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Pufendorf, Samuel von: Bericht Vom Zustande des Teutschen Reichs. [s. l.], 1667.

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Vom Zustand
Bürger nennet/ welcher das Recht zu
rathschlagen/ und eine Stimme in dem
Regiment zu geben hat. Wenn wir dieses
annehmen/ wird traun das Teutsche Reich
eine democratia seyn/ als dessen Bürger
allein die Stände sind/ welche alle und jeg-
liche freylich das Recht von dem Regiment
zu rathschlagen und etwas zu beschliessen
auff dem Reichstage haben. Dem Käy-
ser aber wird es als einem eigentlich so ge-
nanten Fürsten zukommen. Der jenige
muß aber gar unbedachtsamb seyn/ der die-
se Aristotelische definition weiter als
auff die Bürger/ so in den Griechischen
democratien lebeten/ außdehnen wolle:
Denn wer wolte freyen Menschen und
Hausvätern die in einem Reich oder Ari-
stocratia
leben den Bürger Nahmen ver-
weigern/ ob gleich solche zu keinem theil des
Regiments gelassen werden? Oder wer
wolte sagen/ daß in einem Reiche der Kö-
nig/ und in einer Aristocratia die Raths-
herren allein Bürger seyn.

Die

Vom Zuſtand
Buͤrger nennet/ welcher das Recht zu
rathſchlagen/ und eine Stimme in dem
Regiment zu geben hat. Wenn wir dieſes
annehmen/ wird traun das Teutſche Reich
eine democratia ſeyn/ als deſſen Buͤrger
allein die Staͤnde ſind/ welche alle und jeg-
liche freylich das Recht von dem Regiment
zu rathſchlagen und etwas zu beſchlieſſen
auff dem Reichstage haben. Dem Kaͤy-
ſer aber wird es als einem eigentlich ſo ge-
nanten Fuͤrſten zukommen. Der jenige
muß aber gar unbedachtſamb ſeyn/ der die-
ſe Ariſtoteliſche definition weiter als
auff die Buͤrger/ ſo in den Griechiſchen
democratien lebeten/ außdehnen wolle:
Denn wer wolte freyen Menſchen und
Hausvaͤtern die in einem Reich oder Ari-
ſtocratia
leben den Buͤrger Nahmen ver-
weigern/ ob gleich ſolche zu keinem theil des
Regiments gelaſſen werden? Oder wer
wolte ſagen/ daß in einem Reiche der Koͤ-
nig/ und in einer Ariſtocratia die Raths-
herren allein Buͤrger ſeyn.

Die
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[212/0234] Vom Zuſtand Buͤrger nennet/ welcher das Recht zu rathſchlagen/ und eine Stimme in dem Regiment zu geben hat. Wenn wir dieſes annehmen/ wird traun das Teutſche Reich eine democratia ſeyn/ als deſſen Buͤrger allein die Staͤnde ſind/ welche alle und jeg- liche freylich das Recht von dem Regiment zu rathſchlagen und etwas zu beſchlieſſen auff dem Reichstage haben. Dem Kaͤy- ſer aber wird es als einem eigentlich ſo ge- nanten Fuͤrſten zukommen. Der jenige muß aber gar unbedachtſamb ſeyn/ der die- ſe Ariſtoteliſche definition weiter als auff die Buͤrger/ ſo in den Griechiſchen democratien lebeten/ außdehnen wolle: Denn wer wolte freyen Menſchen und Hausvaͤtern die in einem Reich oder Ari- ſtocratia leben den Buͤrger Nahmen ver- weigern/ ob gleich ſolche zu keinem theil des Regiments gelaſſen werden? Oder wer wolte ſagen/ daß in einem Reiche der Koͤ- nig/ und in einer Ariſtocratia die Raths- herren allein Buͤrger ſeyn. Die

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Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Bericht Vom Zustande des Teutschen Reichs. [s. l.], 1667, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_bericht_1667/234>, abgerufen am 29.04.2024.