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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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10) Neue Stimmen im Fürstenrath.
ten die Größe mancher Fürstenthümer übertrafen,
in Fürstenstand zu erheben, sondern gerade zu an-
fiengen, bloß adeliche Geschlechter, die in den Oe-
sterreichischen Erblanden nur als Landsassen begü-
tert waren, erst zu Grafen, hernach zu Fürsten
zu machen. Wenn es dabey geblieben wäre, hät-
ten nach und nach mehr Oesterreichische Landsassen,
als ursprünglich reichsständische Familien, in den
Fürstenrath gebracht werden können; -- freylich
zum augenscheinlichen Vortheile derer, die dem
kaiserlichen Hofe eine unbeschränkte Macht über
ganz Teutschland beyzulegen wünschten; aber auch
in Vergleichung mit der wahren Teutschen Ver-
fassung so übertrieben, daß darüber am Ende auch
dieses kaiserliche Vorrecht noch mehr als ehedem
eingeschränkt wurde. -- Wahrscheinlich haben
diese Umstände schon auf dasjenige einen Einfluß
gehabt, was ich oben vom Jahre 1582. ange-
merkt habe, wie man von diesem Jahre her eine
gewisse geschlossene Zahl der Stimmen im Fürsten-
rathe angenommen hat (x).

Eben diese geschlossene Zahl der Stimmen be-X.
kam auch dadurch jetzt noch eine größere Ründung,
da endlich auch die sämmtlichen Curiatstimmen
auf diesem Reichstage völlig auf den heutigen Fuß
kamen. Bisher war nehmlich von allen Prälaten
nur eine Curiatstimme üblich gewesen, und von
den Reichsgrafen hatte man unter dem Namen der
Wetterauischen und Schwäbischen Grafen insge-
sammt nur zwey Stimmen gezehlt. Die Fränki-
schen Grafen hatten aber schon geraume Zeit her
mit den Schwäbischen Grafen, mit denen sie sonst

zusam-
(x) Oben S. 12.

10) Neue Stimmen im Fuͤrſtenrath.
ten die Groͤße mancher Fuͤrſtenthuͤmer uͤbertrafen,
in Fuͤrſtenſtand zu erheben, ſondern gerade zu an-
fiengen, bloß adeliche Geſchlechter, die in den Oe-
ſterreichiſchen Erblanden nur als Landſaſſen beguͤ-
tert waren, erſt zu Grafen, hernach zu Fuͤrſten
zu machen. Wenn es dabey geblieben waͤre, haͤt-
ten nach und nach mehr Oeſterreichiſche Landſaſſen,
als urſpruͤnglich reichsſtaͤndiſche Familien, in den
Fuͤrſtenrath gebracht werden koͤnnen; — freylich
zum augenſcheinlichen Vortheile derer, die dem
kaiſerlichen Hofe eine unbeſchraͤnkte Macht uͤber
ganz Teutſchland beyzulegen wuͤnſchten; aber auch
in Vergleichung mit der wahren Teutſchen Ver-
faſſung ſo uͤbertrieben, daß daruͤber am Ende auch
dieſes kaiſerliche Vorrecht noch mehr als ehedem
eingeſchraͤnkt wurde. — Wahrſcheinlich haben
dieſe Umſtaͤnde ſchon auf dasjenige einen Einfluß
gehabt, was ich oben vom Jahre 1582. ange-
merkt habe, wie man von dieſem Jahre her eine
gewiſſe geſchloſſene Zahl der Stimmen im Fuͤrſten-
rathe angenommen hat (x).

Eben dieſe geſchloſſene Zahl der Stimmen be-X.
kam auch dadurch jetzt noch eine groͤßere Ruͤndung,
da endlich auch die ſaͤmmtlichen Curiatſtimmen
auf dieſem Reichstage voͤllig auf den heutigen Fuß
kamen. Bisher war nehmlich von allen Praͤlaten
nur eine Curiatſtimme uͤblich geweſen, und von
den Reichsgrafen hatte man unter dem Namen der
Wetterauiſchen und Schwaͤbiſchen Grafen insge-
ſammt nur zwey Stimmen gezehlt. Die Fraͤnki-
ſchen Grafen hatten aber ſchon geraume Zeit her
mit den Schwaͤbiſchen Grafen, mit denen ſie ſonſt

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(x) Oben S. 12.
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[253/0295] 10) Neue Stimmen im Fuͤrſtenrath. ten die Groͤße mancher Fuͤrſtenthuͤmer uͤbertrafen, in Fuͤrſtenſtand zu erheben, ſondern gerade zu an- fiengen, bloß adeliche Geſchlechter, die in den Oe- ſterreichiſchen Erblanden nur als Landſaſſen beguͤ- tert waren, erſt zu Grafen, hernach zu Fuͤrſten zu machen. Wenn es dabey geblieben waͤre, haͤt- ten nach und nach mehr Oeſterreichiſche Landſaſſen, als urſpruͤnglich reichsſtaͤndiſche Familien, in den Fuͤrſtenrath gebracht werden koͤnnen; — freylich zum augenſcheinlichen Vortheile derer, die dem kaiſerlichen Hofe eine unbeſchraͤnkte Macht uͤber ganz Teutſchland beyzulegen wuͤnſchten; aber auch in Vergleichung mit der wahren Teutſchen Ver- faſſung ſo uͤbertrieben, daß daruͤber am Ende auch dieſes kaiſerliche Vorrecht noch mehr als ehedem eingeſchraͤnkt wurde. — Wahrſcheinlich haben dieſe Umſtaͤnde ſchon auf dasjenige einen Einfluß gehabt, was ich oben vom Jahre 1582. ange- merkt habe, wie man von dieſem Jahre her eine gewiſſe geſchloſſene Zahl der Stimmen im Fuͤrſten- rathe angenommen hat (x). Eben dieſe geſchloſſene Zahl der Stimmen be- kam auch dadurch jetzt noch eine groͤßere Ruͤndung, da endlich auch die ſaͤmmtlichen Curiatſtimmen auf dieſem Reichstage voͤllig auf den heutigen Fuß kamen. Bisher war nehmlich von allen Praͤlaten nur eine Curiatſtimme uͤblich geweſen, und von den Reichsgrafen hatte man unter dem Namen der Wetterauiſchen und Schwaͤbiſchen Grafen insge- ſammt nur zwey Stimmen gezehlt. Die Fraͤnki- ſchen Grafen hatten aber ſchon geraume Zeit her mit den Schwaͤbiſchen Grafen, mit denen ſie ſonſt zuſam- X. (x) Oben S. 12.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/295>, abgerufen am 27.04.2024.