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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

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Villa Albani.
Charakterder
Minerva.

Der Charakter der Minerva ist weibliche Schön-
heit verbunden mit männlichem Ernste. Ihr gesenk-
tes Haupt, und ihr in sich gekehrter Blick zeigen
Nachdenken und Prüfung an. Ihre gewöhnlichen
Attribute: der Helm, der Brustharnisch, die Eule,
zuweilen die Schlange etc. sind bekannt.

Bei dem Begriff, den sich die Alten von dieser
Göttin machten, scheint zwar die Hauptidee: Weis-
heit, zum Grunde gelegen zu haben; aber so wie
diese Weisheit sich in verschiedener Anwendung thätig
äußert, so hat man diesen Begriff auch auf verschie-
dene Art bestimmt.

Bald bezeichnet die Göttin, Weisheit welche
kriegerische Tapferkeit leitet, und vermöge dieser Ei-
genschaft, welche der Nahme Pallas andeutet, führt
sie das Schild, das von dem Ziegenfelle, womit es
ursprünglich bedeckt war, Aegis heißt. Bald giebt
man dieser Weisheit eine der Zartheit ihres Ge-
schlechts angemessene Richtung. Sie wird entweder
die Gesellschafterin der Musen, die Beschützerin
unterhaltender Talente: Minerva; oder die Vor-
steherin häuslicher den Weibern eigener Arbeiten,
besonders der Stickerei: Ergane. Welche wohl-
thätigere Anwendung kann aber die Weisheit erhal-
ten, als die Beförderung des Haupterfordernisses zur
Glückseligkeit unsers Lebens: der Gesundheit? In
so fern sie diese zu erhalten lehrt, wird sie Hygea,

Minerva
herausgekommen sind, bemerkt er S. 54, daß der
Kopf dieser Statue abgesondert gearbeitet, und
dem Rumpfe eingesetzet worden.
Villa Albani.
Charakterder
Minerva.

Der Charakter der Minerva iſt weibliche Schoͤn-
heit verbunden mit maͤnnlichem Ernſte. Ihr geſenk-
tes Haupt, und ihr in ſich gekehrter Blick zeigen
Nachdenken und Pruͤfung an. Ihre gewoͤhnlichen
Attribute: der Helm, der Bruſtharniſch, die Eule,
zuweilen die Schlange ꝛc. ſind bekannt.

Bei dem Begriff, den ſich die Alten von dieſer
Goͤttin machten, ſcheint zwar die Hauptidee: Weis-
heit, zum Grunde gelegen zu haben; aber ſo wie
dieſe Weisheit ſich in verſchiedener Anwendung thaͤtig
aͤußert, ſo hat man dieſen Begriff auch auf verſchie-
dene Art beſtimmt.

Bald bezeichnet die Goͤttin, Weisheit welche
kriegeriſche Tapferkeit leitet, und vermoͤge dieſer Ei-
genſchaft, welche der Nahme Pallas andeutet, fuͤhrt
ſie das Schild, das von dem Ziegenfelle, womit es
urſpruͤnglich bedeckt war, Aegis heißt. Bald giebt
man dieſer Weisheit eine der Zartheit ihres Ge-
ſchlechts angemeſſene Richtung. Sie wird entweder
die Geſellſchafterin der Muſen, die Beſchuͤtzerin
unterhaltender Talente: Minerva; oder die Vor-
ſteherin haͤuslicher den Weibern eigener Arbeiten,
beſonders der Stickerei: Ergane. Welche wohl-
thaͤtigere Anwendung kann aber die Weisheit erhal-
ten, als die Befoͤrderung des Haupterforderniſſes zur
Gluͤckſeligkeit unſers Lebens: der Geſundheit? In
ſo fern ſie dieſe zu erhalten lehrt, wird ſie Hygea,

Minerva
herausgekommen ſind, bemerkt er S. 54, daß der
Kopf dieſer Statue abgeſondert gearbeitet, und
dem Rumpfe eingeſetzet worden.
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[24/0038] Villa Albani. Der Charakter der Minerva iſt weibliche Schoͤn- heit verbunden mit maͤnnlichem Ernſte. Ihr geſenk- tes Haupt, und ihr in ſich gekehrter Blick zeigen Nachdenken und Pruͤfung an. Ihre gewoͤhnlichen Attribute: der Helm, der Bruſtharniſch, die Eule, zuweilen die Schlange ꝛc. ſind bekannt. Bei dem Begriff, den ſich die Alten von dieſer Goͤttin machten, ſcheint zwar die Hauptidee: Weis- heit, zum Grunde gelegen zu haben; aber ſo wie dieſe Weisheit ſich in verſchiedener Anwendung thaͤtig aͤußert, ſo hat man dieſen Begriff auch auf verſchie- dene Art beſtimmt. Bald bezeichnet die Goͤttin, Weisheit welche kriegeriſche Tapferkeit leitet, und vermoͤge dieſer Ei- genſchaft, welche der Nahme Pallas andeutet, fuͤhrt ſie das Schild, das von dem Ziegenfelle, womit es urſpruͤnglich bedeckt war, Aegis heißt. Bald giebt man dieſer Weisheit eine der Zartheit ihres Ge- ſchlechts angemeſſene Richtung. Sie wird entweder die Geſellſchafterin der Muſen, die Beſchuͤtzerin unterhaltender Talente: Minerva; oder die Vor- ſteherin haͤuslicher den Weibern eigener Arbeiten, beſonders der Stickerei: Ergane. Welche wohl- thaͤtigere Anwendung kann aber die Weisheit erhal- ten, als die Befoͤrderung des Haupterforderniſſes zur Gluͤckſeligkeit unſers Lebens: der Geſundheit? In ſo fern ſie dieſe zu erhalten lehrt, wird ſie Hygea, Minerva 18) 18) herausgekommen ſind, bemerkt er S. 54, daß der Kopf dieſer Statue abgeſondert gearbeitet, und dem Rumpfe eingeſetzet worden.

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/38>, abgerufen am 29.04.2024.