Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

schung an Kleinigkeiten scheitert, welche die Bequem-
lichkeit der Direktion oder der Schauspieler vernach-
läßigt. Der selige Hoffmann (nicht der Seelen Ver-
theilende, sondern Seelen Ergreifende) pflegte zu
sagen, daß von allem Grausenhaften ihm nichts un-
heimlicher vorgekommen sey, als wenn er, im Berli-
ner Theater, einen Iffländer Geheimerath zuerst so
prosaisch sich gehaben, und dann plötzlich statt mensch-
lich durch die Thüre abzugehen, wie der leibhaftige
Gott sey bei uns, durch die Wand fahren gesehen
habe, als sey es bloße Luft. --



Es ist freudig auffallend, das Museum, nach Allem
was restaurirt werden mußte, doch noch so über-
schwenglich reich zu finden! Die neuen Säle Denon's
geben nun auch dem größten Theile der Standbilder
einen würdigen Aufenthaltsort; es ist nur schade,
daß man die alten Säle nicht auch in ähnlichem Style
einrichtet. Zuviel würde, bei Demolirung der Decken-
gemälde, nicht verloren gehen, da sie an sich keinen
großen Werth haben, und Gemälde überhaupt sich
in Verbindung mit Statüen so schlecht ausnehmen.
Sculptur und Malerei sollte man wohl nie ver-
einigen.

ſchung an Kleinigkeiten ſcheitert, welche die Bequem-
lichkeit der Direktion oder der Schauſpieler vernach-
läßigt. Der ſelige Hoffmann (nicht der Seelen Ver-
theilende, ſondern Seelen Ergreifende) pflegte zu
ſagen, daß von allem Grauſenhaften ihm nichts un-
heimlicher vorgekommen ſey, als wenn er, im Berli-
ner Theater, einen Iffländer Geheimerath zuerſt ſo
proſaiſch ſich gehaben, und dann plötzlich ſtatt menſch-
lich durch die Thüre abzugehen, wie der leibhaftige
Gott ſey bei uns, durch die Wand fahren geſehen
habe, als ſey es bloße Luft. —



Es iſt freudig auffallend, das Muſeum, nach Allem
was reſtaurirt werden mußte, doch noch ſo über-
ſchwenglich reich zu finden! Die neuen Säle Denon’s
geben nun auch dem größten Theile der Standbilder
einen würdigen Aufenthaltsort; es iſt nur ſchade,
daß man die alten Säle nicht auch in ähnlichem Style
einrichtet. Zuviel würde, bei Demolirung der Decken-
gemälde, nicht verloren gehen, da ſie an ſich keinen
großen Werth haben, und Gemälde überhaupt ſich
in Verbindung mit Statüen ſo ſchlecht ausnehmen.
Sculptur und Malerei ſollte man wohl nie ver-
einigen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0362" n="340"/>
&#x017F;chung an Kleinigkeiten &#x017F;cheitert, welche die Bequem-<lb/>
lichkeit der Direktion oder der Schau&#x017F;pieler vernach-<lb/>
läßigt. Der &#x017F;elige Hoffmann (nicht der Seelen Ver-<lb/>
theilende, &#x017F;ondern Seelen Ergreifende) pflegte zu<lb/>
&#x017F;agen, daß von allem Grau&#x017F;enhaften ihm nichts un-<lb/>
heimlicher vorgekommen &#x017F;ey, als wenn er, im Berli-<lb/>
ner Theater, einen <choice><sic>Iffla&#x0307;nder</sic><corr>Iffländer</corr></choice> Geheimerath zuer&#x017F;t &#x017F;o<lb/>
pro&#x017F;ai&#x017F;ch &#x017F;ich gehaben, und dann plötzlich &#x017F;tatt men&#x017F;ch-<lb/>
lich durch die Thüre abzugehen, wie der leibhaftige<lb/>
Gott &#x017F;ey bei uns, durch die Wand fahren ge&#x017F;ehen<lb/>
habe, als &#x017F;ey es bloße Luft. &#x2014;</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 10<hi rendition="#sup">ten.</hi></hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t freudig auffallend, das Mu&#x017F;eum, nach Allem<lb/>
was re&#x017F;taurirt werden mußte, doch noch &#x017F;o über-<lb/>
&#x017F;chwenglich reich zu finden! Die neuen <choice><sic>Sa&#x0307;le</sic><corr>Säle</corr></choice> Denon&#x2019;s<lb/>
geben nun auch dem größten Theile der Standbilder<lb/>
einen würdigen Aufenthaltsort; es i&#x017F;t nur &#x017F;chade,<lb/>
daß man die alten Säle nicht auch in ähnlichem Style<lb/>
einrichtet. Zuviel würde, bei Demolirung der Decken-<lb/>
gemälde, nicht verloren gehen, da &#x017F;ie an &#x017F;ich keinen<lb/>
großen Werth haben, und Gemälde überhaupt &#x017F;ich<lb/>
in Verbindung mit Statüen &#x017F;o &#x017F;chlecht ausnehmen.<lb/>
Sculptur und Malerei &#x017F;ollte man wohl nie ver-<lb/>
einigen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[340/0362] ſchung an Kleinigkeiten ſcheitert, welche die Bequem- lichkeit der Direktion oder der Schauſpieler vernach- läßigt. Der ſelige Hoffmann (nicht der Seelen Ver- theilende, ſondern Seelen Ergreifende) pflegte zu ſagen, daß von allem Grauſenhaften ihm nichts un- heimlicher vorgekommen ſey, als wenn er, im Berli- ner Theater, einen Iffländer Geheimerath zuerſt ſo proſaiſch ſich gehaben, und dann plötzlich ſtatt menſch- lich durch die Thüre abzugehen, wie der leibhaftige Gott ſey bei uns, durch die Wand fahren geſehen habe, als ſey es bloße Luft. — Den 10ten. Es iſt freudig auffallend, das Muſeum, nach Allem was reſtaurirt werden mußte, doch noch ſo über- ſchwenglich reich zu finden! Die neuen Säle Denon’s geben nun auch dem größten Theile der Standbilder einen würdigen Aufenthaltsort; es iſt nur ſchade, daß man die alten Säle nicht auch in ähnlichem Style einrichtet. Zuviel würde, bei Demolirung der Decken- gemälde, nicht verloren gehen, da ſie an ſich keinen großen Werth haben, und Gemälde überhaupt ſich in Verbindung mit Statüen ſo ſchlecht ausnehmen. Sculptur und Malerei ſollte man wohl nie ver- einigen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/362
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/362>, abgerufen am 12.10.2024.