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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

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Die Lilie kommt und reicht die weißen Finger; ppo_440.002
Die Tulpe steht mit dickem Kopfputz da; ppo_440.003
Die Rose tritt bescheiden nah, ppo_440.004
Aurikelchen und alle Blumen, vornehm und geringer.
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Der bunte Teppich ist nun gestickt: ppo_440.006
Die Liebe tritt aus Jasminlauben hervor. ppo_440.007
Da danken die Menschen, da jauchzt der Vögel ganzes Chor; ppo_440.008
Denn alle fühlen sich beglückt.
ppo_440.009
Dann küßt der Frühling die zarten Blumenwangen, ppo_440.010
Und scheidet und sagt: ich muß nun gehn; ppo_440.011
Da sterben sie alle an süßem Verlangen, ppo_440.012
Daß sie mit welken Häuptern stehn.
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Der Frühling spricht: Vollendet ist mein Thun, ppo_440.014
Jch habe schon die Schwalben herbestellt, ppo_440.015
Sie tragen mich in eine andre Welt; ppo_440.016
Jch will in Jndiens duftenden Gefilden ruhn.
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Jch bin zu klein, das Obst zu pflücken, ppo_440.018
Den Stock der schweren Traube zu entkleiden, ppo_440.019
Mit der Sense das goldene Korn zu schneiden; ppo_440.020
Dazu will ich den Herbst euch schicken.
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Jch liebe das Spielen, bin nur ein Kind, ppo_440.022
Und nicht zur ernsten Arbeit gesinnt; ppo_440.023
Doch wenn ihr des Winters überdrüssig seyd, ppo_440.024
Dann komm' ich zurück zu eurer Freud', ppo_440.025
Die Blumen, die Vögel, nehm' ich mit mir, ppo_440.026
Wann ihr erntet und keltert, was sollen sie hier? ppo_440.027
Ade! Ade! ist die Liebe nur da, ppo_440.028
So bleibt euch der Frühling ewiglich nah!
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11) von Schink.

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Tyrannentod.

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Das Angesicht vom Schrecken bleich, ppo_440.032
Von Nacht das Aug' umgeben,
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Die Lilie kommt und reicht die weißen Finger; ppo_440.002
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Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/452>, abgerufen am 28.05.2024.