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Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

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Hand darauf, Jungfer Quakatz: ich komme wieder
und behalte mir bis dahin alle meine Rechte hier an
dieser Erdstelle vor, und den seligen Kienbaum soll
doch noch der Teufel holen. Sage es Deinem Vater,
wenn er nach Hause kommt, daß ich es gesagt habe,
Tinchen. Und Du, feiner Eduard, bitte, sieh gütigst
noch mal hinein in die schöne Landschaft und auf
die liebe Vaterstadt -- Schade daß jetzt grade nicht
die Glocken dazu läuten. So ist's recht, verlegener
Jüngling -- -- --

Ich sehe mich wirklich um -- verschüchtert, ver-
stört, verlegen. Ich sehe hinaus in die Landschaft
und auf die Stadt drunten im Thale -- kurz, --
ich sehe weg, und vernehme im klingenden, summen-
den Ohre, hinter meinem Rücken, auf der alten Wall-
höhe des siebenjährigen Krieges, rasch hintereinander
folgende Töne, die ich nur mit dem Namen Stopf-
kuchen ganz und gar in Einklang zu bringen weiß.
Dazwischen ein unterdrücktes Geschluchz und Gekicher
und dazu die Worte: "Ach Heinrich, Heinrich!"

-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --

Als ich wieder aufsehe, ist weiter nichts vorge-
fallen, als daß die Jahre hingegangen sind,
und daß die langen Wogen des großen Meeres
unter dem Schiffe weiter rollen, und es gegenwärtig
gutmüthig, ohne zu arges Rollen, Schütteln und
Schüttern weiter tragen, dem Kap der guten Hoff-
nung zu.


Hand darauf, Jungfer Quakatz: ich komme wieder
und behalte mir bis dahin alle meine Rechte hier an
dieſer Erdſtelle vor, und den ſeligen Kienbaum ſoll
doch noch der Teufel holen. Sage es Deinem Vater,
wenn er nach Hauſe kommt, daß ich es geſagt habe,
Tinchen. Und Du, feiner Eduard, bitte, ſieh gütigſt
noch mal hinein in die ſchöne Landſchaft und auf
die liebe Vaterſtadt — Schade daß jetzt grade nicht
die Glocken dazu läuten. So iſt's recht, verlegener
Jüngling — — —

Ich ſehe mich wirklich um — verſchüchtert, ver-
ſtört, verlegen. Ich ſehe hinaus in die Landſchaft
und auf die Stadt drunten im Thale — kurz, —
ich ſehe weg, und vernehme im klingenden, ſummen-
den Ohre, hinter meinem Rücken, auf der alten Wall-
höhe des ſiebenjährigen Krieges, raſch hintereinander
folgende Töne, die ich nur mit dem Namen Stopf-
kuchen ganz und gar in Einklang zu bringen weiß.
Dazwiſchen ein unterdrücktes Geſchluchz und Gekicher
und dazu die Worte: „Ach Heinrich, Heinrich!“

— — — — — — — — — — —

Als ich wieder aufſehe, iſt weiter nichts vorge-
fallen, als daß die Jahre hingegangen ſind,
und daß die langen Wogen des großen Meeres
unter dem Schiffe weiter rollen, und es gegenwärtig
gutmüthig, ohne zu arges Rollen, Schütteln und
Schüttern weiter tragen, dem Kap der guten Hoff-
nung zu.


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[59/0069] Hand darauf, Jungfer Quakatz: ich komme wieder und behalte mir bis dahin alle meine Rechte hier an dieſer Erdſtelle vor, und den ſeligen Kienbaum ſoll doch noch der Teufel holen. Sage es Deinem Vater, wenn er nach Hauſe kommt, daß ich es geſagt habe, Tinchen. Und Du, feiner Eduard, bitte, ſieh gütigſt noch mal hinein in die ſchöne Landſchaft und auf die liebe Vaterſtadt — Schade daß jetzt grade nicht die Glocken dazu läuten. So iſt's recht, verlegener Jüngling — — — Ich ſehe mich wirklich um — verſchüchtert, ver- ſtört, verlegen. Ich ſehe hinaus in die Landſchaft und auf die Stadt drunten im Thale — kurz, — ich ſehe weg, und vernehme im klingenden, ſummen- den Ohre, hinter meinem Rücken, auf der alten Wall- höhe des ſiebenjährigen Krieges, raſch hintereinander folgende Töne, die ich nur mit dem Namen Stopf- kuchen ganz und gar in Einklang zu bringen weiß. Dazwiſchen ein unterdrücktes Geſchluchz und Gekicher und dazu die Worte: „Ach Heinrich, Heinrich!“ — — — — — — — — — — — Als ich wieder aufſehe, iſt weiter nichts vorge- fallen, als daß die Jahre hingegangen ſind, und daß die langen Wogen des großen Meeres unter dem Schiffe weiter rollen, und es gegenwärtig gutmüthig, ohne zu arges Rollen, Schütteln und Schüttern weiter tragen, dem Kap der guten Hoff- nung zu.

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/69>, abgerufen am 28.04.2024.