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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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mode, und in Frankreich ist es schon lange nicht
mehr mode gewesen, es zu verstehen. Von Ih-
rer Sprache verstehe ich zu wenig, als dass ich
es wagen moechte, in selbiger zu schreiben. Ich
dürfte Ihnen wohl zumuthen, deutsch zu lernen,
damit Sie meine Schrift lesen und verstehen
moechten; denn fast in keinem Lande ist ein
Autor, der seine Schrift nicht für wichtig genug
halten sollte, den Auslaendern dergleichen anzu-
muthen: aber ich kenne die Herren Franzosen
schon. Sie glauben, dass alle Deutsche reden,
wie ihre Schweizer, und um desswillen wollen
sie ihre Gurgel nicht dran wagen, deutsch zu
lernen. Was soll ich thun? Denn oeconomisch
von der Sache zu urtheilen, muss mir mehr dran
liegen, dass Sie mich verstehen, als Ihnen dran
liegen kann, meine Schrift zu lesen. Wissen
Sie was? Damit Sie vor den gothischen Charac-
cteren meiner Sprache nicht erschrecken; so
will ich mich überwinden, die Abhandlung mit
lateinischen Buchstaben drucken zu lassen. Sehn
Sie, meine Herren, ich thue den ersten und
wichtigsten Schritt: Es ist billig, dass Sie den
andern thun. Lernen Sie deutsch!



Beweis:



mode, und in Frankreich iſt es ſchon lange nicht
mehr mode geweſen, es zu verſtehen. Von Ih-
rer Sprache verſtehe ich zu wenig, als daſs ich
es wagen moechte, in ſelbiger zu ſchreiben. Ich
dürfte Ihnen wohl zumuthen, deutſch zu lernen,
damit Sie meine Schrift leſen und verſtehen
moechten; denn faſt in keinem Lande iſt ein
Autor, der ſeine Schrift nicht für wichtig genug
halten ſollte, den Auslaendern dergleichen anzu-
muthen: aber ich kenne die Herren Franzoſen
ſchon. Sie glauben, daſs alle Deutſche reden,
wie ihre Schweizer, und um deſswillen wollen
ſie ihre Gurgel nicht dran wagen, deutſch zu
lernen. Was ſoll ich thun? Denn oeconomiſch
von der Sache zu urtheilen, muſs mir mehr dran
liegen, daſs Sie mich verſtehen, als Ihnen dran
liegen kann, meine Schrift zu leſen. Wiſſen
Sie was? Damit Sie vor den gothiſchen Charac-
cteren meiner Sprache nicht erſchrecken; ſo
will ich mich überwinden, die Abhandlung mit
lateiniſchen Buchſtaben drucken zu laſſen. Sehn
Sie, meine Herren, ich thue den erſten und
wichtigſten Schritt: Es iſt billig, daſs Sie den
andern thun. Lernen Sie deutſch!



Beweis:
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[398/0420] mode, und in Frankreich iſt es ſchon lange nicht mehr mode geweſen, es zu verſtehen. Von Ih- rer Sprache verſtehe ich zu wenig, als daſs ich es wagen moechte, in ſelbiger zu ſchreiben. Ich dürfte Ihnen wohl zumuthen, deutſch zu lernen, damit Sie meine Schrift leſen und verſtehen moechten; denn faſt in keinem Lande iſt ein Autor, der ſeine Schrift nicht für wichtig genug halten ſollte, den Auslaendern dergleichen anzu- muthen: aber ich kenne die Herren Franzoſen ſchon. Sie glauben, daſs alle Deutſche reden, wie ihre Schweizer, und um deſswillen wollen ſie ihre Gurgel nicht dran wagen, deutſch zu lernen. Was ſoll ich thun? Denn oeconomiſch von der Sache zu urtheilen, muſs mir mehr dran liegen, daſs Sie mich verſtehen, als Ihnen dran liegen kann, meine Schrift zu leſen. Wiſſen Sie was? Damit Sie vor den gothiſchen Charac- cteren meiner Sprache nicht erſchrecken; ſo will ich mich überwinden, die Abhandlung mit lateiniſchen Buchſtaben drucken zu laſſen. Sehn Sie, meine Herren, ich thue den erſten und wichtigſten Schritt: Es iſt billig, daſs Sie den andern thun. Lernen Sie deutſch! Beweis:

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/420>, abgerufen am 26.04.2024.