Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Satyrische Briefe.
erkundigt. Er steht gut. Wenigstens funfzig-
tausend Thaler hat er im Vermögen, und ist ein
guter Wirth. Wenn er nur noch Pferde und
Wagen abschaffte. Er könnte alle Jahre dreyhun-
dert Thaler ersparen, thut an Capital a 5 pro Cent
sechstausend Thaler. Denke einmal an, Base,
was das sagen will, und zwar bey einer Handlung,
wie die seinige, wo er das Capital wenigstens auf
zwanzig pro Cent nutzen kann. Sieh, wie weit
Du es bringst. Mannichmal kann eine Frau viel
sagen, wenn sie es recht anfängt. Auf seine Bedien-
ten wendet er auch zu viel; die Leute leben wie die
kleinen Herren. Viel Arbeit, und mäßig Futter
macht gute Leute, sagte mein seliger Vater immer.
Nun er mag das halten, wie er will, es geht mich
nichts an, und was mich nicht brennt, lösche ich
nicht. Wie gesagt, nimm den Mann! Aber das
sage ich dir, fange es klug an; es wird Dein Schade
nicht seyn. Eine gute Ehestiftung ist das Haupt-
werk. Schmiede das Eisen, weil es warm ist.
Jtzt thut er alles, was Du verlangst. Wenn er
Dich einmal hat, hernach mußt Du nach seiner
Pfeife tanzen. Du wirst mich wohl verstehn. Jch
will Dir meinen Advocaten schicken, der weiß, wo
die Zäume hängen. Du bringst ihm siebentausend
Thaler mit. Laß Du Dir dreyßigtausend Thaler
dagegen vermachen. Stirbt er ohne Kinder - -
was meynst Du wohl, ob das geschehn wird?
Nun albernes Mädchen, darüber mußt Du nicht
roth werden; wie gesagt, stirbt er ohne Kinder, so

muß
Y

Satyriſche Briefe.
erkundigt. Er ſteht gut. Wenigſtens funfzig-
tauſend Thaler hat er im Vermoͤgen, und iſt ein
guter Wirth. Wenn er nur noch Pferde und
Wagen abſchaffte. Er koͤnnte alle Jahre dreyhun-
dert Thaler erſparen, thut an Capital à 5 pro Cent
ſechstauſend Thaler. Denke einmal an, Baſe,
was das ſagen will, und zwar bey einer Handlung,
wie die ſeinige, wo er das Capital wenigſtens auf
zwanzig pro Cent nutzen kann. Sieh, wie weit
Du es bringſt. Mannichmal kann eine Frau viel
ſagen, wenn ſie es recht anfaͤngt. Auf ſeine Bedien-
ten wendet er auch zu viel; die Leute leben wie die
kleinen Herren. Viel Arbeit, und maͤßig Futter
macht gute Leute, ſagte mein ſeliger Vater immer.
Nun er mag das halten, wie er will, es geht mich
nichts an, und was mich nicht brennt, loͤſche ich
nicht. Wie geſagt, nimm den Mann! Aber das
ſage ich dir, fange es klug an; es wird Dein Schade
nicht ſeyn. Eine gute Eheſtiftung iſt das Haupt-
werk. Schmiede das Eiſen, weil es warm iſt.
Jtzt thut er alles, was Du verlangſt. Wenn er
Dich einmal hat, hernach mußt Du nach ſeiner
Pfeife tanzen. Du wirſt mich wohl verſtehn. Jch
will Dir meinen Advocaten ſchicken, der weiß, wo
die Zaͤume haͤngen. Du bringſt ihm ſiebentauſend
Thaler mit. Laß Du Dir dreyßigtauſend Thaler
dagegen vermachen. Stirbt er ohne Kinder ‒ ‒
was meynſt Du wohl, ob das geſchehn wird?
Nun albernes Maͤdchen, daruͤber mußt Du nicht
roth werden; wie geſagt, ſtirbt er ohne Kinder, ſo

muß
Y
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <p><pb facs="#f0365" n="337"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Satyri&#x017F;che Briefe.</hi></fw><lb/>
erkundigt. Er &#x017F;teht gut. Wenig&#x017F;tens funfzig-<lb/>
tau&#x017F;end Thaler hat er im Vermo&#x0364;gen, und i&#x017F;t ein<lb/>
guter Wirth. Wenn er nur noch Pferde und<lb/>
Wagen ab&#x017F;chaffte. Er ko&#x0364;nnte alle Jahre dreyhun-<lb/>
dert Thaler er&#x017F;paren, thut an Capital <hi rendition="#aq">à 5 pro Cent</hi><lb/>
&#x017F;echstau&#x017F;end Thaler. Denke einmal an, Ba&#x017F;e,<lb/>
was das &#x017F;agen will, und zwar bey einer Handlung,<lb/>
wie die &#x017F;einige, wo er das Capital wenig&#x017F;tens auf<lb/>
zwanzig pro Cent nutzen kann. Sieh, wie weit<lb/>
Du es bring&#x017F;t. Mannichmal kann eine Frau viel<lb/>
&#x017F;agen, wenn &#x017F;ie es recht anfa&#x0364;ngt. Auf &#x017F;eine Bedien-<lb/>
ten wendet er auch zu viel; die Leute leben wie die<lb/>
kleinen Herren. Viel Arbeit, und ma&#x0364;ßig Futter<lb/>
macht gute Leute, &#x017F;agte mein &#x017F;eliger Vater immer.<lb/>
Nun er mag das halten, wie er will, es geht mich<lb/>
nichts an, und was mich nicht brennt, lo&#x0364;&#x017F;che ich<lb/>
nicht. Wie ge&#x017F;agt, nimm den Mann! Aber das<lb/>
&#x017F;age ich dir, fange es klug an; es wird Dein Schade<lb/>
nicht &#x017F;eyn. Eine gute Ehe&#x017F;tiftung i&#x017F;t das Haupt-<lb/>
werk. Schmiede das Ei&#x017F;en, weil es warm i&#x017F;t.<lb/>
Jtzt thut er alles, was Du verlang&#x017F;t. Wenn er<lb/>
Dich einmal hat, hernach mußt Du nach &#x017F;einer<lb/>
Pfeife tanzen. Du wir&#x017F;t mich wohl ver&#x017F;tehn. Jch<lb/>
will Dir meinen Advocaten &#x017F;chicken, der weiß, wo<lb/>
die Za&#x0364;ume ha&#x0364;ngen. Du bring&#x017F;t ihm &#x017F;iebentau&#x017F;end<lb/>
Thaler mit. Laß Du Dir dreyßigtau&#x017F;end Thaler<lb/>
dagegen vermachen. Stirbt er ohne Kinder &#x2012; &#x2012;<lb/>
was meyn&#x017F;t Du wohl, ob das ge&#x017F;chehn wird?<lb/>
Nun albernes Ma&#x0364;dchen, daru&#x0364;ber mußt Du nicht<lb/>
roth werden; wie ge&#x017F;agt, &#x017F;tirbt er ohne Kinder, &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y</fw><fw place="bottom" type="catch">muß</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[337/0365] Satyriſche Briefe. erkundigt. Er ſteht gut. Wenigſtens funfzig- tauſend Thaler hat er im Vermoͤgen, und iſt ein guter Wirth. Wenn er nur noch Pferde und Wagen abſchaffte. Er koͤnnte alle Jahre dreyhun- dert Thaler erſparen, thut an Capital à 5 pro Cent ſechstauſend Thaler. Denke einmal an, Baſe, was das ſagen will, und zwar bey einer Handlung, wie die ſeinige, wo er das Capital wenigſtens auf zwanzig pro Cent nutzen kann. Sieh, wie weit Du es bringſt. Mannichmal kann eine Frau viel ſagen, wenn ſie es recht anfaͤngt. Auf ſeine Bedien- ten wendet er auch zu viel; die Leute leben wie die kleinen Herren. Viel Arbeit, und maͤßig Futter macht gute Leute, ſagte mein ſeliger Vater immer. Nun er mag das halten, wie er will, es geht mich nichts an, und was mich nicht brennt, loͤſche ich nicht. Wie geſagt, nimm den Mann! Aber das ſage ich dir, fange es klug an; es wird Dein Schade nicht ſeyn. Eine gute Eheſtiftung iſt das Haupt- werk. Schmiede das Eiſen, weil es warm iſt. Jtzt thut er alles, was Du verlangſt. Wenn er Dich einmal hat, hernach mußt Du nach ſeiner Pfeife tanzen. Du wirſt mich wohl verſtehn. Jch will Dir meinen Advocaten ſchicken, der weiß, wo die Zaͤume haͤngen. Du bringſt ihm ſiebentauſend Thaler mit. Laß Du Dir dreyßigtauſend Thaler dagegen vermachen. Stirbt er ohne Kinder ‒ ‒ was meynſt Du wohl, ob das geſchehn wird? Nun albernes Maͤdchen, daruͤber mußt Du nicht roth werden; wie geſagt, ſtirbt er ohne Kinder, ſo muß Y

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/365
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/365>, abgerufen am 26.04.2024.