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Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

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Hühner und den Taubenschlag haben wir ja immer
gottlob noch bei der Hand."

Ich wußte es auch noch von meiner seligen
Mutter her, was die Antwort und der Trost war:
"Für eine gute Bouillon wollen wir jedenfalls sorgen,
Stine. Die lassen sich auch die Verwöhntesten gefallen."

Frau Tinchen Schaumann hat an dem Tage aber
noch aus ihrer eigenen Speisekammer und was noch
besser: aus ihrer eigenen guten Seele "mit einem
Stein vom Herzen" hinzugesetzt: "Und dann haben
wir ja auch, Gott sei Dank, den Schinken in Bur-
gunder liegen. Also denn, Stine, rasch in den
Hühnerhof und auf den Taubenschlag. Der fremde
Herr bleibt bis zum Abend, und es ist ein alter
Freund von meinem Mann, und es ist auch mir
eine große Freude, daß er nach so langen Jahren
und von so weit her hier noch einmal auf der Schanze
zu Besuch ist!"


Es möchten vielleicht Manche auf dem Schiffe
gern wissen, womit sich eigentlich der Herr aus der
Burenrepublik so eifrig litterarisch beschäftige? was
er schreibe, worüber er jetzt knurre, jetzt seufze und
jetzt lache? Es ist aber Keiner unter der ganzen
Reisegesellschaft, dem ich es vollständig klar machen
könnte, wie sich ein vernünftiger Mensch auf einer

Hühner und den Taubenſchlag haben wir ja immer
gottlob noch bei der Hand.“

Ich wußte es auch noch von meiner ſeligen
Mutter her, was die Antwort und der Troſt war:
„Für eine gute Bouillon wollen wir jedenfalls ſorgen,
Stine. Die laſſen ſich auch die Verwöhnteſten gefallen.“

Frau Tinchen Schaumann hat an dem Tage aber
noch aus ihrer eigenen Speiſekammer und was noch
beſſer: aus ihrer eigenen guten Seele „mit einem
Stein vom Herzen“ hinzugeſetzt: „Und dann haben
wir ja auch, Gott ſei Dank, den Schinken in Bur-
gunder liegen. Alſo denn, Stine, raſch in den
Hühnerhof und auf den Taubenſchlag. Der fremde
Herr bleibt bis zum Abend, und es iſt ein alter
Freund von meinem Mann, und es iſt auch mir
eine große Freude, daß er nach ſo langen Jahren
und von ſo weit her hier noch einmal auf der Schanze
zu Beſuch iſt!“


Es möchten vielleicht Manche auf dem Schiffe
gern wiſſen, womit ſich eigentlich der Herr aus der
Burenrepublik ſo eifrig litterariſch beſchäftige? was
er ſchreibe, worüber er jetzt knurre, jetzt ſeufze und
jetzt lache? Es iſt aber Keiner unter der ganzen
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[74/0084] Hühner und den Taubenſchlag haben wir ja immer gottlob noch bei der Hand.“ Ich wußte es auch noch von meiner ſeligen Mutter her, was die Antwort und der Troſt war: „Für eine gute Bouillon wollen wir jedenfalls ſorgen, Stine. Die laſſen ſich auch die Verwöhnteſten gefallen.“ Frau Tinchen Schaumann hat an dem Tage aber noch aus ihrer eigenen Speiſekammer und was noch beſſer: aus ihrer eigenen guten Seele „mit einem Stein vom Herzen“ hinzugeſetzt: „Und dann haben wir ja auch, Gott ſei Dank, den Schinken in Bur- gunder liegen. Alſo denn, Stine, raſch in den Hühnerhof und auf den Taubenſchlag. Der fremde Herr bleibt bis zum Abend, und es iſt ein alter Freund von meinem Mann, und es iſt auch mir eine große Freude, daß er nach ſo langen Jahren und von ſo weit her hier noch einmal auf der Schanze zu Beſuch iſt!“ Es möchten vielleicht Manche auf dem Schiffe gern wiſſen, womit ſich eigentlich der Herr aus der Burenrepublik ſo eifrig litterariſch beſchäftige? was er ſchreibe, worüber er jetzt knurre, jetzt ſeufze und jetzt lache? Es iſt aber Keiner unter der ganzen Reiſegeſellſchaft, dem ich es vollſtändig klar machen könnte, wie ſich ein vernünftiger Menſch auf einer

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/84>, abgerufen am 28.04.2024.