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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

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Pallast Barberini.
vertrieb die Umrisse nicht, und kannte keine Reflexe.
Daher die geringe Würkung seiner Gemählde auf den
großen Haufen.

Der äußerste Fleiß, der an das Ueberflüßige
wie an das Nothwendige verschwendet wurde,
herrscht in der Behandlung: Daher das Kleinlichte,
das Trockene.

Er starb 1520 zu Fontainebleau in den Armen
des Königs Franz des ersten. Man sahe ehemals
sein Hauptwerk zu Mailand. Es stellte die Aus-
theilung des heil. Abendmahls vor. Allein es ist
jetzt so verdorben, so oft retouchirt, daß es nur einen
sehr mangelhaften Begriff von demjenigen geben
kann, was es ehemals war.

Leonardo da Vinci war in vielen Wissenschaften
stark, die mit seinem Hauptgeschäffte, der Kunst, in
keinem genauen Verbande stehen. Er war für seine
Zeit ein universelles Genie, und erlangte als solches
bei denen die das Centrum kannten, in dem so ver-
schiedene Vollkommenheiten zusammentrafen, einen
erhöheten Grad von Achtung. Aber dem jungen
Künstler kann man nicht genung einprägen, daß die
Nachwelt das Werk getrennt von dem Meister sieht,
und dem Todten nichts weiter von seiner Geschick-
lichkeit anrechnet, als was auf sie gekommen ist, und
was sie gegenwärtig sieht.

Raphaels
Geliebte:
la Furneri-
na.

+ Raphaels Geliebte, von ihm selbst ge-
mahlt,
wie es sein Nahme auf dem Armbande an-
zeigt. Dies Bildniß ist unter dem Nahmen la Fur-
nerina
bekannt. Die Person die es vorstellt, ist
nicht schön, und hat einen ziemlich materiellen, ob-

gleich

Pallaſt Barberini.
vertrieb die Umriſſe nicht, und kannte keine Reflexe.
Daher die geringe Wuͤrkung ſeiner Gemaͤhlde auf den
großen Haufen.

Der aͤußerſte Fleiß, der an das Ueberfluͤßige
wie an das Nothwendige verſchwendet wurde,
herrſcht in der Behandlung: Daher das Kleinlichte,
das Trockene.

Er ſtarb 1520 zu Fontainebleau in den Armen
des Koͤnigs Franz des erſten. Man ſahe ehemals
ſein Hauptwerk zu Mailand. Es ſtellte die Aus-
theilung des heil. Abendmahls vor. Allein es iſt
jetzt ſo verdorben, ſo oft retouchirt, daß es nur einen
ſehr mangelhaften Begriff von demjenigen geben
kann, was es ehemals war.

Leonardo da Vinci war in vielen Wiſſenſchaften
ſtark, die mit ſeinem Hauptgeſchaͤffte, der Kunſt, in
keinem genauen Verbande ſtehen. Er war fuͤr ſeine
Zeit ein univerſelles Genie, und erlangte als ſolches
bei denen die das Centrum kannten, in dem ſo ver-
ſchiedene Vollkommenheiten zuſammentrafen, einen
erhoͤheten Grad von Achtung. Aber dem jungen
Kuͤnſtler kann man nicht genung einpraͤgen, daß die
Nachwelt das Werk getrennt von dem Meiſter ſieht,
und dem Todten nichts weiter von ſeiner Geſchick-
lichkeit anrechnet, als was auf ſie gekommen iſt, und
was ſie gegenwaͤrtig ſieht.

Raphaels
Geliebte:
la Furneri-
na.

Raphaels Geliebte, von ihm ſelbſt ge-
mahlt,
wie es ſein Nahme auf dem Armbande an-
zeigt. Dies Bildniß iſt unter dem Nahmen la Fur-
nerina
bekannt. Die Perſon die es vorſtellt, iſt
nicht ſchoͤn, und hat einen ziemlich materiellen, ob-

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[312/0326] Pallaſt Barberini. vertrieb die Umriſſe nicht, und kannte keine Reflexe. Daher die geringe Wuͤrkung ſeiner Gemaͤhlde auf den großen Haufen. Der aͤußerſte Fleiß, der an das Ueberfluͤßige wie an das Nothwendige verſchwendet wurde, herrſcht in der Behandlung: Daher das Kleinlichte, das Trockene. Er ſtarb 1520 zu Fontainebleau in den Armen des Koͤnigs Franz des erſten. Man ſahe ehemals ſein Hauptwerk zu Mailand. Es ſtellte die Aus- theilung des heil. Abendmahls vor. Allein es iſt jetzt ſo verdorben, ſo oft retouchirt, daß es nur einen ſehr mangelhaften Begriff von demjenigen geben kann, was es ehemals war. Leonardo da Vinci war in vielen Wiſſenſchaften ſtark, die mit ſeinem Hauptgeſchaͤffte, der Kunſt, in keinem genauen Verbande ſtehen. Er war fuͤr ſeine Zeit ein univerſelles Genie, und erlangte als ſolches bei denen die das Centrum kannten, in dem ſo ver- ſchiedene Vollkommenheiten zuſammentrafen, einen erhoͤheten Grad von Achtung. Aber dem jungen Kuͤnſtler kann man nicht genung einpraͤgen, daß die Nachwelt das Werk getrennt von dem Meiſter ſieht, und dem Todten nichts weiter von ſeiner Geſchick- lichkeit anrechnet, als was auf ſie gekommen iſt, und was ſie gegenwaͤrtig ſieht. † Raphaels Geliebte, von ihm ſelbſt ge- mahlt, wie es ſein Nahme auf dem Armbande an- zeigt. Dies Bildniß iſt unter dem Nahmen la Fur- nerina bekannt. Die Perſon die es vorſtellt, iſt nicht ſchoͤn, und hat einen ziemlich materiellen, ob- gleich

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/326>, abgerufen am 28.04.2024.