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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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Der Glüphi ist ein blessierter abgedankter
Lieutenant, den der Junker zum Feldmessen
und dergleichen Sachen, schon über Jahr
und Tag im Schloß hatte; dieser Mann
lehrte in dieser Zeit, ohne daß es jemand
von ihm forderte, den Hauslehrer des Jun-
kers viel schöner schreiben, grundlicher und
vortheilhafter rechnen, etwas zeichnen, Land
ausmessen, auf's Papyr tragen, und noch
mehr solche Sachen; hauptsächlich aber ge-
gen seinen Carl mit einer militarischen Ord-
nung und Festigkeit zu Werk gehen; es war
ihm wie nichts was der dem Stollenberger
zeigte, und er brachte ihm alles, wenn er
auch vorher nicht den geringsten Begriff da-
von hatte, so leicht in Kopf, daß der jun-
ge Mann nothwendig auf den Gedanken fal-
len mußte, wenn ein Mensch im Stand sey,
eine Schule einzurichten, wie es der Jun-
ker im Sinn habe, um ein ganzes Dorf
durch sie in ein ander Modell zu giessen, so
sey es dieser Mann.

Der Stollenberger hat sich nicht betrogen;
und der Glüphi hat den Posten, Schulmei-
ster in Bonnal zu werden, angenohmen,
sobald ihm der Junker davon redte, und
sich das einige Bedingniß vorbehalten, daß
er im Ernst Meister darinn seyn wolle.

Und das ist der Mann, mit dem der Jun-

Der Gluͤphi iſt ein bleſſierter abgedankter
Lieutenant, den der Junker zum Feldmeſſen
und dergleichen Sachen, ſchon uͤber Jahr
und Tag im Schloß hatte; dieſer Mann
lehrte in dieſer Zeit, ohne daß es jemand
von ihm forderte, den Hauslehrer des Jun-
kers viel ſchoͤner ſchreiben, grundlicher und
vortheilhafter rechnen, etwas zeichnen, Land
ausmeſſen, auf’s Papyr tragen, und noch
mehr ſolche Sachen; hauptſaͤchlich aber ge-
gen ſeinen Carl mit einer militariſchen Ord-
nung und Feſtigkeit zu Werk gehen; es war
ihm wie nichts was der dem Stollenberger
zeigte, und er brachte ihm alles, wenn er
auch vorher nicht den geringſten Begriff da-
von hatte, ſo leicht in Kopf, daß der jun-
ge Mann nothwendig auf den Gedanken fal-
len mußte, wenn ein Menſch im Stand ſey,
eine Schule einzurichten, wie es der Jun-
ker im Sinn habe, um ein ganzes Dorf
durch ſie in ein ander Modell zu gieſſen, ſo
ſey es dieſer Mann.

Der Stollenberger hat ſich nicht betrogen;
und der Gluͤphi hat den Poſten, Schulmei-
ſter in Bonnal zu werden, angenohmen,
ſobald ihm der Junker davon redte, und
ſich das einige Bedingniß vorbehalten, daß
er im Ernſt Meiſter darinn ſeyn wolle.

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[57/0079] Der Gluͤphi iſt ein bleſſierter abgedankter Lieutenant, den der Junker zum Feldmeſſen und dergleichen Sachen, ſchon uͤber Jahr und Tag im Schloß hatte; dieſer Mann lehrte in dieſer Zeit, ohne daß es jemand von ihm forderte, den Hauslehrer des Jun- kers viel ſchoͤner ſchreiben, grundlicher und vortheilhafter rechnen, etwas zeichnen, Land ausmeſſen, auf’s Papyr tragen, und noch mehr ſolche Sachen; hauptſaͤchlich aber ge- gen ſeinen Carl mit einer militariſchen Ord- nung und Feſtigkeit zu Werk gehen; es war ihm wie nichts was der dem Stollenberger zeigte, und er brachte ihm alles, wenn er auch vorher nicht den geringſten Begriff da- von hatte, ſo leicht in Kopf, daß der jun- ge Mann nothwendig auf den Gedanken fal- len mußte, wenn ein Menſch im Stand ſey, eine Schule einzurichten, wie es der Jun- ker im Sinn habe, um ein ganzes Dorf durch ſie in ein ander Modell zu gieſſen, ſo ſey es dieſer Mann. Der Stollenberger hat ſich nicht betrogen; und der Gluͤphi hat den Poſten, Schulmei- ſter in Bonnal zu werden, angenohmen, ſobald ihm der Junker davon redte, und ſich das einige Bedingniß vorbehalten, daß er im Ernſt Meiſter darinn ſeyn wolle. Und das iſt der Mann, mit dem der Jun-

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/79>, abgerufen am 26.04.2024.