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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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schiedenheit dar, bald dick und dem Blick undurch-
dringlich, bald Hainartig, dann freie Wiesen mit
dunkler Einfassung, oder junge Dickichte mit darin
sich bergendem Damwild, zuweilen eine schmale und
weite Aussicht auf ferne Berge.

Ein so situirter Edelmann repräsentirt seinen
Stand würdig, und es ist sehr natürlich, wenn er
unter diesen günstigen Umständen so gut, wohlwol-
lend, achtungswerth und zufrieden erscheint, wie die-
ser edle Graf, dessen Bild mir immer eben so wohl-
thätig vorschweben wird, als das der schönen Land-
schaft, der er gebietet.

Von den Eindrücken des Tages ganz verschieden,
und doch nicht minder schön war der Abend. Mit
anbrechender Dämmerung erreichte ich die große
Fabrikstadt Leeds. Eine durchsichtige Rauchwolke
war über dem weiten Raum, den sie auf und zwi-
schen mehreren Hügeln einnimmt, gelagert; hundert
rothe Feuer blitzten daraus hervor, und eben so viel
thurmartige, schwarzen Rauch ausstoßende Feueressen
reihten sich dazwischen.

Herrlich nahmen sich darunter fünfstöckige, colos-
sale Fabrikgebäude aus, in denen jedes Fenster mit
zwei Lichtern illuminirt war, hinter welchen bis tief
in die Nacht hier der emsige Arbeiter verkehrt. Da-
mit aber dem Gewerbe Gewühl, der industriellen Il-
lumination auch das Romantische nicht fehle, stie-
gen hoch über den Häusern noch zwei alte gothische

ſchiedenheit dar, bald dick und dem Blick undurch-
dringlich, bald Hainartig, dann freie Wieſen mit
dunkler Einfaſſung, oder junge Dickichte mit darin
ſich bergendem Damwild, zuweilen eine ſchmale und
weite Ausſicht auf ferne Berge.

Ein ſo ſituirter Edelmann repräſentirt ſeinen
Stand würdig, und es iſt ſehr natürlich, wenn er
unter dieſen günſtigen Umſtänden ſo gut, wohlwol-
lend, achtungswerth und zufrieden erſcheint, wie die-
ſer edle Graf, deſſen Bild mir immer eben ſo wohl-
thätig vorſchweben wird, als das der ſchönen Land-
ſchaft, der er gebietet.

Von den Eindrücken des Tages ganz verſchieden,
und doch nicht minder ſchön war der Abend. Mit
anbrechender Dämmerung erreichte ich die große
Fabrikſtadt Leeds. Eine durchſichtige Rauchwolke
war über dem weiten Raum, den ſie auf und zwi-
ſchen mehreren Hügeln einnimmt, gelagert; hundert
rothe Feuer blitzten daraus hervor, und eben ſo viel
thurmartige, ſchwarzen Rauch ausſtoßende Feuereſſen
reihten ſich dazwiſchen.

Herrlich nahmen ſich darunter fünfſtöckige, coloſ-
ſale Fabrikgebäude aus, in denen jedes Fenſter mit
zwei Lichtern illuminirt war, hinter welchen bis tief
in die Nacht hier der emſige Arbeiter verkehrt. Da-
mit aber dem Gewerbe Gewühl, der induſtriellen Il-
lumination auch das Romantiſche nicht fehle, ſtie-
gen hoch über den Häuſern noch zwei alte gothiſche

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[223/0239] ſchiedenheit dar, bald dick und dem Blick undurch- dringlich, bald Hainartig, dann freie Wieſen mit dunkler Einfaſſung, oder junge Dickichte mit darin ſich bergendem Damwild, zuweilen eine ſchmale und weite Ausſicht auf ferne Berge. Ein ſo ſituirter Edelmann repräſentirt ſeinen Stand würdig, und es iſt ſehr natürlich, wenn er unter dieſen günſtigen Umſtänden ſo gut, wohlwol- lend, achtungswerth und zufrieden erſcheint, wie die- ſer edle Graf, deſſen Bild mir immer eben ſo wohl- thätig vorſchweben wird, als das der ſchönen Land- ſchaft, der er gebietet. Von den Eindrücken des Tages ganz verſchieden, und doch nicht minder ſchön war der Abend. Mit anbrechender Dämmerung erreichte ich die große Fabrikſtadt Leeds. Eine durchſichtige Rauchwolke war über dem weiten Raum, den ſie auf und zwi- ſchen mehreren Hügeln einnimmt, gelagert; hundert rothe Feuer blitzten daraus hervor, und eben ſo viel thurmartige, ſchwarzen Rauch ausſtoßende Feuereſſen reihten ſich dazwiſchen. Herrlich nahmen ſich darunter fünfſtöckige, coloſ- ſale Fabrikgebäude aus, in denen jedes Fenſter mit zwei Lichtern illuminirt war, hinter welchen bis tief in die Nacht hier der emſige Arbeiter verkehrt. Da- mit aber dem Gewerbe Gewühl, der induſtriellen Il- lumination auch das Romantiſche nicht fehle, ſtie- gen hoch über den Häuſern noch zwei alte gothiſche

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/239>, abgerufen am 29.04.2024.