Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Gedränge in einem großen Local mehr vermieden
wird. Dieser Prinz ist weniger populär als er es
verdient, weil die Engländer ihm den Ausländer
nicht ganz verzeihen können.



Auf einem Spazierritt mit M ... kamen wir zufäl-
lig in einer reizenden Gegend nach Strawberryhill
(Erdbeerhügel) einem von Horace Walpole gebauten
Schloß, dessen er so oft in seinen Briefen erwähnt,
und das man seitdem in nichts geändert und wenig
bewohnt hat. Es ist der erste Versuch des Modern-
gothischen in England, ganz im Clinquan-Geschmack
jener Zeit, das Steinwerk in Holz nachgeahmt, gar
Vieles -- was glänzt ohne Gold zu seyn. Doch
sieht man auch mehrere gediegnere Kunstschätze und
manche Curiositäten. Zu den ersteren gehört unter
andern ein prächtiges mit Juwelen besetztes Gebet-
buch voll Zeichnungen Raphaels und seiner Schüler,
zu den letzteren der Hut des Cardinals Wolsey, ein
sehr ausdrucksvolles Portrait der Madame du Deffant,
der blinden und geistigen Geliebten Walpoles, und
ein Bild der berühmten Lady Montague in tür-
kischer Kleidung.

Da es in England Alles gibt, so fand ich heute
sogar einen vornehmen Engländer, der in seinem
Hause deutsche Sitten, deutsche Art der Bedienung,

Gedränge in einem großen Local mehr vermieden
wird. Dieſer Prinz iſt weniger populär als er es
verdient, weil die Engländer ihm den Ausländer
nicht ganz verzeihen können.



Auf einem Spazierritt mit M … kamen wir zufäl-
lig in einer reizenden Gegend nach Strawberryhill
(Erdbeerhügel) einem von Horace Walpole gebauten
Schloß, deſſen er ſo oft in ſeinen Briefen erwähnt,
und das man ſeitdem in nichts geändert und wenig
bewohnt hat. Es iſt der erſte Verſuch des Modern-
gothiſchen in England, ganz im Clinquan-Geſchmack
jener Zeit, das Steinwerk in Holz nachgeahmt, gar
Vieles — was glänzt ohne Gold zu ſeyn. Doch
ſieht man auch mehrere gediegnere Kunſtſchätze und
manche Curioſitäten. Zu den erſteren gehört unter
andern ein prächtiges mit Juwelen beſetztes Gebet-
buch voll Zeichnungen Raphaels und ſeiner Schüler,
zu den letzteren der Hut des Cardinals Wolſey, ein
ſehr ausdrucksvolles Portrait der Madame du Deffant,
der blinden und geiſtigen Geliebten Walpoles, und
ein Bild der berühmten Lady Montague in tür-
kiſcher Kleidung.

Da es in England Alles gibt, ſo fand ich heute
ſogar einen vornehmen Engländer, der in ſeinem
Hauſe deutſche Sitten, deutſche Art der Bedienung,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0384" n="364"/>
Gedränge in einem großen Local mehr vermieden<lb/>
wird. Die&#x017F;er Prinz i&#x017F;t weniger populär als er es<lb/>
verdient, weil die Engländer ihm den Ausländer<lb/>
nicht ganz verzeihen können.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 9ten.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Auf einem Spazierritt mit M &#x2026; kamen wir zufäl-<lb/>
lig in einer reizenden Gegend nach Strawberryhill<lb/>
(Erdbeerhügel) einem von Horace Walpole gebauten<lb/>
Schloß, de&#x017F;&#x017F;en er &#x017F;o oft in &#x017F;einen Briefen erwähnt,<lb/>
und das man &#x017F;eitdem in nichts geändert und wenig<lb/>
bewohnt hat. Es i&#x017F;t der er&#x017F;te Ver&#x017F;uch des Modern-<lb/>
gothi&#x017F;chen in England, ganz im Clinquan-Ge&#x017F;chmack<lb/>
jener Zeit, das Steinwerk in Holz nachgeahmt, gar<lb/>
Vieles &#x2014; was glänzt ohne Gold zu &#x017F;eyn. Doch<lb/>
&#x017F;ieht man auch mehrere gediegnere Kun&#x017F;t&#x017F;chätze und<lb/>
manche Curio&#x017F;itäten. Zu den er&#x017F;teren gehört unter<lb/>
andern ein prächtiges mit Juwelen be&#x017F;etztes Gebet-<lb/>
buch voll Zeichnungen Raphaels und &#x017F;einer Schüler,<lb/>
zu den letzteren der Hut des Cardinals Wol&#x017F;ey, ein<lb/>
&#x017F;ehr ausdrucksvolles Portrait der Madame du Deffant,<lb/>
der blinden und gei&#x017F;tigen Geliebten Walpoles, und<lb/>
ein Bild der berühmten Lady Montague in tür-<lb/>
ki&#x017F;cher Kleidung.</p><lb/>
          <p>Da es in England Alles gibt, &#x017F;o fand ich heute<lb/>
&#x017F;ogar einen vornehmen Engländer, der in &#x017F;einem<lb/>
Hau&#x017F;e deut&#x017F;che Sitten, deut&#x017F;che Art der Bedienung,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[364/0384] Gedränge in einem großen Local mehr vermieden wird. Dieſer Prinz iſt weniger populär als er es verdient, weil die Engländer ihm den Ausländer nicht ganz verzeihen können. Den 9ten. Auf einem Spazierritt mit M … kamen wir zufäl- lig in einer reizenden Gegend nach Strawberryhill (Erdbeerhügel) einem von Horace Walpole gebauten Schloß, deſſen er ſo oft in ſeinen Briefen erwähnt, und das man ſeitdem in nichts geändert und wenig bewohnt hat. Es iſt der erſte Verſuch des Modern- gothiſchen in England, ganz im Clinquan-Geſchmack jener Zeit, das Steinwerk in Holz nachgeahmt, gar Vieles — was glänzt ohne Gold zu ſeyn. Doch ſieht man auch mehrere gediegnere Kunſtſchätze und manche Curioſitäten. Zu den erſteren gehört unter andern ein prächtiges mit Juwelen beſetztes Gebet- buch voll Zeichnungen Raphaels und ſeiner Schüler, zu den letzteren der Hut des Cardinals Wolſey, ein ſehr ausdrucksvolles Portrait der Madame du Deffant, der blinden und geiſtigen Geliebten Walpoles, und ein Bild der berühmten Lady Montague in tür- kiſcher Kleidung. Da es in England Alles gibt, ſo fand ich heute ſogar einen vornehmen Engländer, der in ſeinem Hauſe deutſche Sitten, deutſche Art der Bedienung,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/384
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/384>, abgerufen am 29.04.2024.