abgedrukt.

Sie thaten beyde wie wild, und die Mar-
greth noch oben drein, wie wenn sie die Au-
gen troknen wollte. -- Diese aber hatten das
gar nicht nöthig, sie waren so troken als wenn
sie eben zum Ofen herausgekommen. -- Das
andere Wort das sie redte war, wie unglük-
lich sie jezt sey, daß sie so um Ehr und guten
Namen gekommen.

Thut doch jezt nicht so gar, sagte der Kreb-
ler, sie muß euch Ehr und guten Namen wie-
der geben; denn es machte ihm Angst, daß
die Leuthe oben an der Kirchgaß alle es hö-
ren, so laut redten sie.

Ja, ja -- es ist bald gesagt; Ehre und
guten Namen ist nicht so leicht wieder zu ge-
ben, wenn man es einem genohmen. Und denn

Sie ſollen doch einen Augenblik halten, wenn
etwas ungrades in ſeinem Haus vorgefallen,
ſo wolle er machen, daß ſie koͤnnen zufrieden
ſeyn.

Nein, nein, antworteten ſie, und er und
ſie: die Leuthbetriegerin deine Frau muß zu
ſchanden gemacht ſeyn, wie ſie es verdient, ſo
haͤngt ſie einandermal niemand mehr den Na-
men an, der ihr gehoͤrt.

Ja, ja ſagte die Margreth, ſie iſt eine Leuth-
betriegerin, eine Seelenmoͤrderin deine Frau,
ſo hat mir es in meinem Leben noch niemand
gemacht, und den Lohn dazu abgedrukt.

Sie thaten beyde wie wild, und die Mar-
greth noch oben drein, wie wenn ſie die Au-
gen troknen wollte. — Dieſe aber hatten das
gar nicht noͤthig, ſie waren ſo troken als wenn
ſie eben zum Ofen herausgekommen. — Das
andere Wort das ſie redte war, wie ungluͤk-
lich ſie jezt ſey, daß ſie ſo um Ehr und guten
Namen gekommen.

Thut doch jezt nicht ſo gar, ſagte der Kreb-
ler, ſie muß euch Ehr und guten Namen wie-
der geben; denn es machte ihm Angſt, daß
die Leuthe oben an der Kirchgaß alle es hoͤ-
ren, ſo laut redten ſie.

Ja, ja — es iſt bald geſagt; Ehre und
guten Namen iſt nicht ſo leicht wieder zu ge-
ben, wenn man es einem genohmen. Und denn

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[187/0209] Sie ſollen doch einen Augenblik halten, wenn etwas ungrades in ſeinem Haus vorgefallen, ſo wolle er machen, daß ſie koͤnnen zufrieden ſeyn. Nein, nein, antworteten ſie, und er und ſie: die Leuthbetriegerin deine Frau muß zu ſchanden gemacht ſeyn, wie ſie es verdient, ſo haͤngt ſie einandermal niemand mehr den Na- men an, der ihr gehoͤrt. Ja, ja ſagte die Margreth, ſie iſt eine Leuth- betriegerin, eine Seelenmoͤrderin deine Frau, ſo hat mir es in meinem Leben noch niemand gemacht, und den Lohn dazu abgedrukt. Sie thaten beyde wie wild, und die Mar- greth noch oben drein, wie wenn ſie die Au- gen troknen wollte. — Dieſe aber hatten das gar nicht noͤthig, ſie waren ſo troken als wenn ſie eben zum Ofen herausgekommen. — Das andere Wort das ſie redte war, wie ungluͤk- lich ſie jezt ſey, daß ſie ſo um Ehr und guten Namen gekommen. Thut doch jezt nicht ſo gar, ſagte der Kreb- ler, ſie muß euch Ehr und guten Namen wie- der geben; denn es machte ihm Angſt, daß die Leuthe oben an der Kirchgaß alle es hoͤ- ren, ſo laut redten ſie. Ja, ja — es iſt bald geſagt; Ehre und guten Namen iſt nicht ſo leicht wieder zu ge- ben, wenn man es einem genohmen. Und denn

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/209>, abgerufen am 26.04.2024.