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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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aber an die Hauptsache, von der das Fluchen
und Schwören herkomme, und die der Junker
in die Ordnung machen wolle, an diese denken
sie nicht.

Ich möchte, sagte es ein andermal zu ihnen,
um das Fluchen und Schwören nicht die Hand
umkehren. Wenn die Leute in der Unordnung
sind, und bös und verderbt, so ist es noch bes-
ser, sie zeigen sich wie sie sind, als daß sie es
verbergen, und man nicht wisse, wo man mit
ihnen zu Hause. -- Wieder einmal sagte es:
es ist sicher besser, sie zanken jezt mit einander
vor Durst, als ihre Kinder fressen einmal ein-
ander vor Hunger. -- Einer diken Frau, die
ihm klagte, ihr Mann bringe sie noch unter den
Boden, nahm es einen Fünfbäzler aus dem
Sak, und sagte ihr, willst du das mit mir wet-
ten, du erlebst noch, daß du mit deines Manns
Beinen Nusse hinabbengeln kannst?

Andere, die im Ernst litten, tröstete es wie
es konnte, und redte mit etlichen Männern so,
daß sie aus Forcht vor ihm daheim zähmer
thun müssen.

Und immer wies es die Leuthe auf den Jun-
ker, und behauptete kek: er werde dieses gewiß
nicht in die Länge so gehen lassen, sondern auf
die oder diese Art dafür sorgen, daß es anderst
komme.


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aber an die Hauptſache, von der das Fluchen
und Schwoͤren herkomme, und die der Junker
in die Ordnung machen wolle, an dieſe denken
ſie nicht.

Ich moͤchte, ſagte es ein andermal zu ihnen,
um das Fluchen und Schwoͤren nicht die Hand
umkehren. Wenn die Leute in der Unordnung
ſind, und boͤs und verderbt, ſo iſt es noch beſ-
ſer, ſie zeigen ſich wie ſie ſind, als daß ſie es
verbergen, und man nicht wiſſe, wo man mit
ihnen zu Hauſe. — Wieder einmal ſagte es:
es iſt ſicher beſſer, ſie zanken jezt mit einander
vor Durſt, als ihre Kinder freſſen einmal ein-
ander vor Hunger. — Einer diken Frau, die
ihm klagte, ihr Mann bringe ſie noch unter den
Boden, nahm es einen Fuͤnfbaͤzler aus dem
Sak, und ſagte ihr, willſt du das mit mir wet-
ten, du erlebſt noch, daß du mit deines Manns
Beinen Nuſſe hinabbengeln kannſt?

Andere, die im Ernſt litten, troͤſtete es wie
es konnte, und redte mit etlichen Maͤnnern ſo,
daß ſie aus Forcht vor ihm daheim zaͤhmer
thun muͤſſen.

Und immer wies es die Leuthe auf den Jun-
ker, und behauptete kek: er werde dieſes gewiß
nicht in die Laͤnge ſo gehen laſſen, ſondern auf
die oder dieſe Art dafuͤr ſorgen, daß es anderſt
komme.


X 4
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[327/0349] aber an die Hauptſache, von der das Fluchen und Schwoͤren herkomme, und die der Junker in die Ordnung machen wolle, an dieſe denken ſie nicht. Ich moͤchte, ſagte es ein andermal zu ihnen, um das Fluchen und Schwoͤren nicht die Hand umkehren. Wenn die Leute in der Unordnung ſind, und boͤs und verderbt, ſo iſt es noch beſ- ſer, ſie zeigen ſich wie ſie ſind, als daß ſie es verbergen, und man nicht wiſſe, wo man mit ihnen zu Hauſe. — Wieder einmal ſagte es: es iſt ſicher beſſer, ſie zanken jezt mit einander vor Durſt, als ihre Kinder freſſen einmal ein- ander vor Hunger. — Einer diken Frau, die ihm klagte, ihr Mann bringe ſie noch unter den Boden, nahm es einen Fuͤnfbaͤzler aus dem Sak, und ſagte ihr, willſt du das mit mir wet- ten, du erlebſt noch, daß du mit deines Manns Beinen Nuſſe hinabbengeln kannſt? Andere, die im Ernſt litten, troͤſtete es wie es konnte, und redte mit etlichen Maͤnnern ſo, daß ſie aus Forcht vor ihm daheim zaͤhmer thun muͤſſen. Und immer wies es die Leuthe auf den Jun- ker, und behauptete kek: er werde dieſes gewiß nicht in die Laͤnge ſo gehen laſſen, ſondern auf die oder dieſe Art dafuͤr ſorgen, daß es anderſt komme. X 4

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/349>, abgerufen am 27.04.2024.