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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

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Erwiederte der Dieb; du sollst, ich schwör' dir's zu, ppo_352.002
Sowahr ich ehrlich bin! gewiß zum Abendschmause.
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7) von Lessing (+ 1781).

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Der Rabe.

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Der Rabe bemerkte, daß der Adler volle dreißig Tage ppo_352.006
über seinen Eiern brütete. Daher kommt es ohne Zweifel, ppo_352.007
sprach er, daß die Jungen des Adlers so scharfsehend ppo_352.008
und stark werden. Gut, das will ich auch thun! ppo_352.009
Und seitdem brütet der Rabe wirklich ganze dreißig Tage ppo_352.010
über seinen Eiern; aber noch hat er nichts, als elende ppo_352.011
Raben, ausgebrütet.

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8) von Lessing.

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Der Dornstrauch.

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Aber sage mir doch, fragte die Weide den Dornstrauch, ppo_352.015
warum du nach den Kleidern des vorbeigehenden ppo_352.016
Menschen so begierig bist? Was willst du damit? ppo_352.017
was können sie dir helfen?

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Nichts, sagte der Dornstrauch. Jch will sie ihm ppo_352.019
auch nicht nehmen; ich will sie ihm nur zerreißen.

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9) von Pfeffel (+ 1809).

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Der Bandwurm.

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Der Sultan Leu war krank; ihn plagte ppo_352.023
Ein Hunger, der mit steter Wuth ppo_352.024
An seinem Eingeweide nagte. ppo_352.025
Sein Leibarzt rieth ihm kurz und gut ppo_352.026
Zu essen. Der Monarch vollstreckte ppo_352.027
Die Vorschrift so gewissenhaft, ppo_352.028
Daß er das Land mit Knochen deckte, ppo_352.029
Und selbst die hohe Dienerschaft
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Sowahr ich ehrlich bin! gewiß zum Abendschmause.
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7) von Lessing († 1781).

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Der Rabe.

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Der Rabe bemerkte, daß der Adler volle dreißig Tage ppo_352.006
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Der Dornstrauch.

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was können sie dir helfen?

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9) von Pfeffel († 1809).

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Der Bandwurm.

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Der Sultan Leu war krank; ihn plagte ppo_352.023
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[352/0364] ppo_352.001 Erwiederte der Dieb; du sollst, ich schwör' dir's zu, ppo_352.002 Sowahr ich ehrlich bin! gewiß zum Abendschmause. ppo_352.003 7) von Lessing († 1781). ppo_352.004 Der Rabe. ppo_352.005 Der Rabe bemerkte, daß der Adler volle dreißig Tage ppo_352.006 über seinen Eiern brütete. Daher kommt es ohne Zweifel, ppo_352.007 sprach er, daß die Jungen des Adlers so scharfsehend ppo_352.008 und stark werden. Gut, das will ich auch thun! ppo_352.009 Und seitdem brütet der Rabe wirklich ganze dreißig Tage ppo_352.010 über seinen Eiern; aber noch hat er nichts, als elende ppo_352.011 Raben, ausgebrütet. ppo_352.012 8) von Lessing. ppo_352.013 Der Dornstrauch. ppo_352.014 Aber sage mir doch, fragte die Weide den Dornstrauch, ppo_352.015 warum du nach den Kleidern des vorbeigehenden ppo_352.016 Menschen so begierig bist? Was willst du damit? ppo_352.017 was können sie dir helfen? ppo_352.018 Nichts, sagte der Dornstrauch. Jch will sie ihm ppo_352.019 auch nicht nehmen; ich will sie ihm nur zerreißen. ppo_352.020 9) von Pfeffel († 1809). ppo_352.021 Der Bandwurm. ppo_352.022 Der Sultan Leu war krank; ihn plagte ppo_352.023 Ein Hunger, der mit steter Wuth ppo_352.024 An seinem Eingeweide nagte. ppo_352.025 Sein Leibarzt rieth ihm kurz und gut ppo_352.026 Zu essen. Der Monarch vollstreckte ppo_352.027 Die Vorschrift so gewissenhaft, ppo_352.028 Daß er das Land mit Knochen deckte, ppo_352.029 Und selbst die hohe Dienerschaft

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Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/364>, abgerufen am 15.05.2024.