Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

Beytrag
das nur für eine einzige Familie geschrieben ist. Jn
dem Hause, worinnen er wohnt, mag er ein sehr
aufgeweckter und schalkhafter Kopf seyn, welcher
seine ganze Familie, und vielleicht auf Unkosten an-
drer, zu lachen macht. Nur befürchte ich, sein Witz
geht nicht weiter, als bis an die Hausthüre. Jn
andern Häusern wird ihn ohne Beyhülfe eines
Scholiasten niemand verstehen. Dergleichen Fa-
milienscherze sind gute Quodlibete, welche nur eine
geschloßne Gesellschaft einsieht, und belacht. An-
dern ehrlichen Leuten darf man es nicht wohl zu-
muthen, daß sie solche lesen sollten.

Verschiedne meiner Correspondenten haben ver-
langt, ich möchte ihnen einige Wörter vorschlagen,
deren Bedeutung sie untersuchen könnten. Jch will
etliche davon hersetzen, deren Bedeutung mir am
zweydeutigsten, und am unbestimmtesten zu seyn
scheint. Die verschiednen Redensarten, bey wel-
chen sie gebraucht werden, verursachen wegen dieser
Ungewißheit eine solche Verwirrung im gemeinen
Leben, daß ein jeder Patriotischgesinnter nicht ei-
nen Augenblick zaudern sollte, eine gewisse Bedeu-
tung davon festzustellen. Jch erwarte diesen Bey-
trag mit dem größten Verlangen. Den Nutzen
davon haben sie und ihre Kinder zu genießen. Hier
sind die Wörter selbst:

[Spaltenumbruch]
Andacht.
Artig.
[Spaltenumbruch]
Bezaubert.
Demuth.
Ehr-

Beytrag
das nur fuͤr eine einzige Familie geſchrieben iſt. Jn
dem Hauſe, worinnen er wohnt, mag er ein ſehr
aufgeweckter und ſchalkhafter Kopf ſeyn, welcher
ſeine ganze Familie, und vielleicht auf Unkoſten an-
drer, zu lachen macht. Nur befuͤrchte ich, ſein Witz
geht nicht weiter, als bis an die Hausthuͤre. Jn
andern Haͤuſern wird ihn ohne Beyhuͤlfe eines
Scholiaſten niemand verſtehen. Dergleichen Fa-
milienſcherze ſind gute Quodlibete, welche nur eine
geſchloßne Geſellſchaft einſieht, und belacht. An-
dern ehrlichen Leuten darf man es nicht wohl zu-
muthen, daß ſie ſolche leſen ſollten.

Verſchiedne meiner Correſpondenten haben ver-
langt, ich moͤchte ihnen einige Woͤrter vorſchlagen,
deren Bedeutung ſie unterſuchen koͤnnten. Jch will
etliche davon herſetzen, deren Bedeutung mir am
zweydeutigſten, und am unbeſtimmteſten zu ſeyn
ſcheint. Die verſchiednen Redensarten, bey wel-
chen ſie gebraucht werden, verurſachen wegen dieſer
Ungewißheit eine ſolche Verwirrung im gemeinen
Leben, daß ein jeder Patriotiſchgeſinnter nicht ei-
nen Augenblick zaudern ſollte, eine gewiſſe Bedeu-
tung davon feſtzuſtellen. Jch erwarte dieſen Bey-
trag mit dem groͤßten Verlangen. Den Nutzen
davon haben ſie und ihre Kinder zu genießen. Hier
ſind die Woͤrter ſelbſt:

[Spaltenumbruch]
Andacht.
Artig.
[Spaltenumbruch]
Bezaubert.
Demuth.
Ehr-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0208" n="208"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Beytrag</hi></hi></fw><lb/>
das nur fu&#x0364;r eine einzige Familie ge&#x017F;chrieben i&#x017F;t. Jn<lb/>
dem Hau&#x017F;e, worinnen er wohnt, mag er ein &#x017F;ehr<lb/>
aufgeweckter und &#x017F;chalkhafter Kopf &#x017F;eyn, welcher<lb/>
&#x017F;eine ganze Familie, und vielleicht auf Unko&#x017F;ten an-<lb/>
drer, zu lachen macht. Nur befu&#x0364;rchte ich, &#x017F;ein Witz<lb/>
geht nicht weiter, als bis an die Hausthu&#x0364;re. Jn<lb/>
andern Ha&#x0364;u&#x017F;ern wird ihn ohne Beyhu&#x0364;lfe eines<lb/>
Scholia&#x017F;ten niemand ver&#x017F;tehen. Dergleichen Fa-<lb/>
milien&#x017F;cherze &#x017F;ind gute Quodlibete, welche nur eine<lb/>
ge&#x017F;chloßne Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft ein&#x017F;ieht, und belacht. An-<lb/>
dern ehrlichen Leuten darf man es nicht wohl zu-<lb/>
muthen, daß &#x017F;ie &#x017F;olche le&#x017F;en &#x017F;ollten.</p><lb/>
        <p>Ver&#x017F;chiedne meiner Corre&#x017F;pondenten haben ver-<lb/>
langt, ich mo&#x0364;chte ihnen einige Wo&#x0364;rter vor&#x017F;chlagen,<lb/>
deren Bedeutung &#x017F;ie unter&#x017F;uchen ko&#x0364;nnten. Jch will<lb/>
etliche davon her&#x017F;etzen, deren Bedeutung mir am<lb/>
zweydeutig&#x017F;ten, und am unbe&#x017F;timmte&#x017F;ten zu &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;cheint. Die ver&#x017F;chiednen Redensarten, bey wel-<lb/>
chen &#x017F;ie gebraucht werden, verur&#x017F;achen wegen die&#x017F;er<lb/>
Ungewißheit eine &#x017F;olche Verwirrung im gemeinen<lb/>
Leben, daß ein jeder Patrioti&#x017F;chge&#x017F;innter nicht ei-<lb/>
nen Augenblick zaudern &#x017F;ollte, eine gewi&#x017F;&#x017F;e Bedeu-<lb/>
tung davon fe&#x017F;tzu&#x017F;tellen. Jch erwarte die&#x017F;en Bey-<lb/>
trag mit dem gro&#x0364;ßten Verlangen. Den Nutzen<lb/>
davon haben &#x017F;ie und ihre Kinder zu genießen. Hier<lb/>
&#x017F;ind die Wo&#x0364;rter &#x017F;elb&#x017F;t:</p><lb/>
        <cb/>
        <list>
          <item> <hi rendition="#fr">Andacht.</hi> </item><lb/>
          <item> <hi rendition="#fr">Artig.</hi> </item>
        </list><lb/>
        <cb/>
        <list>
          <item> <hi rendition="#fr">Bezaubert.</hi> </item><lb/>
          <item> <hi rendition="#fr">Demuth.</hi> </item>
        </list><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Ehr-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0208] Beytrag das nur fuͤr eine einzige Familie geſchrieben iſt. Jn dem Hauſe, worinnen er wohnt, mag er ein ſehr aufgeweckter und ſchalkhafter Kopf ſeyn, welcher ſeine ganze Familie, und vielleicht auf Unkoſten an- drer, zu lachen macht. Nur befuͤrchte ich, ſein Witz geht nicht weiter, als bis an die Hausthuͤre. Jn andern Haͤuſern wird ihn ohne Beyhuͤlfe eines Scholiaſten niemand verſtehen. Dergleichen Fa- milienſcherze ſind gute Quodlibete, welche nur eine geſchloßne Geſellſchaft einſieht, und belacht. An- dern ehrlichen Leuten darf man es nicht wohl zu- muthen, daß ſie ſolche leſen ſollten. Verſchiedne meiner Correſpondenten haben ver- langt, ich moͤchte ihnen einige Woͤrter vorſchlagen, deren Bedeutung ſie unterſuchen koͤnnten. Jch will etliche davon herſetzen, deren Bedeutung mir am zweydeutigſten, und am unbeſtimmteſten zu ſeyn ſcheint. Die verſchiednen Redensarten, bey wel- chen ſie gebraucht werden, verurſachen wegen dieſer Ungewißheit eine ſolche Verwirrung im gemeinen Leben, daß ein jeder Patriotiſchgeſinnter nicht ei- nen Augenblick zaudern ſollte, eine gewiſſe Bedeu- tung davon feſtzuſtellen. Jch erwarte dieſen Bey- trag mit dem groͤßten Verlangen. Den Nutzen davon haben ſie und ihre Kinder zu genießen. Hier ſind die Woͤrter ſelbſt: Andacht. Artig. Bezaubert. Demuth. Ehr-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/208
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/208>, abgerufen am 04.05.2024.