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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

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Der kleine Pallast Farnese.

Das dritte stellet den Alexander vor, der
den Bucephal zähmt.
Auch hier hat der Künst-
ler den Heliodor seines Meisters vor Augen gehabt.

An dem Plafond siehet man einige kleine Ge-
mählde grau in grau gemahlt,
von demselben.
Man erkennt zu wenig davon, um mit einiger Zu-
verläßigkeit darüber urtheilen zu dürfen.

Giulio Romano ward 1492 zu Rom gebohren,Bemerkun-
gen über den
Stil des
Giulio Ro-
mano.

und starb 1546. So lange er nach den Zeichnun-
gen seines Meisters, Raphaels, und unter dessen
Augen arbeitete, war seine Zusammensetzung weise,
und seine Zeichnung richtig: aber in der Färbung
unterschied er sich gleich durch gar zu schwarze Schat-
ten und zu rothe Lichter der Carnation. Seine Aus-
führung war übrigens sehr besorgt, und man kann
sogar sagen, geleckt.

Sobald
eine betagte Frau, die für sich nichts mehr erwar-
tet, nichts mehr fürchtet, spricht, flehet für die Ih-
rigen. Die Königin auf der das ganze Gefühl des
Verlusts ihres vorigen glänzenden Standes liegt,
ist in stumpfen Schmerz versunken. Die älteste
Tochter in den Jahren, wo das auftreibende Herz
noch durch keine Versagungen den Gesetzen des
Schicksals zu huldigen gelernt hat, fühlt die ganze
Erniedrigung ihres Zustandes. Sie, die Tochter
eines Königs, zu den Füßen des Siegers! Ein ed-
ler Unmuth schwellt ihre Lippen, und sie blickt mit
ärgerlicher Verachtung auf die Krone herab, die
sie in den Händen trägt. Das jüngste Kind hin-
gegen zeigt die Gleichgültigkeit, die seinem sorglo-
sen Alter eigen ist.
J 3
Der kleine Pallaſt Farneſe.

Das dritte ſtellet den Alexander vor, der
den Bucephal zaͤhmt.
Auch hier hat der Kuͤnſt-
ler den Heliodor ſeines Meiſters vor Augen gehabt.

An dem Plafond ſiehet man einige kleine Ge-
maͤhlde grau in grau gemahlt,
von demſelben.
Man erkennt zu wenig davon, um mit einiger Zu-
verlaͤßigkeit daruͤber urtheilen zu duͤrfen.

Giulio Romano ward 1492 zu Rom gebohren,Bemerkun-
gen uͤber den
Stil des
Giulio Ro-
mano.

und ſtarb 1546. So lange er nach den Zeichnun-
gen ſeines Meiſters, Raphaels, und unter deſſen
Augen arbeitete, war ſeine Zuſammenſetzung weiſe,
und ſeine Zeichnung richtig: aber in der Faͤrbung
unterſchied er ſich gleich durch gar zu ſchwarze Schat-
ten und zu rothe Lichter der Carnation. Seine Aus-
fuͤhrung war uͤbrigens ſehr beſorgt, und man kann
ſogar ſagen, geleckt.

Sobald
eine betagte Frau, die fuͤr ſich nichts mehr erwar-
tet, nichts mehr fuͤrchtet, ſpricht, flehet fuͤr die Ih-
rigen. Die Koͤnigin auf der das ganze Gefuͤhl des
Verluſts ihres vorigen glaͤnzenden Standes liegt,
iſt in ſtumpfen Schmerz verſunken. Die aͤlteſte
Tochter in den Jahren, wo das auftreibende Herz
noch durch keine Verſagungen den Geſetzen des
Schickſals zu huldigen gelernt hat, fuͤhlt die ganze
Erniedrigung ihres Zuſtandes. Sie, die Tochter
eines Koͤnigs, zu den Fuͤßen des Siegers! Ein ed-
ler Unmuth ſchwellt ihre Lippen, und ſie blickt mit
aͤrgerlicher Verachtung auf die Krone herab, die
ſie in den Haͤnden traͤgt. Das juͤngſte Kind hin-
gegen zeigt die Gleichguͤltigkeit, die ſeinem ſorglo-
ſen Alter eigen iſt.
J 3
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[133/0157] Der kleine Pallaſt Farneſe. Das dritte ſtellet den Alexander vor, der den Bucephal zaͤhmt. Auch hier hat der Kuͤnſt- ler den Heliodor ſeines Meiſters vor Augen gehabt. An dem Plafond ſiehet man einige kleine Ge- maͤhlde grau in grau gemahlt, von demſelben. Man erkennt zu wenig davon, um mit einiger Zu- verlaͤßigkeit daruͤber urtheilen zu duͤrfen. Giulio Romano ward 1492 zu Rom gebohren, und ſtarb 1546. So lange er nach den Zeichnun- gen ſeines Meiſters, Raphaels, und unter deſſen Augen arbeitete, war ſeine Zuſammenſetzung weiſe, und ſeine Zeichnung richtig: aber in der Faͤrbung unterſchied er ſich gleich durch gar zu ſchwarze Schat- ten und zu rothe Lichter der Carnation. Seine Aus- fuͤhrung war uͤbrigens ſehr beſorgt, und man kann ſogar ſagen, geleckt. Bemerkun- gen uͤber den Stil des Giulio Ro- mano. Sobald 8) 8) eine betagte Frau, die fuͤr ſich nichts mehr erwar- tet, nichts mehr fuͤrchtet, ſpricht, flehet fuͤr die Ih- rigen. Die Koͤnigin auf der das ganze Gefuͤhl des Verluſts ihres vorigen glaͤnzenden Standes liegt, iſt in ſtumpfen Schmerz verſunken. Die aͤlteſte Tochter in den Jahren, wo das auftreibende Herz noch durch keine Verſagungen den Geſetzen des Schickſals zu huldigen gelernt hat, fuͤhlt die ganze Erniedrigung ihres Zuſtandes. Sie, die Tochter eines Koͤnigs, zu den Fuͤßen des Siegers! Ein ed- ler Unmuth ſchwellt ihre Lippen, und ſie blickt mit aͤrgerlicher Verachtung auf die Krone herab, die ſie in den Haͤnden traͤgt. Das juͤngſte Kind hin- gegen zeigt die Gleichguͤltigkeit, die ſeinem ſorglo- ſen Alter eigen iſt. J 3

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/157>, abgerufen am 30.04.2024.