Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

über die einzelnen Kirchen.
laurender Bosheit vereinigt, den Begriff des Wesens
völlig hätten ausfüllen können.

Man würde Unrecht thun, wenn man die Sa-
tyren, die Centauren und andere willkührliche Zusam-
mensetzungen der Alten mit einem Ungeheuer, wie
der Teufel bei uns ist, vergleichen wollte. Aber die
Art wie die Griechen viele religiöse Ideen der Aegyp-
tier verfeinert haben, könnte zu einem näher liegenden
Muster dienen, wie man Geschöpfe des Aberglau-
bens zum Vortheil angenehmer Eindrücke nutzen soll.
Der Kopf eines Carracalla mit vergrelltem scheelen
Blicke auf dem stämmigen Rumpfe des ägyptischen
Antinous dürfte in Vereinigung mit einigen bezeich-
nenden Attributen des Pluto (z. E. der bräunlichen
Farbe, der zweizackigten Gabel, des sträubigten Haars
und Bartes, allenfalls auch mit einem Zusatz von
Flügeln schwarzer Nachtvögel) den Begriff des Wi-
dersachers Gottes, und des Feindes der Menschen,
eben so vollständig versinnlichen, als eine Figur
mit Ochsenschwanz, Hörnern, Pferdefuß, und
Krallen. 12)

Die Giganten der Alten, die Bestürmer des Him-
mels, finden wir sie nicht auf einigen ihrer geschnitte-
nen Steine als bloße Menschen von ungewöhnlicher
Größe und Stärke vorgestellt! Und wenn ich gleich
jene andere Vorstellung zur Nachahmung nicht em-
pfehlen möchte, wo die Giganten als Menschen auf
halben Leib mit einem Untertheile von Schlangen ge-

bildet
12) In Guido's Bilde findet man diese Attribute nicht:
Aber wie häufig in vielen andern!
Dritter Theil. R

uͤber die einzelnen Kirchen.
laurender Bosheit vereinigt, den Begriff des Weſens
voͤllig haͤtten ausfuͤllen koͤnnen.

Man wuͤrde Unrecht thun, wenn man die Sa-
tyren, die Centauren und andere willkuͤhrliche Zuſam-
menſetzungen der Alten mit einem Ungeheuer, wie
der Teufel bei uns iſt, vergleichen wollte. Aber die
Art wie die Griechen viele religioͤſe Ideen der Aegyp-
tier verfeinert haben, koͤnnte zu einem naͤher liegenden
Muſter dienen, wie man Geſchoͤpfe des Aberglau-
bens zum Vortheil angenehmer Eindruͤcke nutzen ſoll.
Der Kopf eines Carracalla mit vergrelltem ſcheelen
Blicke auf dem ſtaͤmmigen Rumpfe des aͤgyptiſchen
Antinous duͤrfte in Vereinigung mit einigen bezeich-
nenden Attributen des Pluto (z. E. der braͤunlichen
Farbe, der zweizackigten Gabel, des ſtraͤubigten Haars
und Bartes, allenfalls auch mit einem Zuſatz von
Fluͤgeln ſchwarzer Nachtvoͤgel) den Begriff des Wi-
derſachers Gottes, und des Feindes der Menſchen,
eben ſo vollſtaͤndig verſinnlichen, als eine Figur
mit Ochſenſchwanz, Hoͤrnern, Pferdefuß, und
Krallen. 12)

Die Giganten der Alten, die Beſtuͤrmer des Him-
mels, finden wir ſie nicht auf einigen ihrer geſchnitte-
nen Steine als bloße Menſchen von ungewoͤhnlicher
Groͤße und Staͤrke vorgeſtellt! Und wenn ich gleich
jene andere Vorſtellung zur Nachahmung nicht em-
pfehlen moͤchte, wo die Giganten als Menſchen auf
halben Leib mit einem Untertheile von Schlangen ge-

bildet
12) In Guido’s Bilde findet man dieſe Attribute nicht:
Aber wie haͤufig in vielen andern!
Dritter Theil. R
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0281" n="257"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">u&#x0364;ber die einzelnen Kirchen.</hi></fw><lb/>
laurender Bosheit vereinigt, den Begriff des We&#x017F;ens<lb/>
vo&#x0364;llig ha&#x0364;tten ausfu&#x0364;llen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
              <p>Man wu&#x0364;rde Unrecht thun, wenn man die Sa-<lb/>
tyren, die Centauren und andere willku&#x0364;hrliche Zu&#x017F;am-<lb/>
men&#x017F;etzungen der Alten mit einem Ungeheuer, wie<lb/>
der Teufel bei uns i&#x017F;t, vergleichen wollte. Aber die<lb/>
Art wie die Griechen viele religio&#x0364;&#x017F;e Ideen der Aegyp-<lb/>
tier verfeinert haben, ko&#x0364;nnte zu einem na&#x0364;her liegenden<lb/>
Mu&#x017F;ter dienen, wie man Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe des Aberglau-<lb/>
bens zum Vortheil angenehmer Eindru&#x0364;cke nutzen &#x017F;oll.<lb/>
Der Kopf eines Carracalla mit vergrelltem &#x017F;cheelen<lb/>
Blicke auf dem &#x017F;ta&#x0364;mmigen Rumpfe des a&#x0364;gypti&#x017F;chen<lb/>
Antinous du&#x0364;rfte in Vereinigung mit einigen bezeich-<lb/>
nenden Attributen des Pluto (z. E. der bra&#x0364;unlichen<lb/>
Farbe, der zweizackigten Gabel, des &#x017F;tra&#x0364;ubigten Haars<lb/>
und Bartes, allenfalls auch mit einem Zu&#x017F;atz von<lb/>
Flu&#x0364;geln &#x017F;chwarzer Nachtvo&#x0364;gel) den Begriff des Wi-<lb/>
der&#x017F;achers Gottes, und des Feindes der Men&#x017F;chen,<lb/>
eben &#x017F;o voll&#x017F;ta&#x0364;ndig ver&#x017F;innlichen, als eine Figur<lb/>
mit Och&#x017F;en&#x017F;chwanz, Ho&#x0364;rnern, Pferdefuß, und<lb/>
Krallen. <note place="foot" n="12)">In Guido&#x2019;s Bilde findet man die&#x017F;e Attribute nicht:<lb/>
Aber wie ha&#x0364;ufig in vielen andern!</note></p><lb/>
              <p>Die Giganten der Alten, die Be&#x017F;tu&#x0364;rmer des Him-<lb/>
mels, finden wir &#x017F;ie nicht auf einigen ihrer ge&#x017F;chnitte-<lb/>
nen Steine als bloße Men&#x017F;chen von ungewo&#x0364;hnlicher<lb/>
Gro&#x0364;ße und Sta&#x0364;rke vorge&#x017F;tellt! Und wenn ich gleich<lb/>
jene andere Vor&#x017F;tellung zur Nachahmung nicht em-<lb/>
pfehlen mo&#x0364;chte, wo die Giganten als Men&#x017F;chen auf<lb/>
halben Leib mit einem Untertheile von Schlangen ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bildet</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Dritter Theil.</hi> R</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[257/0281] uͤber die einzelnen Kirchen. laurender Bosheit vereinigt, den Begriff des Weſens voͤllig haͤtten ausfuͤllen koͤnnen. Man wuͤrde Unrecht thun, wenn man die Sa- tyren, die Centauren und andere willkuͤhrliche Zuſam- menſetzungen der Alten mit einem Ungeheuer, wie der Teufel bei uns iſt, vergleichen wollte. Aber die Art wie die Griechen viele religioͤſe Ideen der Aegyp- tier verfeinert haben, koͤnnte zu einem naͤher liegenden Muſter dienen, wie man Geſchoͤpfe des Aberglau- bens zum Vortheil angenehmer Eindruͤcke nutzen ſoll. Der Kopf eines Carracalla mit vergrelltem ſcheelen Blicke auf dem ſtaͤmmigen Rumpfe des aͤgyptiſchen Antinous duͤrfte in Vereinigung mit einigen bezeich- nenden Attributen des Pluto (z. E. der braͤunlichen Farbe, der zweizackigten Gabel, des ſtraͤubigten Haars und Bartes, allenfalls auch mit einem Zuſatz von Fluͤgeln ſchwarzer Nachtvoͤgel) den Begriff des Wi- derſachers Gottes, und des Feindes der Menſchen, eben ſo vollſtaͤndig verſinnlichen, als eine Figur mit Ochſenſchwanz, Hoͤrnern, Pferdefuß, und Krallen. 12) Die Giganten der Alten, die Beſtuͤrmer des Him- mels, finden wir ſie nicht auf einigen ihrer geſchnitte- nen Steine als bloße Menſchen von ungewoͤhnlicher Groͤße und Staͤrke vorgeſtellt! Und wenn ich gleich jene andere Vorſtellung zur Nachahmung nicht em- pfehlen moͤchte, wo die Giganten als Menſchen auf halben Leib mit einem Untertheile von Schlangen ge- bildet 12) In Guido’s Bilde findet man dieſe Attribute nicht: Aber wie haͤufig in vielen andern! Dritter Theil. R

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/281
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/281>, abgerufen am 29.04.2024.