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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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9) Aussicht wegen d. Churf. u. Jesuit.
bisher gehabt hatte, waren ziemlich wankend und
baufällig geworden. Seitdem mit Erfindung der
Buchdruckerey und Herstellung der alten Litteratur
sich mehr Aufklärung verbreitet, und seitdem vol-
lends Luther so laut, so nachdrücklich und so deut-
lich gesprochen und geschrieben hatte, waren die
unwissenden Mönche mehr ein Gegenstand des
Spottes als der Hochachtung geworden. Jetzt
entstand aber ein Orden von ganz entgegengesetzter
Art; eine Gesellschaft ausgesuchter Köpfe (z), die
sich über den bisherigen zwecklosen Zwang der
Mönche in ihren Zellen und an gewisse Stunden
bey Tag und bey Nacht gebundenen gottesdienstli-
chen Handlungen hinaussetzten, und sich zu einem
desto thätigern Leben mit Unterricht der Jugend,
Predigen und Beichtsitzen, Ausbreitung der Re-
ligion unter Ungläubigen und Widerstand gegen
weitere Trennungen von der Römischen Kirche
widmeten. Auch ihre innere Verfassung war von
der Einrichtung der übrigen bisherigen Orden darin
sehr unterschieden, daß sie unter sich eine völlig
absolutmonarchische Regierungsform einführten,
mit der strengsten Unterwerfung unter ihrem Ge-
nerale und den davon wieder abhangenden Provin-
cialen und anderen Oberen.


Der
(z) Der erste Urheber war bekanntlich ein Spa-
nischer Edelmann Ignaz von Lojola, dem sich
gleich anfangs noch acht Männer von verschiedenen
Nationen zugesellet hatten: nehmlich Peter Faber,
Jacob Laynez, Claudius Jajus, Paschasius Broet,
Franz Xavier, Alfonsus Salmeron, Simon Ro-
derich, Johann Coduri und Nicolaus von Bobabilla.
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9) Ausſicht wegen d. Churf. u. Jeſuit.
bisher gehabt hatte, waren ziemlich wankend und
baufaͤllig geworden. Seitdem mit Erfindung der
Buchdruckerey und Herſtellung der alten Litteratur
ſich mehr Aufklaͤrung verbreitet, und ſeitdem vol-
lends Luther ſo laut, ſo nachdruͤcklich und ſo deut-
lich geſprochen und geſchrieben hatte, waren die
unwiſſenden Moͤnche mehr ein Gegenſtand des
Spottes als der Hochachtung geworden. Jetzt
entſtand aber ein Orden von ganz entgegengeſetzter
Art; eine Geſellſchaft ausgeſuchter Koͤpfe (z), die
ſich uͤber den bisherigen zweckloſen Zwang der
Moͤnche in ihren Zellen und an gewiſſe Stunden
bey Tag und bey Nacht gebundenen gottesdienſtli-
chen Handlungen hinausſetzten, und ſich zu einem
deſto thaͤtigern Leben mit Unterricht der Jugend,
Predigen und Beichtſitzen, Ausbreitung der Re-
ligion unter Unglaͤubigen und Widerſtand gegen
weitere Trennungen von der Roͤmiſchen Kirche
widmeten. Auch ihre innere Verfaſſung war von
der Einrichtung der uͤbrigen bisherigen Orden darin
ſehr unterſchieden, daß ſie unter ſich eine voͤllig
abſolutmonarchiſche Regierungsform einfuͤhrten,
mit der ſtrengſten Unterwerfung unter ihrem Ge-
nerale und den davon wieder abhangenden Provin-
cialen und anderen Oberen.


Der
(z) Der erſte Urheber war bekanntlich ein Spa-
niſcher Edelmann Ignaz von Lojola, dem ſich
gleich anfangs noch acht Maͤnner von verſchiedenen
Nationen zugeſellet hatten: nehmlich Peter Faber,
Jacob Laynez, Claudius Jajus, Paſchaſius Broet,
Franz Xavier, Alfonſus Salmeron, Simon Ro-
derich, Johann Coduri und Nicolaus von Bobabilla.
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[433/0467] 9) Ausſicht wegen d. Churf. u. Jeſuit. bisher gehabt hatte, waren ziemlich wankend und baufaͤllig geworden. Seitdem mit Erfindung der Buchdruckerey und Herſtellung der alten Litteratur ſich mehr Aufklaͤrung verbreitet, und ſeitdem vol- lends Luther ſo laut, ſo nachdruͤcklich und ſo deut- lich geſprochen und geſchrieben hatte, waren die unwiſſenden Moͤnche mehr ein Gegenſtand des Spottes als der Hochachtung geworden. Jetzt entſtand aber ein Orden von ganz entgegengeſetzter Art; eine Geſellſchaft ausgeſuchter Koͤpfe (z), die ſich uͤber den bisherigen zweckloſen Zwang der Moͤnche in ihren Zellen und an gewiſſe Stunden bey Tag und bey Nacht gebundenen gottesdienſtli- chen Handlungen hinausſetzten, und ſich zu einem deſto thaͤtigern Leben mit Unterricht der Jugend, Predigen und Beichtſitzen, Ausbreitung der Re- ligion unter Unglaͤubigen und Widerſtand gegen weitere Trennungen von der Roͤmiſchen Kirche widmeten. Auch ihre innere Verfaſſung war von der Einrichtung der uͤbrigen bisherigen Orden darin ſehr unterſchieden, daß ſie unter ſich eine voͤllig abſolutmonarchiſche Regierungsform einfuͤhrten, mit der ſtrengſten Unterwerfung unter ihrem Ge- nerale und den davon wieder abhangenden Provin- cialen und anderen Oberen. Der (z) Der erſte Urheber war bekanntlich ein Spa- niſcher Edelmann Ignaz von Lojola, dem ſich gleich anfangs noch acht Maͤnner von verſchiedenen Nationen zugeſellet hatten: nehmlich Peter Faber, Jacob Laynez, Claudius Jajus, Paſchaſius Broet, Franz Xavier, Alfonſus Salmeron, Simon Ro- derich, Johann Coduri und Nicolaus von Bobabilla. E e

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/467>, abgerufen am 29.04.2024.