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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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24 unschmackhafte Reden
te Testament, aber nicht das neue, anneh-
men?
23. Da er wol eingesehen, daß die Grün-
de aus der Vernunft und der göttlichen Of-
fenbarung, deren man sich bisher wider den
philosophischen Muthwillen der starken Gei-
ster bedienet, nicht zureichend wären, selbi-
gen zu zähmen. Hier
verräth der Schrift-
steller,
wes Geistes Kind er sey. Denn er
nennt die, so die christliche Religion attaqui-
ren, starke Geister, da es doch sehr schwache
Köpfe
sind. Er treibt selber Muthwillen,
da er seinen benannten starken Geistern einen
philosophischen Muthwillen beyleget. Er
raisonnirt untheologisch, und nach Art der
Religions-Spötter, daß er spricht: Alle Grün-
de
der Vernunft und göttlichen Offenbarung
wären nicht hinreichend, die starken Geister
oder Religions-Feinde zu zähmen. Reichen nun
alle Gründe nicht bey Leuten seines Schlages
zu: So ist der beste Rath, man schaffe sie
in ein Tollhaus, da sie ungestört ihren Muth-
willen auslassen dürfen. Jch habe derglei-
chen Religions-Spötter bey meiner Durch-
reise durch Waldheim angetroffen. Sie la-
gen an der Kette; da mogten sie labbern,
was sie wollten. Sie sagten z. E.: Die gan-
ze Bibel
sey ein Mährgen von der Tonne;
Christus sey eine Fabel etc. Aber man hielt
es ihrem verrückten Gehirn zu gute, und
strafte sie nicht darum, daß sie so schwätz-
ten.
24 unſchmackhafte Reden
te Teſtament, aber nicht das neue, anneh-
men?
23. Da er wol eingeſehen, daß die Gruͤn-
de aus der Vernunft und der goͤttlichen Of-
fenbarung, deren man ſich bisher wider den
philoſophiſchen Muthwillen der ſtarken Gei-
ſter bedienet, nicht zureichend waͤren, ſelbi-
gen zu zaͤhmen. Hier
verraͤth der Schrift-
ſteller,
wes Geiſtes Kind er ſey. Denn er
nennt die, ſo die chriſtliche Religion attaqui-
ren, ſtarke Geiſter, da es doch ſehr ſchwache
Koͤpfe
ſind. Er treibt ſelber Muthwillen,
da er ſeinen benannten ſtarken Geiſtern einen
philoſophiſchen Muthwillen beyleget. Er
raiſonnirt untheologiſch, und nach Art der
Religions-Spoͤtter, daß er ſpricht: Alle Gruͤn-
de
der Vernunft und goͤttlichen Offenbarung
waͤren nicht hinreichend, die ſtarken Geiſter
oder Religions-Feinde zu zaͤhmen. Reichen nun
alle Gruͤnde nicht bey Leuten ſeines Schlages
zu: So iſt der beſte Rath, man ſchaffe ſie
in ein Tollhaus, da ſie ungeſtoͤrt ihren Muth-
willen auslaſſen duͤrfen. Jch habe derglei-
chen Religions-Spoͤtter bey meiner Durch-
reiſe durch Waldheim angetroffen. Sie la-
gen an der Kette; da mogten ſie labbern,
was ſie wollten. Sie ſagten z. E.: Die gan-
ze Bibel
ſey ein Maͤhrgen von der Tonne;
Chriſtus ſey eine Fabel ꝛc. Aber man hielt
es ihrem verruͤckten Gehirn zu gute, und
ſtrafte ſie nicht darum, daß ſie ſo ſchwaͤtz-
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[288/0296] 24 unſchmackhafte Reden te Teſtament, aber nicht das neue, anneh- men? 23. Da er wol eingeſehen, daß die Gruͤn- de aus der Vernunft und der goͤttlichen Of- fenbarung, deren man ſich bisher wider den philoſophiſchen Muthwillen der ſtarken Gei- ſter bedienet, nicht zureichend waͤren, ſelbi- gen zu zaͤhmen. Hier verraͤth der Schrift- ſteller, wes Geiſtes Kind er ſey. Denn er nennt die, ſo die chriſtliche Religion attaqui- ren, ſtarke Geiſter, da es doch ſehr ſchwache Koͤpfe ſind. Er treibt ſelber Muthwillen, da er ſeinen benannten ſtarken Geiſtern einen philoſophiſchen Muthwillen beyleget. Er raiſonnirt untheologiſch, und nach Art der Religions-Spoͤtter, daß er ſpricht: Alle Gruͤn- de der Vernunft und goͤttlichen Offenbarung waͤren nicht hinreichend, die ſtarken Geiſter oder Religions-Feinde zu zaͤhmen. Reichen nun alle Gruͤnde nicht bey Leuten ſeines Schlages zu: So iſt der beſte Rath, man ſchaffe ſie in ein Tollhaus, da ſie ungeſtoͤrt ihren Muth- willen auslaſſen duͤrfen. Jch habe derglei- chen Religions-Spoͤtter bey meiner Durch- reiſe durch Waldheim angetroffen. Sie la- gen an der Kette; da mogten ſie labbern, was ſie wollten. Sie ſagten z. E.: Die gan- ze Bibel ſey ein Maͤhrgen von der Tonne; Chriſtus ſey eine Fabel ꝛc. Aber man hielt es ihrem verruͤckten Gehirn zu gute, und ſtrafte ſie nicht darum, daß ſie ſo ſchwaͤtz- ten.

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/296>, abgerufen am 29.04.2024.