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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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ben, welche den Verfasser dieses Wörterbuchs in
die Ketzerrolle setzen, und sie können sich alsdann
darauf verlassen, daß eben diese und keine andern die-
jenigen ehrwürdigen Männer im figürlichen Ver-
stande sind, welche ich meyne, und welche man gewiß
für Layen ansehen würde, wenn sie nicht schwarz
gekleidet giengen.

Wenn ich also diese Erklärung des Worts ehr-
würdig voraussetze; So werde ich dadurch Gele-
genheit haben, meine deutsche Muttersprache merk-
lich zu bereichern. Ein Mann in einem schwarzen
Rocke, welcher den Armen aus christlichem Erbar-
men Geld gegen acht und höchstens zwolf pro Cent
vorstreckt, welcher einer nothleidenden Wittwe zu
Erhaltung ihrer unerzognen Kinder mitleidig bey-
springt, und auf ein Pfand, das zweymal so viel
werth ist, einige Thaler leiht, unter der billigen Be-
dingung, daß binnen Jahresfrist das Pfand ein-
gelöst werden, oder verfallen seyn soll; Dieser
Mann wird künftig ein ehrwürdiger Wuche-
rer
heißen, denn gienge er nicht schwarz gekleidet,
so wär er kein ehrwürdiger, sondern ein gemeiner
Wucherer, und nach den Gesetzen unsers Landes zu
bestrafen. Ehrwürdige junge Herren würde
man wohl in Deutschland nicht gesucht haben; aber
ich kenne einen, welchen man gewiß für einen verklei-
deten Marqvis halten sollte, so natürlich weis er die
Rolle eines jungen Herrn unter seinem schwarzen
Rocke zu spielen. Ein ganz neuer Beweis, daß

man

Verſuch
ben, welche den Verfaſſer dieſes Woͤrterbuchs in
die Ketzerrolle ſetzen, und ſie koͤnnen ſich alsdann
darauf verlaſſen, daß eben dieſe und keine andern die-
jenigen ehrwuͤrdigen Maͤnner im figuͤrlichen Ver-
ſtande ſind, welche ich meyne, und welche man gewiß
fuͤr Layen anſehen wuͤrde, wenn ſie nicht ſchwarz
gekleidet giengen.

Wenn ich alſo dieſe Erklaͤrung des Worts ehr-
wuͤrdig vorausſetze; So werde ich dadurch Gele-
genheit haben, meine deutſche Mutterſprache merk-
lich zu bereichern. Ein Mann in einem ſchwarzen
Rocke, welcher den Armen aus chriſtlichem Erbar-
men Geld gegen acht und hoͤchſtens zwolf pro Cent
vorſtreckt, welcher einer nothleidenden Wittwe zu
Erhaltung ihrer unerzognen Kinder mitleidig bey-
ſpringt, und auf ein Pfand, das zweymal ſo viel
werth iſt, einige Thaler leiht, unter der billigen Be-
dingung, daß binnen Jahresfriſt das Pfand ein-
geloͤſt werden, oder verfallen ſeyn ſoll; Dieſer
Mann wird kuͤnftig ein ehrwuͤrdiger Wuche-
rer
heißen, denn gienge er nicht ſchwarz gekleidet,
ſo waͤr er kein ehrwuͤrdiger, ſondern ein gemeiner
Wucherer, und nach den Geſetzen unſers Landes zu
beſtrafen. Ehrwuͤrdige junge Herren wuͤrde
man wohl in Deutſchland nicht geſucht haben; aber
ich kenne einen, welchen man gewiß fuͤr einen verklei-
deten Marqvis halten ſollte, ſo natuͤrlich weis er die
Rolle eines jungen Herrn unter ſeinem ſchwarzen
Rocke zu ſpielen. Ein ganz neuer Beweis, daß

man
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[182/0182] Verſuch ben, welche den Verfaſſer dieſes Woͤrterbuchs in die Ketzerrolle ſetzen, und ſie koͤnnen ſich alsdann darauf verlaſſen, daß eben dieſe und keine andern die- jenigen ehrwuͤrdigen Maͤnner im figuͤrlichen Ver- ſtande ſind, welche ich meyne, und welche man gewiß fuͤr Layen anſehen wuͤrde, wenn ſie nicht ſchwarz gekleidet giengen. Wenn ich alſo dieſe Erklaͤrung des Worts ehr- wuͤrdig vorausſetze; So werde ich dadurch Gele- genheit haben, meine deutſche Mutterſprache merk- lich zu bereichern. Ein Mann in einem ſchwarzen Rocke, welcher den Armen aus chriſtlichem Erbar- men Geld gegen acht und hoͤchſtens zwolf pro Cent vorſtreckt, welcher einer nothleidenden Wittwe zu Erhaltung ihrer unerzognen Kinder mitleidig bey- ſpringt, und auf ein Pfand, das zweymal ſo viel werth iſt, einige Thaler leiht, unter der billigen Be- dingung, daß binnen Jahresfriſt das Pfand ein- geloͤſt werden, oder verfallen ſeyn ſoll; Dieſer Mann wird kuͤnftig ein ehrwuͤrdiger Wuche- rer heißen, denn gienge er nicht ſchwarz gekleidet, ſo waͤr er kein ehrwuͤrdiger, ſondern ein gemeiner Wucherer, und nach den Geſetzen unſers Landes zu beſtrafen. Ehrwuͤrdige junge Herren wuͤrde man wohl in Deutſchland nicht geſucht haben; aber ich kenne einen, welchen man gewiß fuͤr einen verklei- deten Marqvis halten ſollte, ſo natuͤrlich weis er die Rolle eines jungen Herrn unter ſeinem ſchwarzen Rocke zu ſpielen. Ein ganz neuer Beweis, daß man

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/182>, abgerufen am 28.04.2024.