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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Villa Borghese.

Die Stellung zeigt einen Mann an, der im Aus-
fall mit vorgestrecktem Körper von unten auf einen
Streich ausholt, während daß er mit vorgeworfenem

Schilde
sind, die für die Benennung so vieler andern ange-
geben werden. Der Herr Hofrath Heyne, Samm-
lung Antiq. Aufs. II. Stück. S. 229. nennt sie gar:
unschicklich. Er sagt: "Diese edle, schöne Figur
"eines so vortrefflich athletisch ausgearbeiteten Kör-
"pers eines jungen Kriegers, im höchsten Grad der
"Spannung aller Muskeln, und doch ohne Ueber-
"treibung; wie konnte man sich einfallen lassen, ei-
"nen elenden Gladiator daraus zu machen? Wahr-
"scheinlicher Weise machte er eine Gruppe mit an-
"dern Figuren aus, und vor ihm stand eine Figur
"zu Pferde, gegen die er sich vertheidigte. Ohn-
"geachtet ich über die Ergänzung des Stücks nichts
"Genaues weiß, und es von der andern Seite ein
"Wunder wäre, wenn eine Figur von so ausgestreck-
"ten Theilen, als hier Beine und Hände sind, un-
"versehrt erhalten worden seyn sollte: so lehrt doch
"die Richtung des Kopfes, daß er sich gegen einen
"Angriff von oben her verwahret, und daß er eine
"Wunde von unten auf, wie in des Pferdes Bauch
"oder Brust anbringen will. Daß es ein histori-
"sches Stück ist, ist mir sehr wahrscheinlich. Win-
"kelmann sagt auch: sein Gesicht sey offenbar nach
"der Aehnlichkeit einer bekannten Person gebildet."
Ich habe im Ganzen Nichts gegen die Möglich-
keit dieser Erklärung. Aber ich gestehe zugleich, daß
ich die größere Wahrscheinlichkeit nicht fühle. Das
ausgezeichnet Edle habe ich der angestellten Unter-
suchung ohngeachtet so wenig finden können, als
daß der Arm mit dem Schilde neu sey, wie der
Herr
X 4
Villa Borgheſe.

Die Stellung zeigt einen Mann an, der im Aus-
fall mit vorgeſtrecktem Koͤrper von unten auf einen
Streich ausholt, waͤhrend daß er mit vorgeworfenem

Schilde
ſind, die fuͤr die Benennung ſo vieler andern ange-
geben werden. Der Herr Hofrath Heyne, Samm-
lung Antiq. Aufſ. II. Stuͤck. S. 229. nennt ſie gar:
unſchicklich. Er ſagt: „Dieſe edle, ſchoͤne Figur
„eines ſo vortrefflich athletiſch ausgearbeiteten Koͤr-
„pers eines jungen Kriegers, im hoͤchſten Grad der
„Spannung aller Muſkeln, und doch ohne Ueber-
„treibung; wie konnte man ſich einfallen laſſen, ei-
„nen elenden Gladiator daraus zu machen? Wahr-
„ſcheinlicher Weiſe machte er eine Gruppe mit an-
„dern Figuren aus, und vor ihm ſtand eine Figur
„zu Pferde, gegen die er ſich vertheidigte. Ohn-
„geachtet ich uͤber die Ergaͤnzung des Stuͤcks nichts
„Genaues weiß, und es von der andern Seite ein
„Wunder waͤre, wenn eine Figur von ſo ausgeſtreck-
„ten Theilen, als hier Beine und Haͤnde ſind, un-
„verſehrt erhalten worden ſeyn ſollte: ſo lehrt doch
„die Richtung des Kopfes, daß er ſich gegen einen
„Angriff von oben her verwahret, und daß er eine
„Wunde von unten auf, wie in des Pferdes Bauch
„oder Bruſt anbringen will. Daß es ein hiſtori-
„ſches Stuͤck iſt, iſt mir ſehr wahrſcheinlich. Win-
„kelmann ſagt auch: ſein Geſicht ſey offenbar nach
„der Aehnlichkeit einer bekannten Perſon gebildet.“
Ich habe im Ganzen Nichts gegen die Moͤglich-
keit dieſer Erklaͤrung. Aber ich geſtehe zugleich, daß
ich die groͤßere Wahrſcheinlichkeit nicht fuͤhle. Das
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Herr
X 4
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[327/0349] Villa Borgheſe. Die Stellung zeigt einen Mann an, der im Aus- fall mit vorgeſtrecktem Koͤrper von unten auf einen Streich ausholt, waͤhrend daß er mit vorgeworfenem Schilde 17) 17) ſind, die fuͤr die Benennung ſo vieler andern ange- geben werden. Der Herr Hofrath Heyne, Samm- lung Antiq. Aufſ. II. Stuͤck. S. 229. nennt ſie gar: unſchicklich. Er ſagt: „Dieſe edle, ſchoͤne Figur „eines ſo vortrefflich athletiſch ausgearbeiteten Koͤr- „pers eines jungen Kriegers, im hoͤchſten Grad der „Spannung aller Muſkeln, und doch ohne Ueber- „treibung; wie konnte man ſich einfallen laſſen, ei- „nen elenden Gladiator daraus zu machen? Wahr- „ſcheinlicher Weiſe machte er eine Gruppe mit an- „dern Figuren aus, und vor ihm ſtand eine Figur „zu Pferde, gegen die er ſich vertheidigte. Ohn- „geachtet ich uͤber die Ergaͤnzung des Stuͤcks nichts „Genaues weiß, und es von der andern Seite ein „Wunder waͤre, wenn eine Figur von ſo ausgeſtreck- „ten Theilen, als hier Beine und Haͤnde ſind, un- „verſehrt erhalten worden ſeyn ſollte: ſo lehrt doch „die Richtung des Kopfes, daß er ſich gegen einen „Angriff von oben her verwahret, und daß er eine „Wunde von unten auf, wie in des Pferdes Bauch „oder Bruſt anbringen will. Daß es ein hiſtori- „ſches Stuͤck iſt, iſt mir ſehr wahrſcheinlich. Win- „kelmann ſagt auch: ſein Geſicht ſey offenbar nach „der Aehnlichkeit einer bekannten Perſon gebildet.“ Ich habe im Ganzen Nichts gegen die Moͤglich- keit dieſer Erklaͤrung. Aber ich geſtehe zugleich, daß ich die groͤßere Wahrſcheinlichkeit nicht fuͤhle. Das ausgezeichnet Edle habe ich der angeſtellten Unter- ſuchung ohngeachtet ſo wenig finden koͤnnen, als daß der Arm mit dem Schilde neu ſey, wie der Herr X 4

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/349>, abgerufen am 29.04.2024.