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Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.

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Menschen vorüber. Wenn auch einstürzen die Burgen der
Väter

Auf des Gebirgs Vorsprüngen, wenn auch kein Massaniello,
Der die Gemüther des Volks durch siegende Suada dahinriß,
Willkühr haßt, noch branden die Wellen, es rudert der Enkel,
Wie es der Ahnherr that in den blühenden Tagen des Frey¬
staats,

Noch aus heimischer Bucht, aufziehend die Segel, das Fahr¬
zeug.

Sprich, was reizender ist? Nach Süden die Fläche der Salz¬
fluth,

Wenn sie smaragdgrün liegt um zackige Klippen und anwogt,
Oder der plätschernde Bach nach Norden im schattigen Mühl¬
thal?

Sey mir, werde gegrüßt dreymal mir, schönes Amalfi,
Dreymal werde gegrüßt! Die Natur lacht Segen, es wandeln
Liebliche Mädchen umher und gefällige Knabengestalten,
Wo du den Blick ruhn lässest in diesem Asyle der Anmuth.
Ja, hier könnte die Tage des irdischen Seyns ausleben,
Ruhig wie schwimmendes Silbergewölk durch Nächte des
Vollmonds,

Irgend ein Herz, nach Stille begierig und süßer Beschrän¬
kung.

Aber es läßt ehrgeiziger Brust unstäte Begier mich
Wieder verlassen den Sitz preiswürdiger Erdebewohner,
Bannt am Ende vielleicht in des Nords Schneewüste zu¬
rück mich,

Wo mein lautendes Wort gleichlautendem Worte begegnet.

Menſchen voruͤber. Wenn auch einſtuͤrzen die Burgen der
Vaͤter

Auf des Gebirgs Vorſpruͤngen, wenn auch kein Maſſaniello,
Der die Gemuͤther des Volks durch ſiegende Suada dahinriß,
Willkuͤhr haßt, noch branden die Wellen, es rudert der Enkel,
Wie es der Ahnherr that in den bluͤhenden Tagen des Frey¬
ſtaats,

Noch aus heimiſcher Bucht, aufziehend die Segel, das Fahr¬
zeug.

Sprich, was reizender iſt? Nach Suͤden die Flaͤche der Salz¬
fluth,

Wenn ſie ſmaragdgruͤn liegt um zackige Klippen und anwogt,
Oder der plaͤtſchernde Bach nach Norden im ſchattigen Muͤhl¬
thal?

Sey mir, werde gegruͤßt dreymal mir, ſchoͤnes Amalfi,
Dreymal werde gegruͤßt! Die Natur lacht Segen, es wandeln
Liebliche Maͤdchen umher und gefaͤllige Knabengeſtalten,
Wo du den Blick ruhn laͤſſeſt in dieſem Aſyle der Anmuth.
Ja, hier koͤnnte die Tage des irdiſchen Seyns ausleben,
Ruhig wie ſchwimmendes Silbergewoͤlk durch Naͤchte des
Vollmonds,

Irgend ein Herz, nach Stille begierig und ſuͤßer Beſchraͤn¬
kung.

Aber es laͤßt ehrgeiziger Bruſt unſtaͤte Begier mich
Wieder verlaſſen den Sitz preiswuͤrdiger Erdebewohner,
Bannt am Ende vielleicht in des Nords Schneewuͤſte zu¬
ruͤck mich,

Wo mein lautendes Wort gleichlautendem Worte begegnet.

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[290/0300] Menſchen voruͤber. Wenn auch einſtuͤrzen die Burgen der Vaͤter Auf des Gebirgs Vorſpruͤngen, wenn auch kein Maſſaniello, Der die Gemuͤther des Volks durch ſiegende Suada dahinriß, Willkuͤhr haßt, noch branden die Wellen, es rudert der Enkel, Wie es der Ahnherr that in den bluͤhenden Tagen des Frey¬ ſtaats, Noch aus heimiſcher Bucht, aufziehend die Segel, das Fahr¬ zeug. Sprich, was reizender iſt? Nach Suͤden die Flaͤche der Salz¬ fluth, Wenn ſie ſmaragdgruͤn liegt um zackige Klippen und anwogt, Oder der plaͤtſchernde Bach nach Norden im ſchattigen Muͤhl¬ thal? Sey mir, werde gegruͤßt dreymal mir, ſchoͤnes Amalfi, Dreymal werde gegruͤßt! Die Natur lacht Segen, es wandeln Liebliche Maͤdchen umher und gefaͤllige Knabengeſtalten, Wo du den Blick ruhn laͤſſeſt in dieſem Aſyle der Anmuth. Ja, hier koͤnnte die Tage des irdiſchen Seyns ausleben, Ruhig wie ſchwimmendes Silbergewoͤlk durch Naͤchte des Vollmonds, Irgend ein Herz, nach Stille begierig und ſuͤßer Beſchraͤn¬ kung. Aber es laͤßt ehrgeiziger Bruſt unſtaͤte Begier mich Wieder verlaſſen den Sitz preiswuͤrdiger Erdebewohner, Bannt am Ende vielleicht in des Nords Schneewuͤſte zu¬ ruͤck mich, Wo mein lautendes Wort gleichlautendem Worte begegnet.

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Zitationshilfe: Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/300>, abgerufen am 04.05.2024.