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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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Lobschrift auf die bösen Männer.
harter, ein ehrgeiziger, wenn uns ein böser Mann
stirbt! Was ist leichter, als bey dergleichen Falle
den Ruhm einer christlichen Standhaftigkeit zu er-
werden? Wir trauern, weil uns der Schneider eine
schwarze Kleidung gemacht hat; und wenn wir ja
weinen, so geschieht es, weil sein Absterben nicht eher
erfolgt ist.

Noch tausend Ursachen könnte ich anführen,
die uns den bösen Männern verbindlich machen.
Jch will aber mit Fleiß abbrechen, um denjenigen
Fehler zu vermeiden, welchen man sonst dem Frauen-
zimmer vorwirft. Es scheint mir überflüßig zu
seyn, wenn ich das Alterthum zu Hülfe rufen, und
alle vier Theile der Welt ausplündern wollte, einen
Satz zu beweisen, den die Beyspiele der meisten
Männer unsrer Stadt unläugbar machen. Viel-
leicht ist mir der Leser verbunden, daß ich dasjenige
auf wenigen Blättern sage, was ich mit einer klei-
nen Ausdehnung in vier Bogen hätte vor-
bringen können.



Trauer-

Lobſchrift auf die boͤſen Maͤnner.
harter, ein ehrgeiziger, wenn uns ein boͤſer Mann
ſtirbt! Was iſt leichter, als bey dergleichen Falle
den Ruhm einer chriſtlichen Standhaftigkeit zu er-
werden? Wir trauern, weil uns der Schneider eine
ſchwarze Kleidung gemacht hat; und wenn wir ja
weinen, ſo geſchieht es, weil ſein Abſterben nicht eher
erfolgt iſt.

Noch tauſend Urſachen koͤnnte ich anfuͤhren,
die uns den boͤſen Maͤnnern verbindlich machen.
Jch will aber mit Fleiß abbrechen, um denjenigen
Fehler zu vermeiden, welchen man ſonſt dem Frauen-
zimmer vorwirft. Es ſcheint mir uͤberfluͤßig zu
ſeyn, wenn ich das Alterthum zu Huͤlfe rufen, und
alle vier Theile der Welt auspluͤndern wollte, einen
Satz zu beweiſen, den die Beyſpiele der meiſten
Maͤnner unſrer Stadt unlaͤugbar machen. Viel-
leicht iſt mir der Leſer verbunden, daß ich dasjenige
auf wenigen Blaͤttern ſage, was ich mit einer klei-
nen Ausdehnung in vier Bogen haͤtte vor-
bringen koͤnnen.



Trauer-
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[66/0140] Lobſchrift auf die boͤſen Maͤnner. harter, ein ehrgeiziger, wenn uns ein boͤſer Mann ſtirbt! Was iſt leichter, als bey dergleichen Falle den Ruhm einer chriſtlichen Standhaftigkeit zu er- werden? Wir trauern, weil uns der Schneider eine ſchwarze Kleidung gemacht hat; und wenn wir ja weinen, ſo geſchieht es, weil ſein Abſterben nicht eher erfolgt iſt. Noch tauſend Urſachen koͤnnte ich anfuͤhren, die uns den boͤſen Maͤnnern verbindlich machen. Jch will aber mit Fleiß abbrechen, um denjenigen Fehler zu vermeiden, welchen man ſonſt dem Frauen- zimmer vorwirft. Es ſcheint mir uͤberfluͤßig zu ſeyn, wenn ich das Alterthum zu Huͤlfe rufen, und alle vier Theile der Welt auspluͤndern wollte, einen Satz zu beweiſen, den die Beyſpiele der meiſten Maͤnner unſrer Stadt unlaͤugbar machen. Viel- leicht iſt mir der Leſer verbunden, daß ich dasjenige auf wenigen Blaͤttern ſage, was ich mit einer klei- nen Ausdehnung in vier Bogen haͤtte vor- bringen koͤnnen. Trauer-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/140>, abgerufen am 27.04.2024.