Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

chen, und ihm vorschlug, er sollte den Ismael
anstatt des Isaaks opfern. Man begiebt sich
nachher wieder nach Minet, und verehrt daselbst
eine Vertiefung in einem Felsen, die durch des
Mohammeds Kopf entstanden ist, der, bey ei-
nem gethanen Fehltritt, wider den Felsen stieß,
dieser aber so gleich sich erweichte, daß der Pro-
phet nicht beschädigt wurde. Es ist dieses die
letzte Handlung der Pilgrimme, nach welcher sie
von dem Iman den Seegen erhalten, sich auf-
machen und den Weg nach Medina antreten.

Diejenigen Pilgrimme, die von Mecca nach
Jerusalem gehen, und den Tempel Salo-
mons
besuchen, stehen wegen dieser doppelten
Reise in großen Ansehen. Man setzt alles mög-
liche Vertrauen in sie, und wenn sie vor Gerich-
te erscheinen, können sie sicher falsche Zeugniße
ablegen, ohne daß sich jemand unterstehen würde,
ihnen zu widersprechen, oder sie zu beschuldigen.

Die Wallfarth nach Medina geschieht nicht
aus Schuldigkeit: sie hat auch nicht so viel
Rechte als die erste, welche von allen loßzählt;
selbst von den Verbrechen, wovon man vor Ge-
richt nicht so davon kommen würde. Indessen
gehen doch alle, so nach Mecca reisen, auch hin
nach Medina.

Diese Stadt liegt in einer Ebene, drey Ta-
gereisen von Yambon, einer kleinen Stadt und
Hafen, am rothen Meere: sie ist weder so groß
noch so reich als Mecca. Sie ist aber besser
gebauet und vielleicht ist auch ihr Handel fast

eben
M 4

chen, und ihm vorſchlug, er ſollte den Iſmael
anſtatt des Iſaaks opfern. Man begiebt ſich
nachher wieder nach Minet, und verehrt daſelbſt
eine Vertiefung in einem Felſen, die durch des
Mohammeds Kopf entſtanden iſt, der, bey ei-
nem gethanen Fehltritt, wider den Felſen ſtieß,
dieſer aber ſo gleich ſich erweichte, daß der Pro-
phet nicht beſchaͤdigt wurde. Es iſt dieſes die
letzte Handlung der Pilgrimme, nach welcher ſie
von dem Iman den Seegen erhalten, ſich auf-
machen und den Weg nach Medina antreten.

Diejenigen Pilgrimme, die von Mecca nach
Jeruſalem gehen, und den Tempel Salo-
mons
beſuchen, ſtehen wegen dieſer doppelten
Reiſe in großen Anſehen. Man ſetzt alles moͤg-
liche Vertrauen in ſie, und wenn ſie vor Gerich-
te erſcheinen, koͤnnen ſie ſicher falſche Zeugniße
ablegen, ohne daß ſich jemand unterſtehen wuͤrde,
ihnen zu widerſprechen, oder ſie zu beſchuldigen.

Die Wallfarth nach Medina geſchieht nicht
aus Schuldigkeit: ſie hat auch nicht ſo viel
Rechte als die erſte, welche von allen loßzaͤhlt;
ſelbſt von den Verbrechen, wovon man vor Ge-
richt nicht ſo davon kommen wuͤrde. Indeſſen
gehen doch alle, ſo nach Mecca reiſen, auch hin
nach Medina.

Dieſe Stadt liegt in einer Ebene, drey Ta-
gereiſen von Yambon, einer kleinen Stadt und
Hafen, am rothen Meere: ſie iſt weder ſo groß
noch ſo reich als Mecca. Sie iſt aber beſſer
gebauet und vielleicht iſt auch ihr Handel faſt

eben
M 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0209" n="183"/>
chen, und ihm vor&#x017F;chlug, er &#x017F;ollte den I&#x017F;mael<lb/>
an&#x017F;tatt des I&#x017F;aaks opfern. Man begiebt &#x017F;ich<lb/>
nachher wieder nach Minet, und verehrt da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
eine Vertiefung in einem Fel&#x017F;en, die durch des<lb/>
Mohammeds Kopf ent&#x017F;tanden i&#x017F;t, der, bey ei-<lb/>
nem gethanen Fehltritt, wider den Fel&#x017F;en &#x017F;tieß,<lb/>
die&#x017F;er aber &#x017F;o gleich &#x017F;ich erweichte, daß der Pro-<lb/>
phet nicht be&#x017F;cha&#x0364;digt wurde. Es i&#x017F;t die&#x017F;es die<lb/>
letzte Handlung der Pilgrimme, nach welcher &#x017F;ie<lb/>
von dem Iman den Seegen erhalten, &#x017F;ich auf-<lb/>
machen und den Weg nach <hi rendition="#fr">Medina</hi> antreten.</p><lb/>
          <p>Diejenigen Pilgrimme, die von Mecca nach<lb/><hi rendition="#fr">Jeru&#x017F;alem</hi> gehen, und den <hi rendition="#fr">Tempel Salo-<lb/>
mons</hi> be&#x017F;uchen, &#x017F;tehen wegen die&#x017F;er doppelten<lb/>
Rei&#x017F;e in großen An&#x017F;ehen. Man &#x017F;etzt alles mo&#x0364;g-<lb/>
liche Vertrauen in &#x017F;ie, und wenn &#x017F;ie vor Gerich-<lb/>
te er&#x017F;cheinen, ko&#x0364;nnen &#x017F;ie &#x017F;icher fal&#x017F;che Zeugniße<lb/>
ablegen, ohne daß &#x017F;ich jemand unter&#x017F;tehen wu&#x0364;rde,<lb/>
ihnen zu wider&#x017F;prechen, oder &#x017F;ie zu be&#x017F;chuldigen.</p><lb/>
          <p>Die Wallfarth nach <hi rendition="#fr">Medina</hi> ge&#x017F;chieht nicht<lb/>
aus Schuldigkeit: &#x017F;ie hat auch nicht &#x017F;o viel<lb/>
Rechte als die er&#x017F;te, welche von allen loßza&#x0364;hlt;<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t von den Verbrechen, wovon man vor Ge-<lb/>
richt nicht &#x017F;o davon kommen wu&#x0364;rde. Inde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
gehen doch alle, &#x017F;o nach Mecca rei&#x017F;en, auch hin<lb/>
nach Medina.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Stadt liegt in einer Ebene, drey Ta-<lb/>
gerei&#x017F;en von Yambon, einer kleinen Stadt und<lb/>
Hafen, am rothen Meere: &#x017F;ie i&#x017F;t weder &#x017F;o groß<lb/>
noch &#x017F;o reich als Mecca. Sie i&#x017F;t aber be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
gebauet und vielleicht i&#x017F;t auch ihr Handel fa&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 4</fw><fw place="bottom" type="catch">eben</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0209] chen, und ihm vorſchlug, er ſollte den Iſmael anſtatt des Iſaaks opfern. Man begiebt ſich nachher wieder nach Minet, und verehrt daſelbſt eine Vertiefung in einem Felſen, die durch des Mohammeds Kopf entſtanden iſt, der, bey ei- nem gethanen Fehltritt, wider den Felſen ſtieß, dieſer aber ſo gleich ſich erweichte, daß der Pro- phet nicht beſchaͤdigt wurde. Es iſt dieſes die letzte Handlung der Pilgrimme, nach welcher ſie von dem Iman den Seegen erhalten, ſich auf- machen und den Weg nach Medina antreten. Diejenigen Pilgrimme, die von Mecca nach Jeruſalem gehen, und den Tempel Salo- mons beſuchen, ſtehen wegen dieſer doppelten Reiſe in großen Anſehen. Man ſetzt alles moͤg- liche Vertrauen in ſie, und wenn ſie vor Gerich- te erſcheinen, koͤnnen ſie ſicher falſche Zeugniße ablegen, ohne daß ſich jemand unterſtehen wuͤrde, ihnen zu widerſprechen, oder ſie zu beſchuldigen. Die Wallfarth nach Medina geſchieht nicht aus Schuldigkeit: ſie hat auch nicht ſo viel Rechte als die erſte, welche von allen loßzaͤhlt; ſelbſt von den Verbrechen, wovon man vor Ge- richt nicht ſo davon kommen wuͤrde. Indeſſen gehen doch alle, ſo nach Mecca reiſen, auch hin nach Medina. Dieſe Stadt liegt in einer Ebene, drey Ta- gereiſen von Yambon, einer kleinen Stadt und Hafen, am rothen Meere: ſie iſt weder ſo groß noch ſo reich als Mecca. Sie iſt aber beſſer gebauet und vielleicht iſt auch ihr Handel faſt eben M 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/209
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/209>, abgerufen am 21.05.2024.