Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

auch noch consultirt, und kam auf den Gedanken,
hier seine, eben von London angekommene, Maschine
zu versuchen. Kaum traute er seinen Augen, als er
bei diesem Experiment fand, daß des Kranken Lunge
zwei Grad mehr Kraft zeige als seine eigne, die sich
doch ungemein wohl befindet. Man erkannte nun
eine Leberkrankheit, mit allen Symptomen des
letzten Grades der Schwindsucht, und der Patient
war in vier Monaten gänzlich geheilt, mit Beibehal-
tung seines reichlich besoldeten Amtes, das er auf-
zuopfern schon im Begriff gewesen war. Eine andere
sehr compakte kleine Maschine diente zum Aderlassen
und Scarifiziren, als Magenpumpe, Ohrsprütze und
Kl ... Spr ... alles zu gleicher Zeit. Man muß
gestehen, daß man das Compendiöse nicht weiter trei-
ben kann! Die übrigen Marter-Instrumente will ich
Dir nicht beschreiben, tant pis pour l'humanite, qu'il
en faut tant!
Anmuthiger erschien mir ein Barome-
ter, durch die Figur einer Dame dargestellt, die, bei
Annäherung des schlechten Wetters, ihren Parapluie
ergreift, bei starkem Regen ihn aufspannt, und bei
beständiger Schönheit der Witterung ihn als Spazier-
stock gebraucht. Eine Dame als stets wechselnder
Wetterprophet zu gebrauchen! Quelle isolence!


auch noch conſultirt, und kam auf den Gedanken,
hier ſeine, eben von London angekommene, Maſchine
zu verſuchen. Kaum traute er ſeinen Augen, als er
bei dieſem Experiment fand, daß des Kranken Lunge
zwei Grad mehr Kraft zeige als ſeine eigne, die ſich
doch ungemein wohl befindet. Man erkannte nun
eine Leberkrankheit, mit allen Symptomen des
letzten Grades der Schwindſucht, und der Patient
war in vier Monaten gänzlich geheilt, mit Beibehal-
tung ſeines reichlich beſoldeten Amtes, das er auf-
zuopfern ſchon im Begriff geweſen war. Eine andere
ſehr compakte kleine Maſchine diente zum Aderlaſſen
und Scarifiziren, als Magenpumpe, Ohrſprütze und
Kl … Spr … alles zu gleicher Zeit. Man muß
geſtehen, daß man das Compendiöſe nicht weiter trei-
ben kann! Die übrigen Marter-Inſtrumente will ich
Dir nicht beſchreiben, tant pis pour l’humanité, qu’il
en faut tant!
Anmuthiger erſchien mir ein Barome-
ter, durch die Figur einer Dame dargeſtellt, die, bei
Annäherung des ſchlechten Wetters, ihren Parapluie
ergreift, bei ſtarkem Regen ihn aufſpannt, und bei
beſtändiger Schönheit der Witterung ihn als Spazier-
ſtock gebraucht. Eine Dame als ſtets wechſelnder
Wetterprophet zu gebrauchen! Quelle isolence!


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0229" n="207"/>
auch noch con&#x017F;ultirt, und kam auf den Gedanken,<lb/>
hier &#x017F;eine, eben von London angekommene, Ma&#x017F;chine<lb/>
zu ver&#x017F;uchen. Kaum traute er &#x017F;einen Augen, als er<lb/>
bei die&#x017F;em Experiment fand, daß des Kranken Lunge<lb/>
zwei Grad mehr Kraft zeige als &#x017F;eine eigne, die &#x017F;ich<lb/>
doch ungemein wohl befindet. Man erkannte nun<lb/>
eine <hi rendition="#g">Leber</hi>krankheit, mit allen <hi rendition="#g">Symptomen</hi> des<lb/>
letzten Grades der Schwind&#x017F;ucht, und der Patient<lb/>
war in vier Monaten gänzlich geheilt, mit Beibehal-<lb/>
tung &#x017F;eines reichlich be&#x017F;oldeten Amtes, das er auf-<lb/>
zuopfern &#x017F;chon im Begriff gewe&#x017F;en war. Eine andere<lb/>
&#x017F;ehr compakte kleine Ma&#x017F;chine diente zum Aderla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und Scarifiziren, als Magenpumpe, Ohr&#x017F;prütze und<lb/>
Kl &#x2026; Spr &#x2026; alles zu gleicher Zeit. Man muß<lb/>
ge&#x017F;tehen, daß man das Compendiö&#x017F;e nicht weiter trei-<lb/>
ben kann! Die übrigen Marter-In&#x017F;trumente will ich<lb/>
Dir nicht be&#x017F;chreiben, <hi rendition="#aq">tant pis pour l&#x2019;humanité, qu&#x2019;il<lb/>
en faut tant!</hi> Anmuthiger er&#x017F;chien mir ein Barome-<lb/>
ter, durch die Figur einer Dame darge&#x017F;tellt, die, bei<lb/>
Annäherung des &#x017F;chlechten Wetters, ihren Parapluie<lb/>
ergreift, bei &#x017F;tarkem Regen ihn auf&#x017F;pannt, und bei<lb/>
be&#x017F;tändiger Schönheit der Witterung ihn als Spazier-<lb/>
&#x017F;tock gebraucht. Eine Dame als &#x017F;tets wech&#x017F;elnder<lb/>
Wetterprophet zu gebrauchen! <hi rendition="#aq">Quelle isolence!</hi></p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0229] auch noch conſultirt, und kam auf den Gedanken, hier ſeine, eben von London angekommene, Maſchine zu verſuchen. Kaum traute er ſeinen Augen, als er bei dieſem Experiment fand, daß des Kranken Lunge zwei Grad mehr Kraft zeige als ſeine eigne, die ſich doch ungemein wohl befindet. Man erkannte nun eine Leberkrankheit, mit allen Symptomen des letzten Grades der Schwindſucht, und der Patient war in vier Monaten gänzlich geheilt, mit Beibehal- tung ſeines reichlich beſoldeten Amtes, das er auf- zuopfern ſchon im Begriff geweſen war. Eine andere ſehr compakte kleine Maſchine diente zum Aderlaſſen und Scarifiziren, als Magenpumpe, Ohrſprütze und Kl … Spr … alles zu gleicher Zeit. Man muß geſtehen, daß man das Compendiöſe nicht weiter trei- ben kann! Die übrigen Marter-Inſtrumente will ich Dir nicht beſchreiben, tant pis pour l’humanité, qu’il en faut tant! Anmuthiger erſchien mir ein Barome- ter, durch die Figur einer Dame dargeſtellt, die, bei Annäherung des ſchlechten Wetters, ihren Parapluie ergreift, bei ſtarkem Regen ihn aufſpannt, und bei beſtändiger Schönheit der Witterung ihn als Spazier- ſtock gebraucht. Eine Dame als ſtets wechſelnder Wetterprophet zu gebrauchen! Quelle isolence!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/229
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/229>, abgerufen am 28.04.2024.