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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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noch bei Lebzeiten setzen ließ, und auch darunter ruht.
Seine Statue von Metall liegt oben auf dem Sar-
kophage, mit einem Adler und einem Bären zu sei-
nen Füßen. Der Kopf ist sehr ausdrucksvoll und na-
türlich. Er faltet nicht die Hände, wie es sonst bei
den alten Ritterstatuen fast immer der Fall ist, son-
dern erhebt sich blos etwas gegen den Himmel, wie
einer, der nicht eben beten will, sondern nur den
lieben Gott mit schuldiger Höflichkeit willkommen
heißen, wozu er zwar den Kopf geneigt hat, aber
keineswegs demüthig aussieht! Rund an den Sei-
ten des Steinsarges sind die bunt bemalten Wappen
aller seiner Herrschaften angebracht, und ein unge-
heures Schwerdt liegt ihm noch drohend zur Seite.
Die herrlichen bunten Fenster, und die vielfachen,
wohl erhaltenen und reich vergoldeten Zierrathen ge-
ben dem Ganzen ein ungemein feierliches Ansehn.

Unglücklicher Weise hat man vor 150 Jahren einer
Familie aus der Stadt erlaubt, gerade unter dem
größten, dem Eingang gegenüber stehenden Fenster,
ein Monument für, ich weiß nicht welchen Landjun-
ker aus ihrem Hause, aufzuführen, welches die ganze
Wand einnimmt, und der schönen Einheit des Gan-
zen durch seine abscheulichen modernen Schnörkel ei-
nen wahren Schandfleck aufdrückt.

An der Seitenwand steht, oder liegt vielmehr auf
seinem Sarge, in Stein gehauen ein anderer Ein-
dringling, aber von besserem Schroot und Korn; denn
es ist kein Geringerer als der mächtige Graf von Lei-

noch bei Lebzeiten ſetzen ließ, und auch darunter ruht.
Seine Statue von Metall liegt oben auf dem Sar-
kophage, mit einem Adler und einem Bären zu ſei-
nen Füßen. Der Kopf iſt ſehr ausdrucksvoll und na-
türlich. Er faltet nicht die Hände, wie es ſonſt bei
den alten Ritterſtatuen faſt immer der Fall iſt, ſon-
dern erhebt ſich blos etwas gegen den Himmel, wie
einer, der nicht eben beten will, ſondern nur den
lieben Gott mit ſchuldiger Höflichkeit willkommen
heißen, wozu er zwar den Kopf geneigt hat, aber
keineswegs demüthig ausſieht! Rund an den Sei-
ten des Steinſarges ſind die bunt bemalten Wappen
aller ſeiner Herrſchaften angebracht, und ein unge-
heures Schwerdt liegt ihm noch drohend zur Seite.
Die herrlichen bunten Fenſter, und die vielfachen,
wohl erhaltenen und reich vergoldeten Zierrathen ge-
ben dem Ganzen ein ungemein feierliches Anſehn.

Unglücklicher Weiſe hat man vor 150 Jahren einer
Familie aus der Stadt erlaubt, gerade unter dem
größten, dem Eingang gegenüber ſtehenden Fenſter,
ein Monument für, ich weiß nicht welchen Landjun-
ker aus ihrem Hauſe, aufzuführen, welches die ganze
Wand einnimmt, und der ſchönen Einheit des Gan-
zen durch ſeine abſcheulichen modernen Schnörkel ei-
nen wahren Schandfleck aufdrückt.

An der Seitenwand ſteht, oder liegt vielmehr auf
ſeinem Sarge, in Stein gehauen ein anderer Ein-
dringling, aber von beſſerem Schroot und Korn; denn
es iſt kein Geringerer als der mächtige Graf von Lei-

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[244/0290] noch bei Lebzeiten ſetzen ließ, und auch darunter ruht. Seine Statue von Metall liegt oben auf dem Sar- kophage, mit einem Adler und einem Bären zu ſei- nen Füßen. Der Kopf iſt ſehr ausdrucksvoll und na- türlich. Er faltet nicht die Hände, wie es ſonſt bei den alten Ritterſtatuen faſt immer der Fall iſt, ſon- dern erhebt ſich blos etwas gegen den Himmel, wie einer, der nicht eben beten will, ſondern nur den lieben Gott mit ſchuldiger Höflichkeit willkommen heißen, wozu er zwar den Kopf geneigt hat, aber keineswegs demüthig ausſieht! Rund an den Sei- ten des Steinſarges ſind die bunt bemalten Wappen aller ſeiner Herrſchaften angebracht, und ein unge- heures Schwerdt liegt ihm noch drohend zur Seite. Die herrlichen bunten Fenſter, und die vielfachen, wohl erhaltenen und reich vergoldeten Zierrathen ge- ben dem Ganzen ein ungemein feierliches Anſehn. Unglücklicher Weiſe hat man vor 150 Jahren einer Familie aus der Stadt erlaubt, gerade unter dem größten, dem Eingang gegenüber ſtehenden Fenſter, ein Monument für, ich weiß nicht welchen Landjun- ker aus ihrem Hauſe, aufzuführen, welches die ganze Wand einnimmt, und der ſchönen Einheit des Gan- zen durch ſeine abſcheulichen modernen Schnörkel ei- nen wahren Schandfleck aufdrückt. An der Seitenwand ſteht, oder liegt vielmehr auf ſeinem Sarge, in Stein gehauen ein anderer Ein- dringling, aber von beſſerem Schroot und Korn; denn es iſt kein Geringerer als der mächtige Graf von Lei-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/290>, abgerufen am 15.05.2024.