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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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führt nur die Wohlfeilheit, und ich muß manch-
mal lachen, wenn ich sehe, daß ein pfiffiger franzö-
sischer Kaufmann einen der steifen Insulaner tüchtig
angeführt zu haben glaubt, und dieser blos erstaunt
hinausgeht, dieselbe Waare grade sechs mal wohlfei-
ler als in London gekauft zu haben.

Mittags fahre ich in der wissenschaftlichen Prüfung
der Restaurateurs fort, und Abends in der der Thea-
ter, obgleich ich weder den Cursus der einen noch
der andern gänzlich zu vollenden Zeit haben werde.

Während dem "Schopping" bemerkte ich heute im
palais royal ein Aushängeschild, auf dem die wun-
derbare
Exposition des Todes des Prinzen Ponia-
towsky bei Leipzig angekündigt war. Dergleichen Na-
tionellem gehe ich nicht gern vorüber, und stieg da-
her, das Wunder zu sehen, eine elende dunkle Treppe
hinauf, wo ich in einer noch dunklern Kammer ohne
Fenster, einen dürftig gekleideten Mann bei einer
halb verlöschten Lampe sitzen fand. Ein großer Tisch,
der vor ihm stand, ward von einem schmutzigen Tuche
bedeckt. Sobald ich eintrat, eilte er sogleich noch
drei andre Lampen anzustecken, die jedoch nicht recht
brennen mochten, worauf er laut und heftig zu de-
clamiren anfing. Ich glaubte, die Explication beginne
schon, und frug, da ich nicht recht acht gegeben, was
er gesagt habe? Oh rien! war die Antwort, je parle
seulement a mes les lampes, qui ne brulent pas
clair.
Nachdem diese Conversation mit den Lampen
endlich ihren Zweck erreicht, ward das verdeckende

führt nur die Wohlfeilheit, und ich muß manch-
mal lachen, wenn ich ſehe, daß ein pfiffiger franzö-
ſiſcher Kaufmann einen der ſteifen Inſulaner tüchtig
angeführt zu haben glaubt, und dieſer blos erſtaunt
hinausgeht, dieſelbe Waare grade ſechs mal wohlfei-
ler als in London gekauft zu haben.

Mittags fahre ich in der wiſſenſchaftlichen Prüfung
der Reſtaurateurs fort, und Abends in der der Thea-
ter, obgleich ich weder den Curſus der einen noch
der andern gänzlich zu vollenden Zeit haben werde.

Während dem „Schopping“ bemerkte ich heute im
palais royal ein Aushängeſchild, auf dem die wun-
derbare
Expoſition des Todes des Prinzen Ponia-
towsky bei Leipzig angekündigt war. Dergleichen Na-
tionellem gehe ich nicht gern vorüber, und ſtieg da-
her, das Wunder zu ſehen, eine elende dunkle Treppe
hinauf, wo ich in einer noch dunklern Kammer ohne
Fenſter, einen dürftig gekleideten Mann bei einer
halb verlöſchten Lampe ſitzen fand. Ein großer Tiſch,
der vor ihm ſtand, ward von einem ſchmutzigen Tuche
bedeckt. Sobald ich eintrat, eilte er ſogleich noch
drei andre Lampen anzuſtecken, die jedoch nicht recht
brennen mochten, worauf er laut und heftig zu de-
clamiren anfing. Ich glaubte, die Explication beginne
ſchon, und frug, da ich nicht recht acht gegeben, was
er geſagt habe? Oh rien! war die Antwort, je parle
seulement à mes les lampes, qui ne brulent pas
clair.
Nachdem dieſe Converſation mit den Lampen
endlich ihren Zweck erreicht, ward das verdeckende

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[336/0358] führt nur die Wohlfeilheit, und ich muß manch- mal lachen, wenn ich ſehe, daß ein pfiffiger franzö- ſiſcher Kaufmann einen der ſteifen Inſulaner tüchtig angeführt zu haben glaubt, und dieſer blos erſtaunt hinausgeht, dieſelbe Waare grade ſechs mal wohlfei- ler als in London gekauft zu haben. Mittags fahre ich in der wiſſenſchaftlichen Prüfung der Reſtaurateurs fort, und Abends in der der Thea- ter, obgleich ich weder den Curſus der einen noch der andern gänzlich zu vollenden Zeit haben werde. Während dem „Schopping“ bemerkte ich heute im palais royal ein Aushängeſchild, auf dem die wun- derbare Expoſition des Todes des Prinzen Ponia- towsky bei Leipzig angekündigt war. Dergleichen Na- tionellem gehe ich nicht gern vorüber, und ſtieg da- her, das Wunder zu ſehen, eine elende dunkle Treppe hinauf, wo ich in einer noch dunklern Kammer ohne Fenſter, einen dürftig gekleideten Mann bei einer halb verlöſchten Lampe ſitzen fand. Ein großer Tiſch, der vor ihm ſtand, ward von einem ſchmutzigen Tuche bedeckt. Sobald ich eintrat, eilte er ſogleich noch drei andre Lampen anzuſtecken, die jedoch nicht recht brennen mochten, worauf er laut und heftig zu de- clamiren anfing. Ich glaubte, die Explication beginne ſchon, und frug, da ich nicht recht acht gegeben, was er geſagt habe? Oh rien! war die Antwort, je parle seulement à mes les lampes, qui ne brulent pas clair. Nachdem dieſe Converſation mit den Lampen endlich ihren Zweck erreicht, ward das verdeckende

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/358>, abgerufen am 29.04.2024.