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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

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Der Priester sorgte stets aufs Beste ppo_325.002
Für des verehrten Schutzherrn Ruhm, ppo_325.003
Und reinigt' einst zu seinem Feste ppo_325.004
Mit eigner Hand das Heiligthum. ppo_325.005
Um dieses gute Werk zu krönen, ppo_325.006
Wollt' er ihn selbst -- den Herrn Patron -- verschönen, ppo_325.007
Und säubert' ihn vom Fuße bis zum Schopf; ppo_325.008
Der Besen aber stieß zu hart ihn an den Kopf, ppo_325.009
Und dieser -- der vielleicht schon immer ppo_325.010
Ein wenig schwach gewesen war -- ppo_325.011
Brach knacks vom Hals, und fiel in Trümmer. ppo_325.012
Der Priester raufte wild sein Haar. ppo_325.013
O ich Unglücklichster auf Erden! ppo_325.014
Was fang' ich an? Das Dorf wird rasend werden! ppo_325.015
Jch stehe morgen in Gefahr, ppo_325.016
Daß es in Rotten sich vereinigt, ppo_325.017
Und mich aus Christeneifer steinigt. -- ppo_325.018
So klagend trat er an die Thür, ppo_325.019
Und seufzte Himmel an: Jhr Engel, ppo_325.020
Jhr guten Engel, helfet mir! ppo_325.021
Es kam nicht Einer; -- doch dafür ppo_325.022
Erschien ein alter Galgenschwengel, ppo_325.023
Der weit und breit das Land durchzog, ppo_325.024
Theils betteln ging, und theils betrog. ppo_325.025
Er schlich gebückt an einem Stabe, ppo_325.026
Und bat um eine kleine Gabe. ppo_325.027
Mit Staunen sah der Capellan ppo_325.028
Vom Fuße bis zum Kopf ihn an, ppo_325.029
Und murmelte hinweg gewendet: ppo_325.030
Den haben mir die Engelein gesendet! ppo_325.031
Er gleichet, schwarzbraun wie ein Mohr, ppo_325.032
Dem Heil'gen, der sein Haupt verlor, ppo_325.033
So Zug für Zug, als wärens Zwillingsbrüder. ppo_325.034
Der Kerl ist mir ein wahrer Schatz;
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Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/337>, abgerufen am 15.05.2024.