die Zahl auch vielleicht übertrieben ist, läßt sich doch sicher annehmen, daß eine ungeheure Menge Rechts- sachen, die von einem Jahre zum andern noch im- mer anwuchs, immer unerörtert übrig bleiben mußten (r).
IX.
Eine gleiche Bewandtniß hatte es mit den vie- len Revisionen, deren seit 1582. keine mehr war erörtert worden; deren Anzahl aber eben deswegen zugenommen hatte, weil es damals gnug war, nur ein Revisionsgesuch anzubringen, um gegen die Vollziehung des Urtheils, das man dadurch an- focht, gesichert zu seyn. Damit war nun natür- lich beynahe das ganze Ansehen des Gerichts ver- lohren gegangen, weil den Partheyen, wenn sie auch mit Mühe und Kosten ein Urtheil erhielten, doch keinen Vortheil davon hatten, sobald ihr Ge- gner nur mit einem Revisionsgesuche die Rechts- kraft und Vollstreckung des Urtheils hemmte.
X.
Um hierwider Rath zu schaffen, beschloß der Reichsabschied, daß am 1. Nov. 1654. eine aus- serordentliche Reichsdeputation von 24. Reichs- ständen nach der Religionsgleichheit sich zu Speier einfinden, und nächst Verrichtung der Visitation die Revisionssachen unter Hand nehmen sollten, zu welchem Ende die 24. Stände in vier Senate ver- theilt werden sollten. Am 1. Nov. 1655. sollten
24.
(r) Noch der letztern 1776. verunglückten Visi- tation wurde vom Canzleyverwalter ein Verzeich- niß von 61233. Acten zugestellt. Doch ließ sich nicht genau bestimmen, wie viele Sachen darunter noch eigentlich ihre Entscheidung erwarteten. (Ba- lemanns) Beyträge zur Revision der C. G. O. (Lemgo 1778. 4.) S. 11.
VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657.
die Zahl auch vielleicht uͤbertrieben iſt, laͤßt ſich doch ſicher annehmen, daß eine ungeheure Menge Rechts- ſachen, die von einem Jahre zum andern noch im- mer anwuchs, immer uneroͤrtert uͤbrig bleiben mußten (r).
IX.
Eine gleiche Bewandtniß hatte es mit den vie- len Reviſionen, deren ſeit 1582. keine mehr war eroͤrtert worden; deren Anzahl aber eben deswegen zugenommen hatte, weil es damals gnug war, nur ein Reviſionsgeſuch anzubringen, um gegen die Vollziehung des Urtheils, das man dadurch an- focht, geſichert zu ſeyn. Damit war nun natuͤr- lich beynahe das ganze Anſehen des Gerichts ver- lohren gegangen, weil den Partheyen, wenn ſie auch mit Muͤhe und Koſten ein Urtheil erhielten, doch keinen Vortheil davon hatten, ſobald ihr Ge- gner nur mit einem Reviſionsgeſuche die Rechts- kraft und Vollſtreckung des Urtheils hemmte.
X.
Um hierwider Rath zu ſchaffen, beſchloß der Reichsabſchied, daß am 1. Nov. 1654. eine auſ- ſerordentliche Reichsdeputation von 24. Reichs- ſtaͤnden nach der Religionsgleichheit ſich zu Speier einfinden, und naͤchſt Verrichtung der Viſitation die Reviſionsſachen unter Hand nehmen ſollten, zu welchem Ende die 24. Staͤnde in vier Senate ver- theilt werden ſollten. Am 1. Nov. 1655. ſollten
24.
(r) Noch der letztern 1776. verungluͤckten Viſi- tation wurde vom Canzleyverwalter ein Verzeich- niß von 61233. Acten zugeſtellt. Doch ließ ſich nicht genau beſtimmen, wie viele Sachen darunter noch eigentlich ihre Entſcheidung erwarteten. (Ba- lemanns) Beytraͤge zur Reviſion der C. G. O. (Lemgo 1778. 4.) S. 11.
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VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657.
die Zahl auch vielleicht uͤbertrieben iſt, laͤßt ſich doch
ſicher annehmen, daß eine ungeheure Menge Rechts-
ſachen, die von einem Jahre zum andern noch im-
mer anwuchs, immer uneroͤrtert uͤbrig bleiben
mußten (r).
Eine gleiche Bewandtniß hatte es mit den vie-
len Reviſionen, deren ſeit 1582. keine mehr war
eroͤrtert worden; deren Anzahl aber eben deswegen
zugenommen hatte, weil es damals gnug war, nur
ein Reviſionsgeſuch anzubringen, um gegen die
Vollziehung des Urtheils, das man dadurch an-
focht, geſichert zu ſeyn. Damit war nun natuͤr-
lich beynahe das ganze Anſehen des Gerichts ver-
lohren gegangen, weil den Partheyen, wenn ſie
auch mit Muͤhe und Koſten ein Urtheil erhielten,
doch keinen Vortheil davon hatten, ſobald ihr Ge-
gner nur mit einem Reviſionsgeſuche die Rechts-
kraft und Vollſtreckung des Urtheils hemmte.
Um hierwider Rath zu ſchaffen, beſchloß der
Reichsabſchied, daß am 1. Nov. 1654. eine auſ-
ſerordentliche Reichsdeputation von 24. Reichs-
ſtaͤnden nach der Religionsgleichheit ſich zu Speier
einfinden, und naͤchſt Verrichtung der Viſitation
die Reviſionsſachen unter Hand nehmen ſollten, zu
welchem Ende die 24. Staͤnde in vier Senate ver-
theilt werden ſollten. Am 1. Nov. 1655. ſollten
24.
(r) Noch der letztern 1776. verungluͤckten Viſi-
tation wurde vom Canzleyverwalter ein Verzeich-
niß von 61233. Acten zugeſtellt. Doch ließ ſich
nicht genau beſtimmen, wie viele Sachen darunter
noch eigentlich ihre Entſcheidung erwarteten. (Ba-
lemanns) Beytraͤge zur Reviſion der C. G. O.
(Lemgo 1778. 4.) S. 11.
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/262>, abgerufen am 17.06.2024.
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