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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

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nach Vollkommenheit in allen ihren übrigen Verhältnissen als Staatsmänner, Gesellschafter, Künstler, Hausväter, u. s. w. gestört sehen, wenn sie eine besondere Sorgfalt darauf wenden wollten, die zärtlich oder leidenschaftlich liebende Person in ihnen zur Vollkommenheit zu erheben.

Es geht daher der edlen und schönen Liebe gerade wie den geselligen Fertigkeiten und den schönen Künsten. Sie muß besonders mit denjenigen verglichen werden, die so wie die Tanzkunst, die Mimik, die ausübende Tonkunst, den Künstler und das Werk zu gleicher Zeit darstellen. Vielleicht hat sie mit der Urbanität die größte Aehnlichkeit. Denn wie hier der Mensch in seinen Verhältnissen zur größern örtlichen Gesellschaft erscheint, so erscheint, der zärtlich und leidenschaftlich Liebende in seinen Verhältnissen zu dem einzelnen Menschen, mit dem er zu einer Person zusammengesetzt gedacht wird.

Alle geselligen Fertigkeiten, alle schönen Künste, die von Personen vor den Augen der Menge, wenn auch nicht in Beziehung auf sie, ausgeübt werden, gewähren ihr Genuß, und berechtigen sie zum Urtheil. Der große Haufe sucht nur Unterhaltung des Augenblicks bey dem Schauspiele, das sie ihm gewähren. Die gute Sitte, die Mode schreibt ihnen einen gewissen Styl vor. Ausgezeichnete Künstler ahnden Vollkommenheit, nähern sich ihr mehr oder weniger, und liefern Produkte, die unter Billigung der guten Sitte auf einige Zeit zu Mustern dienen. Halbkenner vergleichen neuere Versuche mit jenen ältern Meisterwerken, und entscheiden nach Autoritäten. Wahre Kenner prüfen jene Muster nach den Gesetzen der Wahrheit und Zweckmäßigkeit, und setzen

nach Vollkommenheit in allen ihren übrigen Verhältnissen als Staatsmänner, Gesellschafter, Künstler, Hausväter, u. s. w. gestört sehen, wenn sie eine besondere Sorgfalt darauf wenden wollten, die zärtlich oder leidenschaftlich liebende Person in ihnen zur Vollkommenheit zu erheben.

Es geht daher der edlen und schönen Liebe gerade wie den geselligen Fertigkeiten und den schönen Künsten. Sie muß besonders mit denjenigen verglichen werden, die so wie die Tanzkunst, die Mimik, die ausübende Tonkunst, den Künstler und das Werk zu gleicher Zeit darstellen. Vielleicht hat sie mit der Urbanität die größte Aehnlichkeit. Denn wie hier der Mensch in seinen Verhältnissen zur größern örtlichen Gesellschaft erscheint, so erscheint, der zärtlich und leidenschaftlich Liebende in seinen Verhältnissen zu dem einzelnen Menschen, mit dem er zu einer Person zusammengesetzt gedacht wird.

Alle geselligen Fertigkeiten, alle schönen Künste, die von Personen vor den Augen der Menge, wenn auch nicht in Beziehung auf sie, ausgeübt werden, gewähren ihr Genuß, und berechtigen sie zum Urtheil. Der große Haufe sucht nur Unterhaltung des Augenblicks bey dem Schauspiele, das sie ihm gewähren. Die gute Sitte, die Mode schreibt ihnen einen gewissen Styl vor. Ausgezeichnete Künstler ahnden Vollkommenheit, nähern sich ihr mehr oder weniger, und liefern Produkte, die unter Billigung der guten Sitte auf einige Zeit zu Mustern dienen. Halbkenner vergleichen neuere Versuche mit jenen ältern Meisterwerken, und entscheiden nach Autoritäten. Wahre Kenner prüfen jene Muster nach den Gesetzen der Wahrheit und Zweckmäßigkeit, und setzen

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[85/0085] nach Vollkommenheit in allen ihren übrigen Verhältnissen als Staatsmänner, Gesellschafter, Künstler, Hausväter, u. s. w. gestört sehen, wenn sie eine besondere Sorgfalt darauf wenden wollten, die zärtlich oder leidenschaftlich liebende Person in ihnen zur Vollkommenheit zu erheben. Es geht daher der edlen und schönen Liebe gerade wie den geselligen Fertigkeiten und den schönen Künsten. Sie muß besonders mit denjenigen verglichen werden, die so wie die Tanzkunst, die Mimik, die ausübende Tonkunst, den Künstler und das Werk zu gleicher Zeit darstellen. Vielleicht hat sie mit der Urbanität die größte Aehnlichkeit. Denn wie hier der Mensch in seinen Verhältnissen zur größern örtlichen Gesellschaft erscheint, so erscheint, der zärtlich und leidenschaftlich Liebende in seinen Verhältnissen zu dem einzelnen Menschen, mit dem er zu einer Person zusammengesetzt gedacht wird. Alle geselligen Fertigkeiten, alle schönen Künste, die von Personen vor den Augen der Menge, wenn auch nicht in Beziehung auf sie, ausgeübt werden, gewähren ihr Genuß, und berechtigen sie zum Urtheil. Der große Haufe sucht nur Unterhaltung des Augenblicks bey dem Schauspiele, das sie ihm gewähren. Die gute Sitte, die Mode schreibt ihnen einen gewissen Styl vor. Ausgezeichnete Künstler ahnden Vollkommenheit, nähern sich ihr mehr oder weniger, und liefern Produkte, die unter Billigung der guten Sitte auf einige Zeit zu Mustern dienen. Halbkenner vergleichen neuere Versuche mit jenen ältern Meisterwerken, und entscheiden nach Autoritäten. Wahre Kenner prüfen jene Muster nach den Gesetzen der Wahrheit und Zweckmäßigkeit, und setzen

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/85>, abgerufen am 30.04.2024.