Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Das XII. Capitel
nun/ darauß nachmahls eine so schlim-
me Art von pedanterie entstanden/ da
vorhin das Seculum ziemlich gelehrt ge-
wesen/ haben verschiedene Ursachen ge-
holffen. Ein gut Theil davon rührete
her von dem Einfall der zwar streitba-
ren/ aber ungelehrten Völcker in die
Westlichen Provintzien des Römischen
Reichs: worauß ein und ander Seculum
grosse Zerrüttung/ unbeständige Regie-
rung/ greuliche Kriege/ jämmerlich
Landsverderben/ und elende Zeiten em-
pfunden. Denn es sind die Studien
Töchter des Friedens und der Glücksee-
ligkeit. Jm Kriege/ und wo es im
Staat übel hergehet/ kommen sie in
schlechte Consideration, und hat man
da nicht viel Zeit an die Bücher zuge-
dencken. Da werden die Schulen ver-
störet/ und lauft einer hier der ander
dar hinauß; und dienet alsdenn besser
eine Patrontasche/ als den Schulsack an-
zuhencken. Sonderlich müssen die ar-
men Schulmeister ihren Kram einlegen/
wenn der sieghafte Feind selbst von Stu-
dien nichts weis/ noch selbige aestimiret.
Es wollen auch einige behaupten/ daß
die Clerisey etwas darzu geholffen ha-
be. Denn weil die Philosophi unter
den Heidnischen Käysern ihnen viel

Trang-

Das XII. Capitel
nun/ darauß nachmahls eine ſo ſchlim-
me Art von pedanterie entſtanden/ da
vorhin das Seculum ziemlich gelehrt ge-
weſen/ haben verſchiedene Urſachen ge-
holffen. Ein gut Theil davon ruͤhrete
her von dem Einfall der zwar ſtreitba-
ren/ aber ungelehrten Voͤlcker in die
Weſtlichen Provintzien des Roͤmiſchen
Reichs: worauß ein und ander Seculum
groſſe Zerruͤttung/ unbeſtaͤndige Regie-
rung/ greuliche Kriege/ jaͤmmerlich
Landsverderben/ und elende Zeiten em-
pfunden. Denn es ſind die Studien
Toͤchter des Friedens und der Gluͤckſee-
ligkeit. Jm Kriege/ und wo es im
Staat uͤbel hergehet/ kommen ſie in
ſchlechte Conſideration, und hat man
da nicht viel Zeit an die Buͤcher zuge-
dencken. Da werden die Schulen ver-
ſtoͤret/ und lauft einer hier der ander
dar hinauß; und dienet alsdenn beſſer
eine Patrontaſche/ als den Schulſack an-
zuhencken. Sonderlich muͤſſen die ar-
men Schulmeiſter ihren Kram einlegen/
wenn der ſieghafte Feind ſelbſt von Stu-
dien nichts weis/ noch ſelbige æſtimiret.
Es wollen auch einige behaupten/ daß
die Cleriſey etwas darzu geholffen ha-
be. Denn weil die Philoſophi unter
den Heidniſchen Kaͤyſern ihnen viel

Trang-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0788" n="758"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">XII.</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
nun/ darauß nachmahls eine &#x017F;o &#x017F;chlim-<lb/>
me Art von <hi rendition="#aq">pedanterie</hi> ent&#x017F;tanden/ da<lb/>
vorhin das <hi rendition="#aq">Seculum</hi> ziemlich gelehrt ge-<lb/>
we&#x017F;en/ haben ver&#x017F;chiedene Ur&#x017F;achen ge-<lb/>
holffen. Ein gut Theil davon ru&#x0364;hrete<lb/>
her von dem Einfall der zwar &#x017F;treitba-<lb/>
ren/ aber ungelehrten Vo&#x0364;lcker in die<lb/>
We&#x017F;tlichen Provintzien des Ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
Reichs: worauß ein und ander <hi rendition="#aq">Seculum</hi><lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Zerru&#x0364;ttung/ unbe&#x017F;ta&#x0364;ndige Regie-<lb/>
rung/ greuliche Kriege/ ja&#x0364;mmerlich<lb/>
Landsverderben/ und elende Zeiten em-<lb/>
pfunden. Denn es &#x017F;ind die <hi rendition="#aq">Studien</hi><lb/>
To&#x0364;chter des Friedens und der Glu&#x0364;ck&#x017F;ee-<lb/>
ligkeit. Jm Kriege/ und wo es im<lb/>
Staat u&#x0364;bel hergehet/ kommen &#x017F;ie in<lb/>
&#x017F;chlechte <hi rendition="#aq">Con&#x017F;ideration,</hi> und hat man<lb/>
da nicht viel Zeit an die Bu&#x0364;cher zuge-<lb/>
dencken. Da werden die Schulen ver-<lb/>
&#x017F;to&#x0364;ret/ und lauft einer hier der ander<lb/>
dar hinauß; und dienet alsdenn be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
eine Patronta&#x017F;che/ als den Schul&#x017F;ack an-<lb/>
zuhencken. Sonderlich mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die ar-<lb/>
men Schulmei&#x017F;ter ihren Kram einlegen/<lb/>
wenn der &#x017F;ieghafte Feind &#x017F;elb&#x017F;t von Stu-<lb/>
dien nichts weis/ noch &#x017F;elbige <hi rendition="#aq">æ&#x017F;timir</hi>et.<lb/>
Es wollen auch einige behaupten/ daß<lb/>
die Cleri&#x017F;ey etwas darzu geholffen ha-<lb/>
be. Denn weil die <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophi</hi> unter<lb/>
den Heidni&#x017F;chen Ka&#x0364;y&#x017F;ern ihnen viel<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Trang-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[758/0788] Das XII. Capitel nun/ darauß nachmahls eine ſo ſchlim- me Art von pedanterie entſtanden/ da vorhin das Seculum ziemlich gelehrt ge- weſen/ haben verſchiedene Urſachen ge- holffen. Ein gut Theil davon ruͤhrete her von dem Einfall der zwar ſtreitba- ren/ aber ungelehrten Voͤlcker in die Weſtlichen Provintzien des Roͤmiſchen Reichs: worauß ein und ander Seculum groſſe Zerruͤttung/ unbeſtaͤndige Regie- rung/ greuliche Kriege/ jaͤmmerlich Landsverderben/ und elende Zeiten em- pfunden. Denn es ſind die Studien Toͤchter des Friedens und der Gluͤckſee- ligkeit. Jm Kriege/ und wo es im Staat uͤbel hergehet/ kommen ſie in ſchlechte Conſideration, und hat man da nicht viel Zeit an die Buͤcher zuge- dencken. Da werden die Schulen ver- ſtoͤret/ und lauft einer hier der ander dar hinauß; und dienet alsdenn beſſer eine Patrontaſche/ als den Schulſack an- zuhencken. Sonderlich muͤſſen die ar- men Schulmeiſter ihren Kram einlegen/ wenn der ſieghafte Feind ſelbſt von Stu- dien nichts weis/ noch ſelbige æſtimiret. Es wollen auch einige behaupten/ daß die Cleriſey etwas darzu geholffen ha- be. Denn weil die Philoſophi unter den Heidniſchen Kaͤyſern ihnen viel Trang-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/788
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 758. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/788>, abgerufen am 28.04.2024.