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Pischel, Richard: Gedächtnisrede auf Albrecht Weber. Berlin, 1903.

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R. PISCHEL: Gedächtnisrede auf Albrecht Weber.

Geselligkeit in seinem gastlichen Hause, bei der es nie an interessanten
Männern und an anregender Unterhaltung fehlte.

Weber hat auch an dem kirchlichen Leben seiner Zeit regen Anteil
genommen. Viele Jahre hindurch war er ein eifriges Mitglied der Gemeinde-
organe von St. Jakobi. Die elf Hefte "Protestantische Zeitstimmen", die
einen Beitrag zur Geschichte der evangelischen Landeskirche in Preußen
während der Jahre 1879--1901 darstellen sollten, zeigen, daß er, unbe-
kümmert um die Gunst der herrschenden Partei, seinen kirchlich-freisin-
nigen Anschauungen stets offen Ausdruck gegeben hat. Nicht immer war
er in der Form geschickt. Aber sein ehrlicher Enthusiasmus, seine über-
zeugt protestantische Gesinnung und das gänzliche Fernhalten von allem,
was nach Strebertum aussehen konnte, nötigte auch seinen Gegnern Ach-
tung ab.

Die letzte Zeit seines Lebens war durch Krankheit sehr getrübt.
Besonders hart traf den rastlos arbeitenden Mann ein schweres Augen-
leiden, das sich bis zu fast völliger Erblindung steigerte und seinem lite-
rarischen Schaffen zuletzt enge Grenzen zog. So kam ihm der Tod am
30. November 1901 als Erlöser.

Webers Leben ist Mühe und Arbeit gewesen. Jahrzehntelang hat
er in keineswegs glänzenden Verhältnissen gelebt, ohne den Mut zu ver-
lieren und die Spannkraft des Geistes und Körpers einzubüßen. Sein In-
teresse war allen Zweigen seiner Wissenschaft gleichmäßig zugewandt, und
keiner seiner Altersgenossen konnte sich mit ihm an Belesenheit und Be-
herrschung des Stoffes messen.

Solange es eine indische Philologie gibt, wird sein Andenken nicht
erlöschen.





Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.


R. PISCHEL: Gedächtnisrede auf Albrecht Weber.

Geselligkeit in seinem gastlichen Hause, bei der es nie an interessanten
Männern und an anregender Unterhaltung fehlte.

Weber hat auch an dem kirchlichen Leben seiner Zeit regen Anteil
genommen. Viele Jahre hindurch war er ein eifriges Mitglied der Gemeinde-
organe von St. Jakobi. Die elf Hefte »Protestantische Zeitstimmen«, die
einen Beitrag zur Geschichte der evangelischen Landeskirche in Preußen
während der Jahre 1879—1901 darstellen sollten, zeigen, daß er, unbe-
kümmert um die Gunst der herrschenden Partei, seinen kirchlich-freisin-
nigen Anschauungen stets offen Ausdruck gegeben hat. Nicht immer war
er in der Form geschickt. Aber sein ehrlicher Enthusiasmus, seine über-
zeugt protestantische Gesinnung und das gänzliche Fernhalten von allem,
was nach Strebertum aussehen konnte, nötigte auch seinen Gegnern Ach-
tung ab.

Die letzte Zeit seines Lebens war durch Krankheit sehr getrübt.
Besonders hart traf den rastlos arbeitenden Mann ein schweres Augen-
leiden, das sich bis zu fast völliger Erblindung steigerte und seinem lite-
rarischen Schaffen zuletzt enge Grenzen zog. So kam ihm der Tod am
30. November 1901 als Erlöser.

Webers Leben ist Mühe und Arbeit gewesen. Jahrzehntelang hat
er in keineswegs glänzenden Verhältnissen gelebt, ohne den Mut zu ver-
lieren und die Spannkraft des Geistes und Körpers einzubüßen. Sein In-
teresse war allen Zweigen seiner Wissenschaft gleichmäßig zugewandt, und
keiner seiner Altersgenossen konnte sich mit ihm an Belesenheit und Be-
herrschung des Stoffes messen.

Solange es eine indische Philologie gibt, wird sein Andenken nicht
erlöschen.





Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.

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[8/0010] 8 R. PISCHEL: Gedächtnisrede auf Albrecht Weber. Geselligkeit in seinem gastlichen Hause, bei der es nie an interessanten Männern und an anregender Unterhaltung fehlte. Weber hat auch an dem kirchlichen Leben seiner Zeit regen Anteil genommen. Viele Jahre hindurch war er ein eifriges Mitglied der Gemeinde- organe von St. Jakobi. Die elf Hefte »Protestantische Zeitstimmen«, die einen Beitrag zur Geschichte der evangelischen Landeskirche in Preußen während der Jahre 1879—1901 darstellen sollten, zeigen, daß er, unbe- kümmert um die Gunst der herrschenden Partei, seinen kirchlich-freisin- nigen Anschauungen stets offen Ausdruck gegeben hat. Nicht immer war er in der Form geschickt. Aber sein ehrlicher Enthusiasmus, seine über- zeugt protestantische Gesinnung und das gänzliche Fernhalten von allem, was nach Strebertum aussehen konnte, nötigte auch seinen Gegnern Ach- tung ab. Die letzte Zeit seines Lebens war durch Krankheit sehr getrübt. Besonders hart traf den rastlos arbeitenden Mann ein schweres Augen- leiden, das sich bis zu fast völliger Erblindung steigerte und seinem lite- rarischen Schaffen zuletzt enge Grenzen zog. So kam ihm der Tod am 30. November 1901 als Erlöser. Webers Leben ist Mühe und Arbeit gewesen. Jahrzehntelang hat er in keineswegs glänzenden Verhältnissen gelebt, ohne den Mut zu ver- lieren und die Spannkraft des Geistes und Körpers einzubüßen. Sein In- teresse war allen Zweigen seiner Wissenschaft gleichmäßig zugewandt, und keiner seiner Altersgenossen konnte sich mit ihm an Belesenheit und Be- herrschung des Stoffes messen. Solange es eine indische Philologie gibt, wird sein Andenken nicht erlöschen. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.

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Zitationshilfe: Pischel, Richard: Gedächtnisrede auf Albrecht Weber. Berlin, 1903, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pischel_weber_1903/10>, abgerufen am 30.04.2024.