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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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da einen Rat geben; ich bin Kaufmann. In diesen ländlichen
Dingen weiß ich gar keinen Bescheid."

"Ich meente -- ob Se nich vielleicht -- wegen an
Gelde . . ."

"Aber mein verehrter Freund! Wofür halten Sie mich
denn?"

"Ich dachte ack -- weil Sie mer duch schun eemal, und
Se han mir dunnemals su freindlich gehulfa!"

"Ach Sie meinen damals mit Schönberger! Ja, sehen Sie,
da lag die Sache günstiger. Da war einfach eine todsichere
Hypothek zu besetzen -- aber hier . . . nein, das sind
Sachen, mit denen sich ein reeller Geschäftsmann nicht gern
abgiebt."

Man ging fortan schweigend neben einander her. Der
alte Bauer in stummer Verzweiflung. Er hatte bei all den
Sorgen der letzten Tage im Stillen immer auf Harrassowitz
gehofft. Wenn alle Stränge rissen, wollte er sich an den
wenden, der würde schon einspringen. Nun war es damit
auch nichts!

Schon war man an das Gehöfte herangekommen und ging
an der hinteren Wand der Scheune entlang, da machte der
Händler plötzlich Halt. "Büttner!" sagte er, "ich habe mir
die Sache überlegt: Ihnen muß geholfen werden. Einen
Mann wie Sie, der sich so redlich müht, in der Klemme sitzen
zu lassen, das bringe ein anderer übers Herz, ich nicht! Ich
werde Ihnen das Geld verschaffen, obgleich ich selbst noch
nicht weiß, wo hernehmen. Denn ich habe alles im Geschäfte
festgelegt. Unsereiner kann auch nicht immer so, wie er gern
möchte. Aber geschafft muß es werden. Erst mal Ihre
laufenden Schulden! die müssen Ihnen zunächst vom Halse
geschafft werden. Später wird dann auch für die Hypothek
Rat werden. Sagen Sie mir, wieviel die Läpperschulden
ausmachen."

Dem alten Manne zitterten die Hände vor freudigem
Schreck. Das Glück kam so überraschend, daß es ihm für
Augenblicke das Denkvermögen völlig benahm. Er rechnete,

da einen Rat geben; ich bin Kaufmann. In dieſen ländlichen
Dingen weiß ich gar keinen Beſcheid.“

„Ich meente — ob Se nich vielleicht — wegen an
Gelde . . .“

„Aber mein verehrter Freund! Wofür halten Sie mich
denn?“

„Ich dachte ack — weil Sie mer duch ſchun eemal, und
Se han mir dunnemals ſu freindlich gehulfa!“

„Ach Sie meinen damals mit Schönberger! Ja, ſehen Sie,
da lag die Sache günſtiger. Da war einfach eine todſichere
Hypothek zu beſetzen — aber hier . . . nein, das ſind
Sachen, mit denen ſich ein reeller Geſchäftsmann nicht gern
abgiebt.“

Man ging fortan ſchweigend neben einander her. Der
alte Bauer in ſtummer Verzweiflung. Er hatte bei all den
Sorgen der letzten Tage im Stillen immer auf Harraſſowitz
gehofft. Wenn alle Stränge riſſen, wollte er ſich an den
wenden, der würde ſchon einſpringen. Nun war es damit
auch nichts!

Schon war man an das Gehöfte herangekommen und ging
an der hinteren Wand der Scheune entlang, da machte der
Händler plötzlich Halt. „Büttner!“ ſagte er, „ich habe mir
die Sache überlegt: Ihnen muß geholfen werden. Einen
Mann wie Sie, der ſich ſo redlich müht, in der Klemme ſitzen
zu laſſen, das bringe ein anderer übers Herz, ich nicht! Ich
werde Ihnen das Geld verſchaffen, obgleich ich ſelbſt noch
nicht weiß, wo hernehmen. Denn ich habe alles im Geſchäfte
feſtgelegt. Unſereiner kann auch nicht immer ſo, wie er gern
möchte. Aber geſchafft muß es werden. Erſt mal Ihre
laufenden Schulden! die müſſen Ihnen zunächſt vom Halſe
geſchafft werden. Später wird dann auch für die Hypothek
Rat werden. Sagen Sie mir, wieviel die Läpperſchulden
ausmachen.“

Dem alten Manne zitterten die Hände vor freudigem
Schreck. Das Glück kam ſo überraſchend, daß es ihm für
Augenblicke das Denkvermögen völlig benahm. Er rechnete,

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[92/0106] da einen Rat geben; ich bin Kaufmann. In dieſen ländlichen Dingen weiß ich gar keinen Beſcheid.“ „Ich meente — ob Se nich vielleicht — wegen an Gelde . . .“ „Aber mein verehrter Freund! Wofür halten Sie mich denn?“ „Ich dachte ack — weil Sie mer duch ſchun eemal, und Se han mir dunnemals ſu freindlich gehulfa!“ „Ach Sie meinen damals mit Schönberger! Ja, ſehen Sie, da lag die Sache günſtiger. Da war einfach eine todſichere Hypothek zu beſetzen — aber hier . . . nein, das ſind Sachen, mit denen ſich ein reeller Geſchäftsmann nicht gern abgiebt.“ Man ging fortan ſchweigend neben einander her. Der alte Bauer in ſtummer Verzweiflung. Er hatte bei all den Sorgen der letzten Tage im Stillen immer auf Harraſſowitz gehofft. Wenn alle Stränge riſſen, wollte er ſich an den wenden, der würde ſchon einſpringen. Nun war es damit auch nichts! Schon war man an das Gehöfte herangekommen und ging an der hinteren Wand der Scheune entlang, da machte der Händler plötzlich Halt. „Büttner!“ ſagte er, „ich habe mir die Sache überlegt: Ihnen muß geholfen werden. Einen Mann wie Sie, der ſich ſo redlich müht, in der Klemme ſitzen zu laſſen, das bringe ein anderer übers Herz, ich nicht! Ich werde Ihnen das Geld verſchaffen, obgleich ich ſelbſt noch nicht weiß, wo hernehmen. Denn ich habe alles im Geſchäfte feſtgelegt. Unſereiner kann auch nicht immer ſo, wie er gern möchte. Aber geſchafft muß es werden. Erſt mal Ihre laufenden Schulden! die müſſen Ihnen zunächſt vom Halſe geſchafft werden. Später wird dann auch für die Hypothek Rat werden. Sagen Sie mir, wieviel die Läpperſchulden ausmachen.“ Dem alten Manne zitterten die Hände vor freudigem Schreck. Das Glück kam ſo überraſchend, daß es ihm für Augenblicke das Denkvermögen völlig benahm. Er rechnete,

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/106>, abgerufen am 05.05.2024.