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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch]
Angelica/
Baidrian/
Contrayerva- und
Meisterwurtz, von ieder 2. Untzen.
truckne und uneingemachte Citronen-
und
Pomerantzenschalen/
feinen Zimmt, und
Wachholderbeeren/ von ieden 1. Untz.
Scordien mit der Blüte,
Raute und
Johanniskraut, iedwedes 1. Hand-
voll.
Weinspiritus,
Nußwasser/ und
Cardebenedictenwasser/ iedes
2. Pfund.
recht guten Theriac/ 2 Untzen.

Alle diese Sachen müssen auf die Art
zugerichtet werden, wie der Herr Char-
ras
selbsten lehret, und sodann aus ei-
nem Kolben das Wasser abgezogen
werden, welches viel stärcker riecht und
weit kräftiger ist, sich auch viel besser
aufbehalten läßt, denn das vorherge-
hende.

Man kan sich desselben gantz füglich
wider allen Gift bedienen. Die dosis
ist von einem Quintlein bis auf ein hal-
bes Loth, in einem dienlichen liquore.
Man giebt es auch bisweilen alleine,
iedoch in weit geringerer dosi.

Der Herr Charras meldet gleich-
falls, daß es Leute gebe, welche ein the-
riacalisches Wasser von Theriac ma-
chen, den sie in gleichen Theilen Wein-
geist und distillirtem Weineßig aufgelö-
set und zergehen lassen.

So könte man auch zu frieden seyn,
wenn man augenblicklich ein gutes the-
riacalisches Wasser haben müste, und den
Theriac nur in Weinspiritus zergehen
lassen, bevoraus zum äusserlichen Ge-
brauch; oder aber in recht starcken
Weineßig, wenn man einen Gifteßig
haben wolte, der zum riechen und wie-
der die böse Luft dienen könte, damit
man auch die Pulse und die Hände, die
Schläffe und die Nasenlöcher bestrei-
chen könte.

Zu anfangs, als der Orvietan in
Franckreich bekannt wurde, liessen
wir ihn von Rom und von andern Or-
ten in Jtalien bringen, z. E. von Or-
[Spaltenumbruch] vieta,
daher er auch seinen Namen be-
kommen; allein, seit dem der Herr
Contugi nach Paris gekommen, und
unter dem Fürwand einer königlichen
Vergönstigung, sich alleine zum Herrn
darüber machen wollen, so haben die
Droguisten denselben Handel fähren
lassen, entweder aus allzugrosser
Furcht, oder auch, weil der Vertreib
nicht eben gar zu starck war. Hernach-
mahls aber erfuhren sie, daß Seine
Majestät, als sie dem Contugi das
Privilegium und Freyheit, den Orvie-
tan in Paris zu vertreiben und zu ver-
kauffen, ertheilet, nicht gesonnen gewe-
sen, denen Spezereyhändlern zu ver-
wehren, daß sie ihn auch anderswoher
kommen liessen, noch den Apotheckern,
denselben zu bereiten, damit Franck-
reich
eines so bewährten und höchst
nützlichen Artzneymittels nicht berau-
bet würde; zumahl mehr denn zu ge-
wiß wäre, daß ohnerachtet aller Vor-
sichtigkeit, die Contugi zur Bereitung
dieses Gegengiftes angewendet, er den-
noch denselben nicht so, wie in Jtalien,
zurichten können, dieweil die in grosser
Anzahl dazu gehörigen Stücke in
Franckreich die Kräfte nicht haben, als
wie in Jtalien/ welches ein warmes
Land, in dem die Kräuter und Wur-
tzeln viel grössere Kraft haben. Als end-
lich Contugi samt seiner Frauen ver-
storben, war ich zwar willens, die wahr-
hafte Beschreibung desselben an den
Tag zu legen, samt vielen andern Re-
cepten mehr, die ich hier und da, wo ich
gewesen, zusammengetragen. Allein,
der Diebstahl, dadurch mir ein gutes
Theil meiner geschriebenen Nachrich-
ten entwendet worden, deswegen auch
der Proceß annoch für Gerichte schwe-
bet, hat solches mein Vorhaben zurü-
cke gesetzt, mich aber in unmäßige Un-
kosten gebracht, die ich auf den Druck
dieses Buches verwenden müssen, nach-
dem ich bereits gantzer 16. bis 18. Jahr
es mich nichts geringes kosten lassen, da-
mit ich eine gantz besondere Känntnüß
und Wissenschaft der seltsamsten Ma-
terialien erlangen, und alle nur mögli-
che Erfahrung in diesem Stücke erhal-
ten möchte, die sowohl zu meiner Pro-
feßion, als auch zu Verfertigung dieses
Wercks, mir dienen könte.

Orvie-
N n 3
Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch]
Angelica/
Baidrian/
Contrayerva- und
Meiſterwurtz, von ieder 2. Untzen.
truckne und uneingemachte Citronen-
und
Pomerantzenſchalen/
feinen Zimmt, und
Wachholderbeeren/ von ieden 1. Untz.
Scordien mit der Bluͤte,
Raute und
Johanniskraut, iedwedes 1. Hand-
voll.
Weinſpiritus,
Nußwaſſer/ und
Cardebenedictenwaſſer/ iedes
2. Pfund.
recht guten Theriac/ 2 Untzen.

Alle dieſe Sachen muͤſſen auf die Art
zugerichtet werden, wie der Herꝛ Char-
ras
ſelbſten lehret, und ſodann aus ei-
nem Kolben das Waſſer abgezogen
werden, welches viel ſtaͤrcker riecht und
weit kraͤftiger iſt, ſich auch viel beſſer
aufbehalten laͤßt, denn das vorherge-
hende.

Man kan ſich deſſelben gantz fuͤglich
wider allen Gift bedienen. Die doſis
iſt von einem Quintlein bis auf ein hal-
bes Loth, in einem dienlichen liquore.
Man giebt es auch bisweilen alleine,
iedoch in weit geringerer doſi.

Der Herr Charras meldet gleich-
falls, daß es Leute gebe, welche ein the-
riacaliſches Waſſer von Theriac ma-
chen, den ſie in gleichen Theilen Wein-
geiſt und diſtillirtem Weineßig aufgeloͤ-
ſet und zergehen laſſen.

So koͤnte man auch zu frieden ſeyn,
wenn man augenblicklich ein gutes the-
riacaliſches Waſſer haben muͤſte, uñ den
Theriac nur in Weinſpiritus zergehen
laſſen, bevoraus zum aͤuſſerlichen Ge-
brauch; oder aber in recht ſtarcken
Weineßig, wenn man einen Gifteßig
haben wolte, der zum riechen und wie-
der die boͤſe Luft dienen koͤnte, damit
man auch die Pulſe und die Haͤnde, die
Schlaͤffe und die Naſenloͤcher beſtrei-
chen koͤnte.

Zu anfangs, als der Orvietan in
Franckreich bekannt wurde, lieſſen
wir ihn von Rom und von andern Or-
ten in Jtalien bringen, z. E. von Or-
[Spaltenumbruch] vieta,
daher er auch ſeinen Namen be-
kommen; allein, ſeit dem der Herr
Contugi nach Paris gekommen, und
unter dem Fuͤrwand einer koͤniglichen
Vergoͤnſtigung, ſich alleine zum Herrn
daruͤber machen wollen, ſo haben die
Droguiſten denſelben Handel faͤhren
laſſen, entweder aus allzugroſſer
Furcht, oder auch, weil der Vertreib
nicht eben gar zu ſtarck war. Hernach-
mahls aber erfuhren ſie, daß Seine
Majeſtaͤt, als ſie dem Contugi das
Privilegium und Freyheit, den Orvie-
tan in Paris zu vertreiben und zu ver-
kauffen, ertheilet, nicht geſonnen gewe-
ſen, denen Spezereyhaͤndlern zu ver-
wehren, daß ſie ihn auch anderswoher
kommen lieſſen, noch den Apotheckern,
denſelben zu bereiten, damit Franck-
reich
eines ſo bewaͤhrten und hoͤchſt
nuͤtzlichen Artzneymittels nicht berau-
bet wuͤrde; zumahl mehr denn zu ge-
wiß waͤre, daß ohnerachtet aller Vor-
ſichtigkeit, die Contugi zur Bereitung
dieſes Gegengiftes angewendet, er den-
noch denſelben nicht ſo, wie in Jtalien,
zurichten koͤnnen, dieweil die in groſſer
Anzahl dazu gehoͤrigen Stuͤcke in
Franckreich die Kraͤfte nicht haben, als
wie in Jtalien/ welches ein warmes
Land, in dem die Kraͤuter und Wur-
tzeln viel groͤſſere Kraft haben. Als end-
lich Contugi ſamt ſeiner Frauen ver-
ſtorben, war ich zwar willens, die wahr-
hafte Beſchreibung deſſelben an den
Tag zu legen, ſamt vielen andern Re-
cepten mehr, die ich hier und da, wo ich
geweſen, zuſammengetragen. Allein,
der Diebſtahl, dadurch mir ein gutes
Theil meiner geſchriebenen Nachrich-
ten entwendet worden, deswegen auch
der Proceß annoch fuͤr Gerichte ſchwe-
bet, hat ſolches mein Vorhaben zuruͤ-
cke geſetzt, mich aber in unmaͤßige Un-
koſten gebracht, die ich auf den Druck
dieſes Buches verwenden muͤſſen, nach-
dem ich bereits gantzer 16. bis 18. Jahr
es mich nichts geringes koſten laſſen, da-
mit ich eine gantz beſondere Kaͤnntnuͤß
und Wiſſenſchaft der ſeltſamſten Ma-
terialien erlangen, und alle nur moͤgli-
che Erfahrung in dieſem Stuͤcke erhal-
ten moͤchte, die ſowohl zu meiner Pro-
feßion, als auch zu Verfertigung dieſes
Wercks, mir dienen koͤnte.

Orvie-
N n 3
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[0423] Hauptbeſchreibung zweyter Theil. Angelica/ Baidrian/ Contrayerva- und Meiſterwurtz, von ieder 2. Untzen. truckne und uneingemachte Citronen- und Pomerantzenſchalen/ feinen Zimmt, und Wachholderbeeren/ von ieden 1. Untz. Scordien mit der Bluͤte, Raute und Johanniskraut, iedwedes 1. Hand- voll. Weinſpiritus, Nußwaſſer/ und Cardebenedictenwaſſer/ iedes 2. Pfund. recht guten Theriac/ 2 Untzen. Alle dieſe Sachen muͤſſen auf die Art zugerichtet werden, wie der Herꝛ Char- ras ſelbſten lehret, und ſodann aus ei- nem Kolben das Waſſer abgezogen werden, welches viel ſtaͤrcker riecht und weit kraͤftiger iſt, ſich auch viel beſſer aufbehalten laͤßt, denn das vorherge- hende. Man kan ſich deſſelben gantz fuͤglich wider allen Gift bedienen. Die doſis iſt von einem Quintlein bis auf ein hal- bes Loth, in einem dienlichen liquore. Man giebt es auch bisweilen alleine, iedoch in weit geringerer doſi. Der Herr Charras meldet gleich- falls, daß es Leute gebe, welche ein the- riacaliſches Waſſer von Theriac ma- chen, den ſie in gleichen Theilen Wein- geiſt und diſtillirtem Weineßig aufgeloͤ- ſet und zergehen laſſen. So koͤnte man auch zu frieden ſeyn, wenn man augenblicklich ein gutes the- riacaliſches Waſſer haben muͤſte, uñ den Theriac nur in Weinſpiritus zergehen laſſen, bevoraus zum aͤuſſerlichen Ge- brauch; oder aber in recht ſtarcken Weineßig, wenn man einen Gifteßig haben wolte, der zum riechen und wie- der die boͤſe Luft dienen koͤnte, damit man auch die Pulſe und die Haͤnde, die Schlaͤffe und die Naſenloͤcher beſtrei- chen koͤnte. Zu anfangs, als der Orvietan in Franckreich bekannt wurde, lieſſen wir ihn von Rom und von andern Or- ten in Jtalien bringen, z. E. von Or- vieta, daher er auch ſeinen Namen be- kommen; allein, ſeit dem der Herr Contugi nach Paris gekommen, und unter dem Fuͤrwand einer koͤniglichen Vergoͤnſtigung, ſich alleine zum Herrn daruͤber machen wollen, ſo haben die Droguiſten denſelben Handel faͤhren laſſen, entweder aus allzugroſſer Furcht, oder auch, weil der Vertreib nicht eben gar zu ſtarck war. Hernach- mahls aber erfuhren ſie, daß Seine Majeſtaͤt, als ſie dem Contugi das Privilegium und Freyheit, den Orvie- tan in Paris zu vertreiben und zu ver- kauffen, ertheilet, nicht geſonnen gewe- ſen, denen Spezereyhaͤndlern zu ver- wehren, daß ſie ihn auch anderswoher kommen lieſſen, noch den Apotheckern, denſelben zu bereiten, damit Franck- reich eines ſo bewaͤhrten und hoͤchſt nuͤtzlichen Artzneymittels nicht berau- bet wuͤrde; zumahl mehr denn zu ge- wiß waͤre, daß ohnerachtet aller Vor- ſichtigkeit, die Contugi zur Bereitung dieſes Gegengiftes angewendet, er den- noch denſelben nicht ſo, wie in Jtalien, zurichten koͤnnen, dieweil die in groſſer Anzahl dazu gehoͤrigen Stuͤcke in Franckreich die Kraͤfte nicht haben, als wie in Jtalien/ welches ein warmes Land, in dem die Kraͤuter und Wur- tzeln viel groͤſſere Kraft haben. Als end- lich Contugi ſamt ſeiner Frauen ver- ſtorben, war ich zwar willens, die wahr- hafte Beſchreibung deſſelben an den Tag zu legen, ſamt vielen andern Re- cepten mehr, die ich hier und da, wo ich geweſen, zuſammengetragen. Allein, der Diebſtahl, dadurch mir ein gutes Theil meiner geſchriebenen Nachrich- ten entwendet worden, deswegen auch der Proceß annoch fuͤr Gerichte ſchwe- bet, hat ſolches mein Vorhaben zuruͤ- cke geſetzt, mich aber in unmaͤßige Un- koſten gebracht, die ich auf den Druck dieſes Buches verwenden muͤſſen, nach- dem ich bereits gantzer 16. bis 18. Jahr es mich nichts geringes koſten laſſen, da- mit ich eine gantz beſondere Kaͤnntnuͤß und Wiſſenſchaft der ſeltſamſten Ma- terialien erlangen, und alle nur moͤgli- che Erfahrung in dieſem Stuͤcke erhal- ten moͤchte, die ſowohl zu meiner Pro- feßion, als auch zu Verfertigung dieſes Wercks, mir dienen koͤnte. Orvie- N n 3

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/423>, abgerufen am 26.04.2024.