Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857."Als ich sie da fand," sagte Burchhard, "hielt sie Der Alte führte mich seitab in den Wald, wo ein "Da!" sagte er plötzlich und schleuderte den kleinen An jenem Abend noch starb mein Oheim und ich „Als ich ſie da fand,“ ſagte Burchhard, „hielt ſie Der Alte führte mich ſeitab in den Wald, wo ein „Da!“ ſagte er plötzlich und ſchleuderte den kleinen An jenem Abend noch ſtarb mein Oheim und ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0070" n="60"/> <p>„Als ich ſie da fand,“ ſagte Burchhard, „hielt ſie<lb/> die eine Hand feſt zu und das Gold eines Ringes ſchim-<lb/> merte durch die ſtarren Finger. Komm mit!“ —</p><lb/> <p>Der Alte führte mich ſeitab in den Wald, wo ein<lb/> Stein mit einem Kreuz bezeichnet im Mooſe lag. Er<lb/> knieete nieder, hob ihn weg und wühlte eine Zeitlang<lb/> in der Erde.</p><lb/> <p>„Da!“ ſagte er plötzlich und ſchleuderte den kleinen<lb/> goldenen Reif, als habe er eine Schlange berührt, in’s<lb/> Gras. Es war auch eine Schlange, die einen wappen-<lb/> geſchmückten Rubin mit Kopf und Schweifende umſchlang.<lb/> „Du wirſt ihn in dieſem Käſtchen finden, Johannes!“ —</p><lb/> <p>An jenem Abend noch ſtarb mein Oheim und ich<lb/> führte ſeine Leiche, wie du weißt, Johannes, nach Ul-<lb/> felden. Ich weiß nicht, der Tod des alten Mannes<lb/> erſchien mir als gleichgültig im Vergleich mit dem<lb/> Schrecklichen, welches mir enthüllt war. — Es war<lb/> übrigens ein ſeltſamer Zug; wir hatten den ſchwarzen<lb/> Sarg auf einen niedern Wagen mit Zweigen und Wald-<lb/> blumen geſchmückt, geſtellt; die Holzhauer mit ihren<lb/> Aexten, die umwohnenden Köhler mit ihren Schürſtan-<lb/> gen gaben ihm das Geleit. Dicht hinter dem Sarg<lb/> ſchritt der alte Burchhard, die Büchſe und das Wald-<lb/> horn über der Schulter, die Hunde um ihn her. Von<lb/> Zeit zu Zeit bließ er eine luſtige, ſchmetternde Jäger-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [60/0070]
„Als ich ſie da fand,“ ſagte Burchhard, „hielt ſie
die eine Hand feſt zu und das Gold eines Ringes ſchim-
merte durch die ſtarren Finger. Komm mit!“ —
Der Alte führte mich ſeitab in den Wald, wo ein
Stein mit einem Kreuz bezeichnet im Mooſe lag. Er
knieete nieder, hob ihn weg und wühlte eine Zeitlang
in der Erde.
„Da!“ ſagte er plötzlich und ſchleuderte den kleinen
goldenen Reif, als habe er eine Schlange berührt, in’s
Gras. Es war auch eine Schlange, die einen wappen-
geſchmückten Rubin mit Kopf und Schweifende umſchlang.
„Du wirſt ihn in dieſem Käſtchen finden, Johannes!“ —
An jenem Abend noch ſtarb mein Oheim und ich
führte ſeine Leiche, wie du weißt, Johannes, nach Ul-
felden. Ich weiß nicht, der Tod des alten Mannes
erſchien mir als gleichgültig im Vergleich mit dem
Schrecklichen, welches mir enthüllt war. — Es war
übrigens ein ſeltſamer Zug; wir hatten den ſchwarzen
Sarg auf einen niedern Wagen mit Zweigen und Wald-
blumen geſchmückt, geſtellt; die Holzhauer mit ihren
Aexten, die umwohnenden Köhler mit ihren Schürſtan-
gen gaben ihm das Geleit. Dicht hinter dem Sarg
ſchritt der alte Burchhard, die Büchſe und das Wald-
horn über der Schulter, die Hunde um ihn her. Von
Zeit zu Zeit bließ er eine luſtige, ſchmetternde Jäger-
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