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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] leichtes Gewächs oder excrescentz, und
zähe wie Leder, siehet wie ein kleines
Ohr, deshalben es auch also benamset
worden, hat eine veränderliche Farbe,
nämlich roth, wie Sammt, und schwärtz-
licht, und wird an den alten Hollunder-
stämmen, ehe sie beginnen Blätter zu
kriegen, gefunden. Weil aber weni-
gen bekannt ist, was es eigentlich sey, des-
halben habe ich für dienlich gehalten, fol-
gendes aus dem Lateinischen übersetzt,
hier anzuführen.

Auriculae Judae, Judasöhrlein, sind
ein schwammichtes häutichtes Gewächs,
leichte, und zähe, als wie Leder: sind
untenher aschgrau, oben schwärtzlicht,
haben einen wäßrichten Geschmack und
keinen Geruch. Auricula wird es genen-
net, weil es wie ein Ohr gestaltet ist.
Es wächst an den uralten Hollunder-
sträuchen, bevor sie Blätter bekommen.
Der Geschmack bemercket eine kühlende
und anziehende Kraft. Die Wundärtzte
brauchen es bey Entzündung des Halses
und Zäpfleins, denn es wird zu aller-
hand Entzündungen trefflich dienlich be-
funden. Jnnerlich wird es selten ge-
braucht, wiewohl ihrer etliche dafür hal-
ten, daß es eine blutstillende und das
Geblüte dickmachende Kraft habe. Zu
Rouan kochen sie es in Wasser und Es-
sig, und brauchen es zum Ausgurgeln
der bösen Hälse.

Uber alle diese Gewächse und Excres-
centi
en lassen wir auch eine gewisse graue
Erde, in Gestalt kleiner Schuppen, von
S. Flour in Auvergne bringen, und
Perelle.nennen sie la Perelle, welche die Leute in
Auvergne von den Felsen abscharren.
Diese Erde wird gleichsam von dem
Winde erziehlet, und hervorgebracht,
denn er dieselbe auf die Klippen führet,
allda sie von dem Regen befeuchtet, und
von der Sonne calciniret wird. Es
versehen sich aber diese Bergleute mit
eisernen Jnstrumenten, damit sie die
Erde abkratzen können, und einem leder-
nen Schurtz, an dessen zweyen Ecken
Pech ist, damit es an den Felsen möge
veste gemachet werden, wenn sie die Er-
de abkratzen wollen.

Man soll die Perelle erwehlen, wel-
che, als wie feine schöne Schuppen sie-
[Spaltenumbruch] het, dabey, soviel nur möglich, grau und
trucken, weder grumplicht, noch sonst
voll Unrath ist. Sie wird zur Berei-
tung der Orseille gebraucht, allermassen
im Cap. vom Tornesol ist angemercket
worden. Sobald diese Erde abgekratzet
ist, sobald wächst wiederum andere, die
nicht dicker ist, denn ein Ortsthaler oder
Achtgroschenstück.

Wir verkauffen auch ein gewisses
Kraut, welches wir Presle, die BotaniciPresle.
aber Queue de Cheval, Equisetum, nen-
nen, zu teutsch heißt es Katzenzagel,
Schachtelhalm
; dessen bedienen sich
die Helffenbeindreher, auch andere, die
in Holtz arbeiten, und poliren ihre Ar-
beit damit, wenn sie zuvor die Haut des
Seehundes dazu gebrauchet. Wobey
zu mercken, daß la Perelle und Presle
nicht ein Ding sey, indem dieses ein
Kraut, jenes aber eine Erde ist.

Wir könten auch noch viel mehr an-
dere Früchte verkauffen, wenn dieselben
nur bey uns gemeine wären; als da
sind, die Betelfrucht, Bananas, Fau-
fel oder Areca, Fagora, die Frucht An-
da, beym Piso/ Boulduc, beschrie-
ben, und andere mehr. Es giebt ihrer
aber auch, die wir nicht einmahl zu ver-
kauffen begehren, weil sie gar zu gemei-
ne sind, z. E. Birnen, Aepfel, und der-
gleichen Früchte, welche für die Obstkrä-
mer, und nicht für die Spezereyhändler
gehören, denn für diese sind sie zu gerin-
ge, eben sowohl als alle andere Eßwaa-
ren, welche eintzeln und nach dem klei-
nen Gewichte, wie auch nach dem Maa-
se verkauffet werden; und wäre gewiß-
lich eine Schande, wenn Kauffleute sol-
che schlechte Sachen verkauffen wolten,
hingegen aber ihre Gewölber von köstli-
chen Waaren entblöseten, ob sie gleich
an diesen mehr gewinnen könten, als an
jenen geringschätzigen Dingen, die über-
diß nicht einmahl für sie gehören. Die-
ses aber kommt blos daher, daß die al-
lermeisten aufgenommen werden, ob sie
schon, wie bereits erwähnet, weder Ver-
stand, noch Geschicke dazu haben; fin-
den sich demnach genöthiget, nur solche
Sachen, die sie kennen, zu verkauffen.
Welches dann den Ausländern Gele-
genheit und Anlaß giebet, die Parisi-
schen Kauffleute gantz geringe zu achten,

und

Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] leichtes Gewaͤchs oder excreſcentz, und
zaͤhe wie Leder, ſiehet wie ein kleines
Ohr, deshalben es auch alſo benamſet
worden, hat eine veraͤnderliche Farbe,
naͤmlich roth, wie Sammt, und ſchwaͤrtz-
licht, und wird an den alten Hollunder-
ſtaͤmmen, ehe ſie beginnen Blaͤtter zu
kriegen, gefunden. Weil aber weni-
gen bekannt iſt, was es eigentlich ſey, des-
halben habe ich fuͤr dienlich gehalten, fol-
gendes aus dem Lateiniſchen uͤberſetzt,
hier anzufuͤhren.

Auriculæ Judæ, Judasoͤhrlein, ſind
ein ſchwammichtes haͤutichtes Gewaͤchs,
leichte, und zaͤhe, als wie Leder: ſind
untenher aſchgrau, oben ſchwaͤrtzlicht,
haben einen waͤßrichten Geſchmack und
keinen Geruch. Auricula wird es genen-
net, weil es wie ein Ohr geſtaltet iſt.
Es waͤchſt an den uralten Hollunder-
ſtraͤuchen, bevor ſie Blaͤtter bekommen.
Der Geſchmack bemercket eine kuͤhlende
und anziehende Kraft. Die Wundaͤrtzte
brauchen es bey Entzuͤndung des Halſes
und Zaͤpfleins, denn es wird zu aller-
hand Entzuͤndungen trefflich dienlich be-
funden. Jnnerlich wird es ſelten ge-
braucht, wiewohl ihrer etliche dafuͤr hal-
ten, daß es eine blutſtillende und das
Gebluͤte dickmachende Kraft habe. Zu
Rouan kochen ſie es in Waſſer und Eſ-
ſig, und brauchen es zum Ausgurgeln
der boͤſen Haͤlſe.

Uber alle dieſe Gewaͤchſe und Excreſ-
centi
en laſſen wir auch eine gewiſſe graue
Erde, in Geſtalt kleiner Schuppen, von
S. Flour in Auvergne bringen, und
Perelle.nennen ſie la Perelle, welche die Leute in
Auvergne von den Felſen abſcharren.
Dieſe Erde wird gleichſam von dem
Winde erziehlet, und hervorgebracht,
denn er dieſelbe auf die Klippen fuͤhret,
allda ſie von dem Regen befeuchtet, und
von der Sonne calciniret wird. Es
verſehen ſich aber dieſe Bergleute mit
eiſernen Jnſtrumenten, damit ſie die
Erde abkratzen koͤnnen, und einem leder-
nen Schurtz, an deſſen zweyen Ecken
Pech iſt, damit es an den Felſen moͤge
veſte gemachet werden, wenn ſie die Er-
de abkratzen wollen.

Man ſoll die Perelle erwehlen, wel-
che, als wie feine ſchoͤne Schuppen ſie-
[Spaltenumbruch] het, dabey, ſoviel nur moͤglich, grau und
trucken, weder grumplicht, noch ſonſt
voll Unrath iſt. Sie wird zur Berei-
tung der Orſeille gebraucht, allermaſſen
im Cap. vom Torneſol iſt angemercket
worden. Sobald dieſe Erde abgekratzet
iſt, ſobald waͤchſt wiederum andere, die
nicht dicker iſt, denn ein Ortsthaler oder
Achtgroſchenſtuͤck.

Wir verkauffen auch ein gewiſſes
Kraut, welches wir Presle, die BotaniciPresle.
aber Queue de Cheval, Equiſetum, nen-
nen, zu teutſch heißt es Katzenzagel,
Schachtelhalm
; deſſen bedienen ſich
die Helffenbeindreher, auch andere, die
in Holtz arbeiten, und poliren ihre Ar-
beit damit, wenn ſie zuvor die Haut des
Seehundes dazu gebrauchet. Wobey
zu mercken, daß la Perelle und Presle
nicht ein Ding ſey, indem dieſes ein
Kraut, jenes aber eine Erde iſt.

Wir koͤnten auch noch viel mehr an-
dere Fruͤchte verkauffen, wenn dieſelben
nur bey uns gemeine waͤren; als da
ſind, die Betelfrucht, Bananas, Fau-
fel oder Areca, Fagora, die Frucht An-
da, beym Piſo/ Boulduc, beſchrie-
ben, und andere mehr. Es giebt ihrer
aber auch, die wir nicht einmahl zu ver-
kauffen begehren, weil ſie gar zu gemei-
ne ſind, z. E. Birnen, Aepfel, und der-
gleichen Fruͤchte, welche fuͤr die Obſtkraͤ-
mer, und nicht fuͤr die Spezereyhaͤndler
gehoͤren, denn fuͤr dieſe ſind ſie zu gerin-
ge, eben ſowohl als alle andere Eßwaa-
ren, welche eintzeln und nach dem klei-
nen Gewichte, wie auch nach dem Maa-
ſe verkauffet werden; und waͤre gewiß-
lich eine Schande, wenn Kauffleute ſol-
che ſchlechte Sachen verkauffen wolten,
hingegen aber ihre Gewoͤlber von koͤſtli-
chen Waaren entbloͤſeten, ob ſie gleich
an dieſen mehr gewinnen koͤnten, als an
jenen geringſchaͤtzigen Dingen, die uͤber-
diß nicht einmahl fuͤr ſie gehoͤren. Die-
ſes aber kommt blos daher, daß die al-
lermeiſten aufgenommen werden, ob ſie
ſchon, wie bereits erwaͤhnet, weder Ver-
ſtand, noch Geſchicke dazu haben; fin-
den ſich demnach genoͤthiget, nur ſolche
Sachen, die ſie kennen, zu verkauffen.
Welches dann den Auslaͤndern Gele-
genheit und Anlaß giebet, die Pariſi-
ſchen Kauffleute gantz geringe zu achten,

und
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[0282] Der Spezereyen und Materialien leichtes Gewaͤchs oder excreſcentz, und zaͤhe wie Leder, ſiehet wie ein kleines Ohr, deshalben es auch alſo benamſet worden, hat eine veraͤnderliche Farbe, naͤmlich roth, wie Sammt, und ſchwaͤrtz- licht, und wird an den alten Hollunder- ſtaͤmmen, ehe ſie beginnen Blaͤtter zu kriegen, gefunden. Weil aber weni- gen bekannt iſt, was es eigentlich ſey, des- halben habe ich fuͤr dienlich gehalten, fol- gendes aus dem Lateiniſchen uͤberſetzt, hier anzufuͤhren. Auriculæ Judæ, Judasoͤhrlein, ſind ein ſchwammichtes haͤutichtes Gewaͤchs, leichte, und zaͤhe, als wie Leder: ſind untenher aſchgrau, oben ſchwaͤrtzlicht, haben einen waͤßrichten Geſchmack und keinen Geruch. Auricula wird es genen- net, weil es wie ein Ohr geſtaltet iſt. Es waͤchſt an den uralten Hollunder- ſtraͤuchen, bevor ſie Blaͤtter bekommen. Der Geſchmack bemercket eine kuͤhlende und anziehende Kraft. Die Wundaͤrtzte brauchen es bey Entzuͤndung des Halſes und Zaͤpfleins, denn es wird zu aller- hand Entzuͤndungen trefflich dienlich be- funden. Jnnerlich wird es ſelten ge- braucht, wiewohl ihrer etliche dafuͤr hal- ten, daß es eine blutſtillende und das Gebluͤte dickmachende Kraft habe. Zu Rouan kochen ſie es in Waſſer und Eſ- ſig, und brauchen es zum Ausgurgeln der boͤſen Haͤlſe. Uber alle dieſe Gewaͤchſe und Excreſ- centien laſſen wir auch eine gewiſſe graue Erde, in Geſtalt kleiner Schuppen, von S. Flour in Auvergne bringen, und nennen ſie la Perelle, welche die Leute in Auvergne von den Felſen abſcharren. Dieſe Erde wird gleichſam von dem Winde erziehlet, und hervorgebracht, denn er dieſelbe auf die Klippen fuͤhret, allda ſie von dem Regen befeuchtet, und von der Sonne calciniret wird. Es verſehen ſich aber dieſe Bergleute mit eiſernen Jnſtrumenten, damit ſie die Erde abkratzen koͤnnen, und einem leder- nen Schurtz, an deſſen zweyen Ecken Pech iſt, damit es an den Felſen moͤge veſte gemachet werden, wenn ſie die Er- de abkratzen wollen. Perelle. Man ſoll die Perelle erwehlen, wel- che, als wie feine ſchoͤne Schuppen ſie- het, dabey, ſoviel nur moͤglich, grau und trucken, weder grumplicht, noch ſonſt voll Unrath iſt. Sie wird zur Berei- tung der Orſeille gebraucht, allermaſſen im Cap. vom Torneſol iſt angemercket worden. Sobald dieſe Erde abgekratzet iſt, ſobald waͤchſt wiederum andere, die nicht dicker iſt, denn ein Ortsthaler oder Achtgroſchenſtuͤck. Wir verkauffen auch ein gewiſſes Kraut, welches wir Presle, die Botanici aber Queue de Cheval, Equiſetum, nen- nen, zu teutſch heißt es Katzenzagel, Schachtelhalm; deſſen bedienen ſich die Helffenbeindreher, auch andere, die in Holtz arbeiten, und poliren ihre Ar- beit damit, wenn ſie zuvor die Haut des Seehundes dazu gebrauchet. Wobey zu mercken, daß la Perelle und Presle nicht ein Ding ſey, indem dieſes ein Kraut, jenes aber eine Erde iſt. Presle. Wir koͤnten auch noch viel mehr an- dere Fruͤchte verkauffen, wenn dieſelben nur bey uns gemeine waͤren; als da ſind, die Betelfrucht, Bananas, Fau- fel oder Areca, Fagora, die Frucht An- da, beym Piſo/ Boulduc, beſchrie- ben, und andere mehr. Es giebt ihrer aber auch, die wir nicht einmahl zu ver- kauffen begehren, weil ſie gar zu gemei- ne ſind, z. E. Birnen, Aepfel, und der- gleichen Fruͤchte, welche fuͤr die Obſtkraͤ- mer, und nicht fuͤr die Spezereyhaͤndler gehoͤren, denn fuͤr dieſe ſind ſie zu gerin- ge, eben ſowohl als alle andere Eßwaa- ren, welche eintzeln und nach dem klei- nen Gewichte, wie auch nach dem Maa- ſe verkauffet werden; und waͤre gewiß- lich eine Schande, wenn Kauffleute ſol- che ſchlechte Sachen verkauffen wolten, hingegen aber ihre Gewoͤlber von koͤſtli- chen Waaren entbloͤſeten, ob ſie gleich an dieſen mehr gewinnen koͤnten, als an jenen geringſchaͤtzigen Dingen, die uͤber- diß nicht einmahl fuͤr ſie gehoͤren. Die- ſes aber kommt blos daher, daß die al- lermeiſten aufgenommen werden, ob ſie ſchon, wie bereits erwaͤhnet, weder Ver- ſtand, noch Geſchicke dazu haben; fin- den ſich demnach genoͤthiget, nur ſolche Sachen, die ſie kennen, zu verkauffen. Welches dann den Auslaͤndern Gele- genheit und Anlaß giebet, die Pariſi- ſchen Kauffleute gantz geringe zu achten, und

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/282>, abgerufen am 26.04.2024.