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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

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an seine Mohrrübe that, an einem Rosenstrauch roch,
welchen er ebenfalls herausgewühlt hatte, so sagte ich:
Ich habe keine Zeit mehr und ..."

"Onkel Wachholder," unterbricht jetzt Gustav, "ich
verband das Schöne mit dem Nützlichen! Mama, sind
rohe Mohrrüben nicht etwa gut gegen Würmer?" ....

... Ich habe keine Zeit mehr und wenn Du den
Korb einmal nicht wieder herausgeben willst, so behalte
ihn und schleppe ihn, meinetwegen!" --

"Siehst Du! Seht Ihr! Da gesteht sie ihre Schlech-
tigkeit selbst ein. Denken Sie, Onkel Wachholder, auf
einmal dreht sie sich um, rennt davon wie eine Gazelle
und läßt mich an der Ecke stehen wie ein Kameel, bela-
den mit Rosen von Schiras und Gemüse aus dem Thal
von Scham. Elise, Lischen, Cousine Ralff! rufe ich
aus vollem Halse; Lise mit dem Korb kann ich doch
nicht in's Atelier gehen! Himmlische Cousine Lischen,
befreie mich von diesem Stillleben! -- Wer aber nicht
hört, ist Elise. Was war zu thun? Ich setze mich in
Trab; mit Korb und Mappe, mit Rüben und Rosen
hinter ihr her. Solch' eine Jagd! -- Von Zeit zu Zeit
sehe ich ihren Strohhut oder ihr blaues Kleid zwischen
dem Schwefelholz-, Härings-, Butter- und Käsehandel,
-- ich glaube sie zu haben -- Täuschung, da ist sie wie-
der hinter einer Bude verschwunden! Ich fange an, dem

an ſeine Mohrrübe that, an einem Roſenſtrauch roch,
welchen er ebenfalls herausgewühlt hatte, ſo ſagte ich:
Ich habe keine Zeit mehr und …“

„Onkel Wachholder,“ unterbricht jetzt Guſtav, „ich
verband das Schöne mit dem Nützlichen! Mama, ſind
rohe Mohrrüben nicht etwa gut gegen Würmer?“ ....

… Ich habe keine Zeit mehr und wenn Du den
Korb einmal nicht wieder herausgeben willſt, ſo behalte
ihn und ſchleppe ihn, meinetwegen!“ —

„Siehſt Du! Seht Ihr! Da geſteht ſie ihre Schlech-
tigkeit ſelbſt ein. Denken Sie, Onkel Wachholder, auf
einmal dreht ſie ſich um, rennt davon wie eine Gazelle
und läßt mich an der Ecke ſtehen wie ein Kameel, bela-
den mit Roſen von Schiras und Gemüſe aus dem Thal
von Schâm. Eliſe, Lischen, Couſine Ralff! rufe ich
aus vollem Halſe; Liſe mit dem Korb kann ich doch
nicht in’s Atelier gehen! Himmliſche Couſine Lischen,
befreie mich von dieſem Stillleben! — Wer aber nicht
hört, iſt Eliſe. Was war zu thun? Ich ſetze mich in
Trab; mit Korb und Mappe, mit Rüben und Roſen
hinter ihr her. Solch’ eine Jagd! — Von Zeit zu Zeit
ſehe ich ihren Strohhut oder ihr blaues Kleid zwiſchen
dem Schwefelholz-, Härings-, Butter- und Käſehandel,
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[196/0206] an ſeine Mohrrübe that, an einem Roſenſtrauch roch, welchen er ebenfalls herausgewühlt hatte, ſo ſagte ich: Ich habe keine Zeit mehr und …“ „Onkel Wachholder,“ unterbricht jetzt Guſtav, „ich verband das Schöne mit dem Nützlichen! Mama, ſind rohe Mohrrüben nicht etwa gut gegen Würmer?“ .... … Ich habe keine Zeit mehr und wenn Du den Korb einmal nicht wieder herausgeben willſt, ſo behalte ihn und ſchleppe ihn, meinetwegen!“ — „Siehſt Du! Seht Ihr! Da geſteht ſie ihre Schlech- tigkeit ſelbſt ein. Denken Sie, Onkel Wachholder, auf einmal dreht ſie ſich um, rennt davon wie eine Gazelle und läßt mich an der Ecke ſtehen wie ein Kameel, bela- den mit Roſen von Schiras und Gemüſe aus dem Thal von Schâm. Eliſe, Lischen, Couſine Ralff! rufe ich aus vollem Halſe; Liſe mit dem Korb kann ich doch nicht in’s Atelier gehen! Himmliſche Couſine Lischen, befreie mich von dieſem Stillleben! — Wer aber nicht hört, iſt Eliſe. Was war zu thun? Ich ſetze mich in Trab; mit Korb und Mappe, mit Rüben und Roſen hinter ihr her. Solch’ eine Jagd! — Von Zeit zu Zeit ſehe ich ihren Strohhut oder ihr blaues Kleid zwiſchen dem Schwefelholz-, Härings-, Butter- und Käſehandel, — ich glaube ſie zu haben — Täuſchung, da iſt ſie wie- der hinter einer Bude verſchwunden! Ich fange an, dem

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/206>, abgerufen am 05.05.2024.