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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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3) Verfass. der geistl. Länder.
oder die Kirche betreffen, nichts verbindliches vor-
genommen werden darf.

Als Wahlfürstenthümer haben diese LänderII.
noch eine besondere Aehnlichkeit mit der Teutschen
Reichsverfassung. Wie da einem jeden Kaiser oder
Römischen Könige bey seiner Wahl eine Wahlca-
pitulation vorgelegt wird; so müßen die meisten
geistlichen Fürsten auch bey ihrer Wahl eine Ca-
pitulation
beschwören, die ihnen das Domcapitel
vorlegt (l). Nach Vorschrift des päbstlich canoni-
schen Rechts und nach der Art, wie von Rechts
wegen alle geistliche Stellen ohne alle andere Rück-
sicht nur nach Würde der Person besetzt, keines-
weges aber durch Geld oder andere Vortheile er-
langt werden sollten, versteht sich freylich, daß
ein wehlendes Domcapitel von dem zu wehlenden
geistlichen Fürsten sich keine Vortheile versprechen
laßen darf, ohne in den Vorwurf einer Simonie
zu fallen; wie dann verschiedene Fürsten aus die-
sem Grunde von Päbsten und Kaisern von der
Verbindlichkeit solcher Capitulationen losgesprochen,
und diese zum Theil für null und nichtig erklärt
worden sind. Sofern jedoch eine bischöfliche oder
erzbischöfliche Wahlcapitulation nur solcher Ver-
sprechungen, die bloß dem wehlenden Domcapitel
zum Vortheile gereichen, sich enthält, und nur auf
solche Dinge, die der Verfassung unserer Teutschen
Länder und der catholischen Kirche ohnedem gemäß
sind, sich einschränkt; so ist dabey nichts zu erin-
nern. Für das Bisthum Osnabrück gab selbst
der Westphälische Friede die Verordnung, daß eine
beständige Wahlcapitulation zwischen dem Domca-

pitel
(l) Oben Th. 1. S. 158.

3) Verfaſſ. der geiſtl. Laͤnder.
oder die Kirche betreffen, nichts verbindliches vor-
genommen werden darf.

Als Wahlfuͤrſtenthuͤmer haben dieſe LaͤnderII.
noch eine beſondere Aehnlichkeit mit der Teutſchen
Reichsverfaſſung. Wie da einem jeden Kaiſer oder
Roͤmiſchen Koͤnige bey ſeiner Wahl eine Wahlca-
pitulation vorgelegt wird; ſo muͤßen die meiſten
geiſtlichen Fuͤrſten auch bey ihrer Wahl eine Ca-
pitulation
beſchwoͤren, die ihnen das Domcapitel
vorlegt (l). Nach Vorſchrift des paͤbſtlich canoni-
ſchen Rechts und nach der Art, wie von Rechts
wegen alle geiſtliche Stellen ohne alle andere Ruͤck-
ſicht nur nach Wuͤrde der Perſon beſetzt, keines-
weges aber durch Geld oder andere Vortheile er-
langt werden ſollten, verſteht ſich freylich, daß
ein wehlendes Domcapitel von dem zu wehlenden
geiſtlichen Fuͤrſten ſich keine Vortheile verſprechen
laßen darf, ohne in den Vorwurf einer Simonie
zu fallen; wie dann verſchiedene Fuͤrſten aus die-
ſem Grunde von Paͤbſten und Kaiſern von der
Verbindlichkeit ſolcher Capitulationen losgeſprochen,
und dieſe zum Theil fuͤr null und nichtig erklaͤrt
worden ſind. Sofern jedoch eine biſchoͤfliche oder
erzbiſchoͤfliche Wahlcapitulation nur ſolcher Ver-
ſprechungen, die bloß dem wehlenden Domcapitel
zum Vortheile gereichen, ſich enthaͤlt, und nur auf
ſolche Dinge, die der Verfaſſung unſerer Teutſchen
Laͤnder und der catholiſchen Kirche ohnedem gemaͤß
ſind, ſich einſchraͤnkt; ſo iſt dabey nichts zu erin-
nern. Fuͤr das Biſthum Osnabruͤck gab ſelbſt
der Weſtphaͤliſche Friede die Verordnung, daß eine
beſtaͤndige Wahlcapitulation zwiſchen dem Domca-

pitel
(l) Oben Th. 1. S. 158.
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[173/0215] 3) Verfaſſ. der geiſtl. Laͤnder. oder die Kirche betreffen, nichts verbindliches vor- genommen werden darf. Als Wahlfuͤrſtenthuͤmer haben dieſe Laͤnder noch eine beſondere Aehnlichkeit mit der Teutſchen Reichsverfaſſung. Wie da einem jeden Kaiſer oder Roͤmiſchen Koͤnige bey ſeiner Wahl eine Wahlca- pitulation vorgelegt wird; ſo muͤßen die meiſten geiſtlichen Fuͤrſten auch bey ihrer Wahl eine Ca- pitulation beſchwoͤren, die ihnen das Domcapitel vorlegt (l). Nach Vorſchrift des paͤbſtlich canoni- ſchen Rechts und nach der Art, wie von Rechts wegen alle geiſtliche Stellen ohne alle andere Ruͤck- ſicht nur nach Wuͤrde der Perſon beſetzt, keines- weges aber durch Geld oder andere Vortheile er- langt werden ſollten, verſteht ſich freylich, daß ein wehlendes Domcapitel von dem zu wehlenden geiſtlichen Fuͤrſten ſich keine Vortheile verſprechen laßen darf, ohne in den Vorwurf einer Simonie zu fallen; wie dann verſchiedene Fuͤrſten aus die- ſem Grunde von Paͤbſten und Kaiſern von der Verbindlichkeit ſolcher Capitulationen losgeſprochen, und dieſe zum Theil fuͤr null und nichtig erklaͤrt worden ſind. Sofern jedoch eine biſchoͤfliche oder erzbiſchoͤfliche Wahlcapitulation nur ſolcher Ver- ſprechungen, die bloß dem wehlenden Domcapitel zum Vortheile gereichen, ſich enthaͤlt, und nur auf ſolche Dinge, die der Verfaſſung unſerer Teutſchen Laͤnder und der catholiſchen Kirche ohnedem gemaͤß ſind, ſich einſchraͤnkt; ſo iſt dabey nichts zu erin- nern. Fuͤr das Biſthum Osnabruͤck gab ſelbſt der Weſtphaͤliſche Friede die Verordnung, daß eine beſtaͤndige Wahlcapitulation zwiſchen dem Domca- pitel II. (l) Oben Th. 1. S. 158.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/215>, abgerufen am 02.05.2024.