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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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4) Merovinger a) Aufkommen 486-561.
Aufenthalt angenehm machte. Nur die großen Feier-
tage Weinachten, Ostern, Pfingsten, oder Tage, die
zu besonderen Feierlichkeiten bestimmt waren, brach-
ten sie in Städten zu, wo sie alsdann ihren feier-
lichen Gottesdienst und feierliches Hoflager (Galla-
tage) hielten. Dabey fanden sich dann die Vor-
nehmen geistlichen und weltlichen Standes aus dem
ganzen Reiche oder doch aus den nächstgelegenen
Gegenden ein, die sich eine Ehre daraus machten,
den König zu bedienen, und ihm den Hof zu ma-
chen. Die Urkunden der Könige sind deswegen
selten lange nach einander an einem Orte, sondern
bald in dieser, bald in einer andern Gegend des
Reichs ausgefertiget. Das hinderte jedoch nicht,
daß diese oder jene Stadt zur Hauptstadt des gan-
zen Reichs, oder nach geschehenen Theilungen die-
ses oder jenen Theiles desselben erklärt ward. So
erklärte Chlodowig schon Paris zur Hauptstadt.
In der Folge erschien Metz als die Hauptstadt von
Austrasien; Andere Abtheilungen der Könige wur-
den auf solche Art nach Orleans, Soissons oder
anderen Städten als ihren Hauptsitzen bemerklich
gemacht.

Die Französischen Bischöfe hat ChlodowigXXII.
schon auf einer Kirchenversammlung' zu Or-
leans,
noch in dem letzten Jahre seines Lebens 511.,
Berathschlagungen anstellen laßen, dergleichen in
der Folge mehr geschehen. Eben so wenig läßt sich
bezweiflen, daß gleich die ersten Fränkischen Könige
von Zeit zu Zeit nicht sollten Herzoge, Grafen und
andere Edle in Geschäfften des Reichs zu Rathe ge-
zogen haben. Es finden sich vielmehr frühzeitige
Spuhren, daß man gewohnt war, alle Frühjahre

eine
C 3

4) Merovinger a) Aufkommen 486-561.
Aufenthalt angenehm machte. Nur die großen Feier-
tage Weinachten, Oſtern, Pfingſten, oder Tage, die
zu beſonderen Feierlichkeiten beſtimmt waren, brach-
ten ſie in Staͤdten zu, wo ſie alsdann ihren feier-
lichen Gottesdienſt und feierliches Hoflager (Galla-
tage) hielten. Dabey fanden ſich dann die Vor-
nehmen geiſtlichen und weltlichen Standes aus dem
ganzen Reiche oder doch aus den naͤchſtgelegenen
Gegenden ein, die ſich eine Ehre daraus machten,
den Koͤnig zu bedienen, und ihm den Hof zu ma-
chen. Die Urkunden der Koͤnige ſind deswegen
ſelten lange nach einander an einem Orte, ſondern
bald in dieſer, bald in einer andern Gegend des
Reichs ausgefertiget. Das hinderte jedoch nicht,
daß dieſe oder jene Stadt zur Hauptſtadt des gan-
zen Reichs, oder nach geſchehenen Theilungen die-
ſes oder jenen Theiles deſſelben erklaͤrt ward. So
erklaͤrte Chlodowig ſchon Paris zur Hauptſtadt.
In der Folge erſchien Metz als die Hauptſtadt von
Auſtraſien; Andere Abtheilungen der Koͤnige wur-
den auf ſolche Art nach Orleans, Soiſſons oder
anderen Staͤdten als ihren Hauptſitzen bemerklich
gemacht.

Die Franzoͤſiſchen Biſchoͤfe hat ChlodowigXXII.
ſchon auf einer Kirchenverſammlung’ zu Or-
leans,
noch in dem letzten Jahre ſeines Lebens 511.,
Berathſchlagungen anſtellen laßen, dergleichen in
der Folge mehr geſchehen. Eben ſo wenig laͤßt ſich
bezweiflen, daß gleich die erſten Fraͤnkiſchen Koͤnige
von Zeit zu Zeit nicht ſollten Herzoge, Grafen und
andere Edle in Geſchaͤfften des Reichs zu Rathe ge-
zogen haben. Es finden ſich vielmehr fruͤhzeitige
Spuhren, daß man gewohnt war, alle Fruͤhjahre

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C 3
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[37/0071] 4) Merovinger a) Aufkommen 486-561. Aufenthalt angenehm machte. Nur die großen Feier- tage Weinachten, Oſtern, Pfingſten, oder Tage, die zu beſonderen Feierlichkeiten beſtimmt waren, brach- ten ſie in Staͤdten zu, wo ſie alsdann ihren feier- lichen Gottesdienſt und feierliches Hoflager (Galla- tage) hielten. Dabey fanden ſich dann die Vor- nehmen geiſtlichen und weltlichen Standes aus dem ganzen Reiche oder doch aus den naͤchſtgelegenen Gegenden ein, die ſich eine Ehre daraus machten, den Koͤnig zu bedienen, und ihm den Hof zu ma- chen. Die Urkunden der Koͤnige ſind deswegen ſelten lange nach einander an einem Orte, ſondern bald in dieſer, bald in einer andern Gegend des Reichs ausgefertiget. Das hinderte jedoch nicht, daß dieſe oder jene Stadt zur Hauptſtadt des gan- zen Reichs, oder nach geſchehenen Theilungen die- ſes oder jenen Theiles deſſelben erklaͤrt ward. So erklaͤrte Chlodowig ſchon Paris zur Hauptſtadt. In der Folge erſchien Metz als die Hauptſtadt von Auſtraſien; Andere Abtheilungen der Koͤnige wur- den auf ſolche Art nach Orleans, Soiſſons oder anderen Staͤdten als ihren Hauptſitzen bemerklich gemacht. Die Franzoͤſiſchen Biſchoͤfe hat Chlodowig ſchon auf einer Kirchenverſammlung’ zu Or- leans, noch in dem letzten Jahre ſeines Lebens 511., Berathſchlagungen anſtellen laßen, dergleichen in der Folge mehr geſchehen. Eben ſo wenig laͤßt ſich bezweiflen, daß gleich die erſten Fraͤnkiſchen Koͤnige von Zeit zu Zeit nicht ſollten Herzoge, Grafen und andere Edle in Geſchaͤfften des Reichs zu Rathe ge- zogen haben. Es finden ſich vielmehr fruͤhzeitige Spuhren, daß man gewohnt war, alle Fruͤhjahre eine XXII. C 3

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/71>, abgerufen am 30.04.2024.