Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Beobachtung, dass in unserer modernen Civilisation eine
natürliche Auslese nicht zu Stande komme und die Tüch-
tigsten nicht überlebten. Die Sieger im Kampf um das
Geld sind keineswegs die Besten oder die Klügsten, und
bekanntlich erneuert sich unsere Bevölkerung in jeder
Generation in stärkerem Maasse aus den unteren als aus
den mittleren und oberen Klassen." Wallace citirt dann
weiter den Amerikaner Hiram M. Stanley: "Wir haben
vor uns das traurige Schauspiel, dass sich die grosse Masse
der Gesellschaft aus den untersten Klassen rekrutirt, da die
obersten Klassen zum grossen Theil entweder gar nicht
heirathen oder doch keine Kinder haben. Die grosse
Mehrheit der Bevölkerung sind immer die Minderwerthigen,
und doch ersetzt sich der Strom des Lebens in ausge-
dehntem Maasse aus dieser Quelle. Eine solche Sachlage
ist für jede Gesellschaft mit grosser Gefahr verbunden, in
der demokratischen Civilisation unserer Tage aber bedeutet
sie einfach ihren Selbstmord." Wallace selbst hat mehr
Zuversicht in unsere Zeit: "... es scheint, dass im Ganzen
ein entschiedener Gewinn erzielt worden ist. Gesundheit,
Ausdauer, Selbstzucht und Verstand sind im Zunehmen
begriffen in Folge des langsamen Ausjätens der Unge-
sunden, Müssigen, der gröblich Lasterhaften, der Grau-
samen, der Geistesschwachen, und es mag wohl theilweise
auf Rechnung der grösseren Zahl der höheren und mittleren
Naturen, die so entstanden sind, zu setzen sein, dass wir
von einem zweifellosen Wachsen der Menschlichkeit, der
Theilnahme mit den Leiden von Menschen und Thieren,
sprechen können, das vielleicht das bezeichnendste und
erfreulichste Merkmal unserer Tage ist."*)

*) Wallace, Menschheitsfortschritt. Zukunft von Harden.
Berlin. 28. Juli 1894. S. 148.
9

Beobachtung, dass in unserer modernen Civilisation eine
natürliche Auslese nicht zu Stande komme und die Tüch-
tigsten nicht überlebten. Die Sieger im Kampf um das
Geld sind keineswegs die Besten oder die Klügsten, und
bekanntlich erneuert sich unsere Bevölkerung in jeder
Generation in stärkerem Maasse aus den unteren als aus
den mittleren und oberen Klassen.“ Wallace citirt dann
weiter den Amerikaner Hiram M. Stanley: „Wir haben
vor uns das traurige Schauspiel, dass sich die grosse Masse
der Gesellschaft aus den untersten Klassen rekrutirt, da die
obersten Klassen zum grossen Theil entweder gar nicht
heirathen oder doch keine Kinder haben. Die grosse
Mehrheit der Bevölkerung sind immer die Minderwerthigen,
und doch ersetzt sich der Strom des Lebens in ausge-
dehntem Maasse aus dieser Quelle. Eine solche Sachlage
ist für jede Gesellschaft mit grosser Gefahr verbunden, in
der demokratischen Civilisation unserer Tage aber bedeutet
sie einfach ihren Selbstmord.“ Wallace selbst hat mehr
Zuversicht in unsere Zeit: „… es scheint, dass im Ganzen
ein entschiedener Gewinn erzielt worden ist. Gesundheit,
Ausdauer, Selbstzucht und Verstand sind im Zunehmen
begriffen in Folge des langsamen Ausjätens der Unge-
sunden, Müssigen, der gröblich Lasterhaften, der Grau-
samen, der Geistesschwachen, und es mag wohl theilweise
auf Rechnung der grösseren Zahl der höheren und mittleren
Naturen, die so entstanden sind, zu setzen sein, dass wir
von einem zweifellosen Wachsen der Menschlichkeit, der
Theilnahme mit den Leiden von Menschen und Thieren,
sprechen können, das vielleicht das bezeichnendste und
erfreulichste Merkmal unserer Tage ist.“*)

*) Wallace, Menschheitsfortschritt. Zukunft von Harden.
Berlin. 28. Juli 1894. S. 148.
9
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0149" n="129"/>
Beobachtung, dass in unserer modernen Civilisation eine<lb/>
natürliche Auslese nicht zu Stande komme und die Tüch-<lb/>
tigsten nicht überlebten. Die Sieger im Kampf um das<lb/>
Geld sind keineswegs die Besten oder die Klügsten, und<lb/>
bekanntlich erneuert sich unsere Bevölkerung in jeder<lb/>
Generation in stärkerem Maasse aus den unteren als aus<lb/>
den mittleren und oberen Klassen.&#x201C; <hi rendition="#g">Wallace</hi> citirt dann<lb/>
weiter den Amerikaner <hi rendition="#g">Hiram M. Stanley</hi>: &#x201E;Wir haben<lb/>
vor uns das traurige Schauspiel, dass sich die grosse Masse<lb/>
der Gesellschaft aus den untersten Klassen rekrutirt, da die<lb/>
obersten Klassen zum grossen Theil entweder gar nicht<lb/>
heirathen oder doch keine Kinder haben. Die grosse<lb/>
Mehrheit der Bevölkerung sind immer die Minderwerthigen,<lb/>
und doch ersetzt sich der Strom des Lebens in ausge-<lb/>
dehntem Maasse aus dieser Quelle. Eine solche Sachlage<lb/>
ist für jede Gesellschaft mit grosser Gefahr verbunden, in<lb/>
der demokratischen Civilisation unserer Tage aber bedeutet<lb/>
sie einfach ihren Selbstmord.&#x201C; <hi rendition="#g">Wallace</hi> selbst hat mehr<lb/>
Zuversicht in unsere Zeit: &#x201E;&#x2026; es scheint, dass im Ganzen<lb/>
ein entschiedener Gewinn erzielt worden ist. Gesundheit,<lb/>
Ausdauer, Selbstzucht und Verstand sind im Zunehmen<lb/>
begriffen in Folge des langsamen Ausjätens der Unge-<lb/>
sunden, Müssigen, der gröblich Lasterhaften, der Grau-<lb/>
samen, der Geistesschwachen, und es mag wohl theilweise<lb/>
auf Rechnung der grösseren Zahl der höheren und mittleren<lb/>
Naturen, die so entstanden sind, zu setzen sein, dass wir<lb/>
von einem zweifellosen Wachsen der Menschlichkeit, der<lb/>
Theilnahme mit den Leiden von Menschen und Thieren,<lb/>
sprechen können, das vielleicht das bezeichnendste und<lb/>
erfreulichste Merkmal unserer Tage ist.&#x201C;<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Wallace</hi>, Menschheitsfortschritt. Zukunft von Harden.<lb/>
Berlin. 28. Juli 1894. S. 148.</note></p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">9</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0149] Beobachtung, dass in unserer modernen Civilisation eine natürliche Auslese nicht zu Stande komme und die Tüch- tigsten nicht überlebten. Die Sieger im Kampf um das Geld sind keineswegs die Besten oder die Klügsten, und bekanntlich erneuert sich unsere Bevölkerung in jeder Generation in stärkerem Maasse aus den unteren als aus den mittleren und oberen Klassen.“ Wallace citirt dann weiter den Amerikaner Hiram M. Stanley: „Wir haben vor uns das traurige Schauspiel, dass sich die grosse Masse der Gesellschaft aus den untersten Klassen rekrutirt, da die obersten Klassen zum grossen Theil entweder gar nicht heirathen oder doch keine Kinder haben. Die grosse Mehrheit der Bevölkerung sind immer die Minderwerthigen, und doch ersetzt sich der Strom des Lebens in ausge- dehntem Maasse aus dieser Quelle. Eine solche Sachlage ist für jede Gesellschaft mit grosser Gefahr verbunden, in der demokratischen Civilisation unserer Tage aber bedeutet sie einfach ihren Selbstmord.“ Wallace selbst hat mehr Zuversicht in unsere Zeit: „… es scheint, dass im Ganzen ein entschiedener Gewinn erzielt worden ist. Gesundheit, Ausdauer, Selbstzucht und Verstand sind im Zunehmen begriffen in Folge des langsamen Ausjätens der Unge- sunden, Müssigen, der gröblich Lasterhaften, der Grau- samen, der Geistesschwachen, und es mag wohl theilweise auf Rechnung der grösseren Zahl der höheren und mittleren Naturen, die so entstanden sind, zu setzen sein, dass wir von einem zweifellosen Wachsen der Menschlichkeit, der Theilnahme mit den Leiden von Menschen und Thieren, sprechen können, das vielleicht das bezeichnendste und erfreulichste Merkmal unserer Tage ist.“ *) *) Wallace, Menschheitsfortschritt. Zukunft von Harden. Berlin. 28. Juli 1894. S. 148. 9

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/149
Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/149>, abgerufen am 27.04.2024.