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Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.

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drittes Capitel.
sitiones vorhanden wären; sondern
es hat vielmehr damit diese Mei-
nung/ theils/ daß vielgedachtes Ge-
setze durch das Licht der Vernunfft
aufgesuchet werden können; theils
auch/ daß zum wenigsten die allge-
meinen und vornehmsten Haupt-
Stücke derer Natürlichen Rechte so
helle und klar seyn/ daß man denen-
selben allsogleich beyfallen muß/ und
sie sich in unsern Gemüthe dermas-
sen feste einsetzen/ daß es ohnmöglich
ist/ sie gantz wieder daraus zu ver-
tilgen/ ob auch schon ein gottloser
Mensch die Fühlung deroselben/ zu
Besänfftigung seines sonst nagenden
Gewissens/ mit allem Fleiß zu ertöd-
ten trachtet. Und in diesem Verstan-
de saget die heilige Schrifft/ daß sie
in des Menschen Hertzen be-
schrieben stünden.
Daher kömmts
auch/ daß/ in dem wir sie stracks von
unserer Kindheit an/ durch diejenige

Zucht/
E

drittes Capitel.
ſitiones vorhanden waͤren; ſondern
es hat vielmehr damit dieſe Mei-
nung/ theils/ daß vielgedachtes Ge-
ſetze durch das Licht der Vernunfft
aufgeſuchet werden koͤnnen; theils
auch/ daß zum wenigſten die allge-
meinen und vornehmſten Haupt-
Stuͤcke derer Natuͤrlichen Rechte ſo
helle und klar ſeyn/ daß man denen-
ſelben allſogleich beyfallen muß/ und
ſie ſich in unſern Gemuͤthe dermaſ-
ſen feſte einſetzen/ daß es ohnmoͤglich
iſt/ ſie gantz wieder daraus zu ver-
tilgen/ ob auch ſchon ein gottloſer
Menſch die Fuͤhlung deroſelben/ zu
Beſaͤnfftigung ſeines ſonſt nagenden
Gewiſſens/ mit allem Fleiß zu ertoͤd-
ten trachtet. Und in dieſem Verſtan-
de ſaget die heilige Schrifft/ daß ſie
in des Menſchen Hertzen be-
ſchrieben ſtuͤnden.
Daher koͤmmts
auch/ daß/ in dem wir ſie ſtracks von
unſerer Kindheit an/ durch diejenige

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[85/0149] drittes Capitel. ſitiones vorhanden waͤren; ſondern es hat vielmehr damit dieſe Mei- nung/ theils/ daß vielgedachtes Ge- ſetze durch das Licht der Vernunfft aufgeſuchet werden koͤnnen; theils auch/ daß zum wenigſten die allge- meinen und vornehmſten Haupt- Stuͤcke derer Natuͤrlichen Rechte ſo helle und klar ſeyn/ daß man denen- ſelben allſogleich beyfallen muß/ und ſie ſich in unſern Gemuͤthe dermaſ- ſen feſte einſetzen/ daß es ohnmoͤglich iſt/ ſie gantz wieder daraus zu ver- tilgen/ ob auch ſchon ein gottloſer Menſch die Fuͤhlung deroſelben/ zu Beſaͤnfftigung ſeines ſonſt nagenden Gewiſſens/ mit allem Fleiß zu ertoͤd- ten trachtet. Und in dieſem Verſtan- de ſaget die heilige Schrifft/ daß ſie in des Menſchen Hertzen be- ſchrieben ſtuͤnden. Daher koͤmmts auch/ daß/ in dem wir ſie ſtracks von unſerer Kindheit an/ durch diejenige Zucht/ E

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Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/149>, abgerufen am 27.04.2024.