Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Satyrische Briefe.
Neujahrsmesse etliche Körbe Champagnier, etwas
extra feines. Jch bin,

Hochzuehrender Herr Kammerrath,
Deren

ergebenster Diener.
- - - - -

N. S. Wie steht es denn mit dem Processe?
Mein Advocat ist gar zu saumselig. Neh-
men Sie Sich meiner an, so viel billig ist.

"Etliche Klaftern Holz vor die Thüre des Rich-
"ters geführt, sie, ohne lange zu fragen, abgela-
"den, wieder fortgefahren, und sodann erst den
"Brief übergeben, thut bey einer geringen Sache
"seine gute Wirkung. Was will ein gewissenhaf-
"ter Richter in der Angst anfangen, wenn das
"Holz einmal da liegt, und niemand mehr da ist,
"der es wieder wegfahren will? Jnzwischen muß
"man doch diesem Geschenke, so geringe es ist, ei-
"nen gewissen Anstrich geben, damit es einen
"Werth erhält, und nicht beleidiget. Vielleicht
"geht es auf diese Art an."

Mein

Satyriſche Briefe.
Neujahrsmeſſe etliche Koͤrbe Champagnier, etwas
extra feines. Jch bin,

Hochzuehrender Herr Kammerrath,
Deren

ergebenſter Diener.
‒ ‒ ‒ ‒ ‒

N. S. Wie ſteht es denn mit dem Proceſſe?
Mein Advocat iſt gar zu ſaumſelig. Neh-
men Sie Sich meiner an, ſo viel billig iſt.

„Etliche Klaftern Holz vor die Thuͤre des Rich-
„ters gefuͤhrt, ſie, ohne lange zu fragen, abgela-
„den, wieder fortgefahren, und ſodann erſt den
„Brief uͤbergeben, thut bey einer geringen Sache
„ſeine gute Wirkung. Was will ein gewiſſenhaf-
„ter Richter in der Angſt anfangen, wenn das
„Holz einmal da liegt, und niemand mehr da iſt,
„der es wieder wegfahren will? Jnzwiſchen muß
„man doch dieſem Geſchenke, ſo geringe es iſt, ei-
„nen gewiſſen Anſtrich geben, damit es einen
„Werth erhaͤlt, und nicht beleidiget. Vielleicht
„geht es auf dieſe Art an.„

Mein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <p><pb facs="#f0116" n="88"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Satyri&#x017F;che Briefe.</hi></fw><lb/>
Neujahrsme&#x017F;&#x017F;e etliche Ko&#x0364;rbe Champagnier, etwas<lb/><hi rendition="#aq">extra</hi> feines. Jch bin,</p><lb/>
              <closer>
                <salute> <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Hochzuehrender Herr Kammerrath,<lb/>
Deren</hi><lb/>
ergeben&#x017F;ter Diener.<lb/>
&#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012; &#x2012;</hi> </salute>
              </closer><lb/>
              <postscript>
                <p>N. S. Wie &#x017F;teht es denn mit dem Proce&#x017F;&#x017F;e?<lb/>
Mein Advocat i&#x017F;t gar zu &#x017F;aum&#x017F;elig. Neh-<lb/>
men Sie Sich meiner an, &#x017F;o viel billig i&#x017F;t.</p>
              </postscript>
            </div>
          </body>
        </floatingText><lb/>
        <p>&#x201E;Etliche Klaftern Holz vor die Thu&#x0364;re des Rich-<lb/>
&#x201E;ters gefu&#x0364;hrt, &#x017F;ie, ohne lange zu fragen, abgela-<lb/>
&#x201E;den, wieder fortgefahren, und &#x017F;odann er&#x017F;t den<lb/>
&#x201E;Brief u&#x0364;bergeben, thut bey einer geringen Sache<lb/>
&#x201E;&#x017F;eine gute Wirkung. Was will ein gewi&#x017F;&#x017F;enhaf-<lb/>
&#x201E;ter Richter in der Ang&#x017F;t anfangen, wenn das<lb/>
&#x201E;Holz einmal da liegt, und niemand mehr da i&#x017F;t,<lb/>
&#x201E;der es wieder wegfahren will? Jnzwi&#x017F;chen muß<lb/>
&#x201E;man doch die&#x017F;em Ge&#x017F;chenke, &#x017F;o geringe es i&#x017F;t, ei-<lb/>
&#x201E;nen gewi&#x017F;&#x017F;en An&#x017F;trich geben, damit es einen<lb/>
&#x201E;Werth erha&#x0364;lt, und nicht beleidiget. Vielleicht<lb/>
&#x201E;geht es auf die&#x017F;e Art an.&#x201E;</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Mein</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0116] Satyriſche Briefe. Neujahrsmeſſe etliche Koͤrbe Champagnier, etwas extra feines. Jch bin, Hochzuehrender Herr Kammerrath, Deren ergebenſter Diener. ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ N. S. Wie ſteht es denn mit dem Proceſſe? Mein Advocat iſt gar zu ſaumſelig. Neh- men Sie Sich meiner an, ſo viel billig iſt. „Etliche Klaftern Holz vor die Thuͤre des Rich- „ters gefuͤhrt, ſie, ohne lange zu fragen, abgela- „den, wieder fortgefahren, und ſodann erſt den „Brief uͤbergeben, thut bey einer geringen Sache „ſeine gute Wirkung. Was will ein gewiſſenhaf- „ter Richter in der Angſt anfangen, wenn das „Holz einmal da liegt, und niemand mehr da iſt, „der es wieder wegfahren will? Jnzwiſchen muß „man doch dieſem Geſchenke, ſo geringe es iſt, ei- „nen gewiſſen Anſtrich geben, damit es einen „Werth erhaͤlt, und nicht beleidiget. Vielleicht „geht es auf dieſe Art an.„ Mein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/116
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/116>, abgerufen am 29.04.2024.