Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Sand und Staub beinah fußhoch überdeckt sind. Nach 10 Uhr Morgens, zu welcher Zeit sich gewöhnlich die Seebrise erhebt, ist oft die ganze Stadt in solche Wolken eingehüllt. Viele Leute sollen auch hier an Brust- und Lungenkrankheiten sterben. -- Die besuchtesten Orte sind Polanka und der Leuchtthurm. Besonders bei letzterem ist die Aussicht sehr schön, da man bei vollkommen klarem Wetter einige der majestätischen, schneebedeckten Ausläufer der Anden erblickt.

Die Straßen sind, wie ich bereits erwähnte, ziemlich belebt und werden häufig von Gesellschaftswägen (Tivola) und Cabriolets (Berlogen) durchkreuzt, in welchen man für einen Real*) von einem Ende der Stadt zum andern fahren kann. Auch sieht man viele Esel, die meist zum Tragen von Wasser oder Lebensmitteln verwendet werden.

Das gemeine Volk fand ich von ausnehmender Häßlichkeit. Die Chilesen haben eine gelblich braune Gesichtsfarbe, dichtes schwarzes Haar, höchst unangenehme Gesichtszüge und im Gesichte einen so eigenen widerlichen Ausdruck, daß jeder Phrenologe sie ungesäumt für Räuber oder doch wenigstens für Diebe erklären würde. -- Kapitain Bell hatte zwar oft von der ausgezeichneten Ehrlichkeit dieser Leute gesprochen und uns in seiner stets übertriebenen Weise versichert, daß man einen Beutel mit Gold auf die Straße legen könnte, mit der Gewißheit ihn des andern Tages noch an derselben Stelle zu finden; trotz dem muß ich aber gestehen, daß ich Angst gehabt hätte, diesen

*) Ein Real ist der achte Theil eines spanischen Thalers, nach österreichischem Gelde 15 1/2 Kreuzer.

Sand und Staub beinah fußhoch überdeckt sind. Nach 10 Uhr Morgens, zu welcher Zeit sich gewöhnlich die Seebrise erhebt, ist oft die ganze Stadt in solche Wolken eingehüllt. Viele Leute sollen auch hier an Brust- und Lungenkrankheiten sterben. — Die besuchtesten Orte sind Polanka und der Leuchtthurm. Besonders bei letzterem ist die Aussicht sehr schön, da man bei vollkommen klarem Wetter einige der majestätischen, schneebedeckten Ausläufer der Anden erblickt.

Die Straßen sind, wie ich bereits erwähnte, ziemlich belebt und werden häufig von Gesellschaftswägen (Tivola) und Cabriolets (Berlogen) durchkreuzt, in welchen man für einen Real*) von einem Ende der Stadt zum andern fahren kann. Auch sieht man viele Esel, die meist zum Tragen von Wasser oder Lebensmitteln verwendet werden.

Das gemeine Volk fand ich von ausnehmender Häßlichkeit. Die Chilesen haben eine gelblich braune Gesichtsfarbe, dichtes schwarzes Haar, höchst unangenehme Gesichtszüge und im Gesichte einen so eigenen widerlichen Ausdruck, daß jeder Phrenologe sie ungesäumt für Räuber oder doch wenigstens für Diebe erklären würde. — Kapitain Bell hatte zwar oft von der ausgezeichneten Ehrlichkeit dieser Leute gesprochen und uns in seiner stets übertriebenen Weise versichert, daß man einen Beutel mit Gold auf die Straße legen könnte, mit der Gewißheit ihn des andern Tages noch an derselben Stelle zu finden; trotz dem muß ich aber gestehen, daß ich Angst gehabt hätte, diesen

*) Ein Real ist der achte Theil eines spanischen Thalers, nach österreichischem Gelde 15 1/2 Kreuzer.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0142" n="135"/>
Sand und Staub beinah fußhoch überdeckt sind. Nach 10 Uhr Morgens, zu welcher Zeit sich gewöhnlich die Seebrise erhebt, ist oft die ganze Stadt in solche Wolken eingehüllt. Viele Leute sollen auch hier an Brust- und Lungenkrankheiten sterben. &#x2014; Die besuchtesten Orte sind Polanka und der <hi rendition="#g">Leuchtthurm</hi>. Besonders bei letzterem ist die Aussicht sehr schön, da man bei vollkommen klarem Wetter einige der majestätischen, schneebedeckten Ausläufer der Anden erblickt.</p>
          <p>   Die Straßen sind, wie ich bereits erwähnte, ziemlich belebt und werden häufig von Gesellschaftswägen (Tivola) und Cabriolets (<hi rendition="#aq">Berlogen</hi>) durchkreuzt, in welchen man für einen Real<note place="foot" n="*)">Ein Real ist der achte Theil eines spanischen Thalers, nach österreichischem Gelde 15 1/2 Kreuzer.</note> von einem Ende der Stadt zum andern fahren kann. Auch sieht man viele Esel, die meist zum Tragen von Wasser oder Lebensmitteln verwendet werden.</p>
          <p>   Das gemeine Volk fand ich von ausnehmender Häßlichkeit. Die Chilesen haben eine gelblich braune Gesichtsfarbe, dichtes schwarzes Haar, höchst unangenehme Gesichtszüge und im Gesichte einen so eigenen widerlichen Ausdruck, daß jeder Phrenologe sie ungesäumt für Räuber oder doch wenigstens für Diebe erklären würde. &#x2014; Kapitain Bell hatte zwar oft von der ausgezeichneten Ehrlichkeit dieser Leute gesprochen und uns in seiner stets übertriebenen Weise versichert, daß man einen Beutel mit Gold auf die Straße legen könnte, mit der Gewißheit ihn des andern Tages noch an derselben Stelle zu finden; trotz dem muß ich aber gestehen, daß ich Angst gehabt hätte, diesen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0142] Sand und Staub beinah fußhoch überdeckt sind. Nach 10 Uhr Morgens, zu welcher Zeit sich gewöhnlich die Seebrise erhebt, ist oft die ganze Stadt in solche Wolken eingehüllt. Viele Leute sollen auch hier an Brust- und Lungenkrankheiten sterben. — Die besuchtesten Orte sind Polanka und der Leuchtthurm. Besonders bei letzterem ist die Aussicht sehr schön, da man bei vollkommen klarem Wetter einige der majestätischen, schneebedeckten Ausläufer der Anden erblickt. Die Straßen sind, wie ich bereits erwähnte, ziemlich belebt und werden häufig von Gesellschaftswägen (Tivola) und Cabriolets (Berlogen) durchkreuzt, in welchen man für einen Real *) von einem Ende der Stadt zum andern fahren kann. Auch sieht man viele Esel, die meist zum Tragen von Wasser oder Lebensmitteln verwendet werden. Das gemeine Volk fand ich von ausnehmender Häßlichkeit. Die Chilesen haben eine gelblich braune Gesichtsfarbe, dichtes schwarzes Haar, höchst unangenehme Gesichtszüge und im Gesichte einen so eigenen widerlichen Ausdruck, daß jeder Phrenologe sie ungesäumt für Räuber oder doch wenigstens für Diebe erklären würde. — Kapitain Bell hatte zwar oft von der ausgezeichneten Ehrlichkeit dieser Leute gesprochen und uns in seiner stets übertriebenen Weise versichert, daß man einen Beutel mit Gold auf die Straße legen könnte, mit der Gewißheit ihn des andern Tages noch an derselben Stelle zu finden; trotz dem muß ich aber gestehen, daß ich Angst gehabt hätte, diesen *) Ein Real ist der achte Theil eines spanischen Thalers, nach österreichischem Gelde 15 1/2 Kreuzer.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/142
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/142>, abgerufen am 28.04.2024.