Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920.

Bild:
<< vorherige Seite

ihrem weißen Spitzenkleidchen, die "Kunden" so taubenhaft unschuldig anschaute, waren alle hingerissen, besonders die Schwarzen. Und sie kamen auch immer wieder. Margot hatte eine feste Kundschaft, und das Geschäft ging flott. Sie hatte sich zehn Prozent Reingewinn von Madame erbeten und hatte auch schon ganz hübsche Preise. Sie war einfach süß und so echt weiblich. Sie betrieb das Geschäft vollkommen als amateur, l'art pour l'art, seit ihrer frühesten Jugend. Sie war aus guter Familie, aber früh Waise geworden. Trotzdem hatte sie eine glänzende Erziehung genossen, ihr Lehrerinnenexamen gemacht, und war von ihrem achtzehnten bis sechsundzwanzigsten Jahre bei den vier Kindern eines reichen Landedelmannes im Elsaß als Erzieherin tätig gewesen. Sie ward dort allgemein geliebt, geachtet, verehrt und bewundert und erfreute sich des tadellosesten Rufes. Jeden Sommer hatte sie vier Wochen Ferien, die sie stets in Kolmar bei "alten Freunden" der Familie verlebte (Adresse poste restante). Im ersten Freudenhaus von Kolmar ward

ihrem weißen Spitzenkleidchen, die „Kunden“ so taubenhaft unschuldig anschaute, waren alle hingerissen, besonders die Schwarzen. Und sie kamen auch immer wieder. Margot hatte eine feste Kundschaft, und das Geschäft ging flott. Sie hatte sich zehn Prozent Reingewinn von Madame erbeten und hatte auch schon ganz hübsche Preise. Sie war einfach süß und so echt weiblich. Sie betrieb das Geschäft vollkommen als amateur, l’art pour l’art, seit ihrer frühesten Jugend. Sie war aus guter Familie, aber früh Waise geworden. Trotzdem hatte sie eine glänzende Erziehung genossen, ihr Lehrerinnenexamen gemacht, und war von ihrem achtzehnten bis sechsundzwanzigsten Jahre bei den vier Kindern eines reichen Landedelmannes im Elsaß als Erzieherin tätig gewesen. Sie ward dort allgemein geliebt, geachtet, verehrt und bewundert und erfreute sich des tadellosesten Rufes. Jeden Sommer hatte sie vier Wochen Ferien, die sie stets in Kolmar bei „alten Freunden“ der Familie verlebte (Adresse poste restante). Im ersten Freudenhaus von Kolmar ward

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0078" n="79"/>
ihrem weißen Spitzenkleidchen, die &#x201E;Kunden&#x201C; so taubenhaft unschuldig anschaute, waren alle hingerissen, besonders die Schwarzen. Und sie kamen auch immer wieder. Margot hatte eine feste Kundschaft, und das Geschäft ging flott. Sie hatte sich zehn Prozent Reingewinn von Madame erbeten und hatte auch schon ganz hübsche Preise. Sie war einfach süß und so echt weiblich. Sie betrieb das Geschäft vollkommen als <hi rendition="#aq">amateur, l&#x2019;art pour l&#x2019;art</hi>, seit ihrer frühesten Jugend. Sie war aus guter Familie, aber früh Waise geworden. Trotzdem hatte sie eine glänzende Erziehung genossen, ihr Lehrerinnenexamen gemacht, und war von ihrem achtzehnten bis sechsundzwanzigsten Jahre bei den vier Kindern eines reichen Landedelmannes im Elsaß als Erzieherin tätig gewesen. Sie ward dort allgemein geliebt, geachtet, verehrt und bewundert und erfreute sich des tadellosesten Rufes. Jeden Sommer hatte sie vier Wochen Ferien, die sie stets in Kolmar bei &#x201E;alten Freunden&#x201C; der Familie verlebte (Adresse <hi rendition="#aq">poste restante</hi>). Im ersten Freudenhaus von Kolmar ward
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0078] ihrem weißen Spitzenkleidchen, die „Kunden“ so taubenhaft unschuldig anschaute, waren alle hingerissen, besonders die Schwarzen. Und sie kamen auch immer wieder. Margot hatte eine feste Kundschaft, und das Geschäft ging flott. Sie hatte sich zehn Prozent Reingewinn von Madame erbeten und hatte auch schon ganz hübsche Preise. Sie war einfach süß und so echt weiblich. Sie betrieb das Geschäft vollkommen als amateur, l’art pour l’art, seit ihrer frühesten Jugend. Sie war aus guter Familie, aber früh Waise geworden. Trotzdem hatte sie eine glänzende Erziehung genossen, ihr Lehrerinnenexamen gemacht, und war von ihrem achtzehnten bis sechsundzwanzigsten Jahre bei den vier Kindern eines reichen Landedelmannes im Elsaß als Erzieherin tätig gewesen. Sie ward dort allgemein geliebt, geachtet, verehrt und bewundert und erfreute sich des tadellosesten Rufes. Jeden Sommer hatte sie vier Wochen Ferien, die sie stets in Kolmar bei „alten Freunden“ der Familie verlebte (Adresse poste restante). Im ersten Freudenhaus von Kolmar ward

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/78
Zitationshilfe: von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/78>, abgerufen am 26.04.2024.