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Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877.

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glaubten wir wie ein Echo aus den Wellen des
See's zu vernehmen: "Undine -- Undine --"
Huldbrand.
Allerdings eine sonderbare Ankunft des neuen
Kindes.
Peter.
Kurz: Wir sahen das Kind wie ein Geschenk
des Himmels an. Wir nahmen es gerne als ein
solches, wenn wir gleich nicht wußten, woher es
gekommen war. Das liebe Ding stand so freundlich
vor uns da in einem silberblauen Kleidchen, aber
ganz durchnäßt, als ob es aus dem Wasser gekommen
wäre. Um das Hälschen hatte es eine kostbare Perlen-
schnur, die wir noch aufbewahrt haben. Und so
pflegten und hegten wir das Mädchen treulich und
gewissenhaft bis zu dieser Stunde -- es mag wohl
an die 13 Jahre her sein, daß es zu uns gekommen.
Huldbrand.
Wohl mögt Jhr das Wunderkind treu und sorg-
sam gepflegt haben, denn Undine ist lieb und gut
und auch verständig und spricht so klug, trotz seiner
oft kindlichen Launenhaftigkeit, als ob es in der
fürnehmsten, besten Schule gelernt hätte. Gerade
deßhalb, gerade wegen der heiligen Einfalt hab ich
glaubten wir wie ein Echo aus den Wellen des
See’s zu vernehmen: „Undine — Undine —‟
Huldbrand.
Allerdings eine ſonderbare Ankunft des neuen
Kindes.
Peter.
Kurz: Wir ſahen das Kind wie ein Geſchenk
des Himmels an. Wir nahmen es gerne als ein
ſolches, wenn wir gleich nicht wußten, woher es
gekommen war. Das liebe Ding ſtand ſo freundlich
vor uns da in einem ſilberblauen Kleidchen, aber
ganz durchnäßt, als ob es aus dem Waſſer gekommen
wäre. Um das Hälschen hatte es eine koſtbare Perlen-
ſchnur, die wir noch aufbewahrt haben. Und ſo
pflegten und hegten wir das Mädchen treulich und
gewiſſenhaft bis zu dieſer Stunde — es mag wohl
an die 13 Jahre her ſein, daß es zu uns gekommen.
Huldbrand.
Wohl mögt Jhr das Wunderkind treu und ſorg-
ſam gepflegt haben, denn Undine iſt lieb und gut
und auch verſtändig und ſpricht ſo klug, trotz ſeiner
oft kindlichen Launenhaftigkeit, als ob es in der
fürnehmſten, beſten Schule gelernt hätte. Gerade
deßhalb, gerade wegen der heiligen Einfalt hab ich
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[20/0058] glaubten wir wie ein Echo aus den Wellen des See’s zu vernehmen: „Undine — Undine —‟ Huldbrand. Allerdings eine ſonderbare Ankunft des neuen Kindes. Peter. Kurz: Wir ſahen das Kind wie ein Geſchenk des Himmels an. Wir nahmen es gerne als ein ſolches, wenn wir gleich nicht wußten, woher es gekommen war. Das liebe Ding ſtand ſo freundlich vor uns da in einem ſilberblauen Kleidchen, aber ganz durchnäßt, als ob es aus dem Waſſer gekommen wäre. Um das Hälschen hatte es eine koſtbare Perlen- ſchnur, die wir noch aufbewahrt haben. Und ſo pflegten und hegten wir das Mädchen treulich und gewiſſenhaft bis zu dieſer Stunde — es mag wohl an die 13 Jahre her ſein, daß es zu uns gekommen. Huldbrand. Wohl mögt Jhr das Wunderkind treu und ſorg- ſam gepflegt haben, denn Undine iſt lieb und gut und auch verſtändig und ſpricht ſo klug, trotz ſeiner oft kindlichen Launenhaftigkeit, als ob es in der fürnehmſten, beſten Schule gelernt hätte. Gerade deßhalb, gerade wegen der heiligen Einfalt hab ich

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Zitationshilfe: Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein06_1877/58>, abgerufen am 29.04.2024.