Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

und unthätig, als es nöthig ist, um sie zum baaren Balle des Schicksals zu machen. Die Phantasie der Verfasser ist eben so üppig in den Beschreibungen der äußern Verhältnisse, als lüstern in der Darstellung der Empfindungen des liebenden Paares. Der Styl hat alle Fehler der Sophisten und Rhetoren an sich. Die Erotiker aus dieser Classe, scheinen durch die Komödie vorzüglich zu ihren Kompositionen geleitet zu seyn.

Die dritte und jüngste Manier ist die des Heliodor, und seines offenbaren Nachahmers, des Prodromus.

Diese scheint durch die alte Epopoe, besonders durch die Odyssea, auf die Bahn ihrer Kompositionen geleitet zu seyn. Auch hier macht die Vereinigung der beyden Liebenden durch die Heirath das Ziel der Intrigue aus. Aber diese Liebenden sind Helden. Wahre Keuschheit, bey dem Jünglinge sowohl als bey der Jungfrau, Seelenadel, unverbrüchliche Treue und Standhaftigkeit zeichnen sie aus, und sie überwinden durch diese Tugenden alle Hindernisse, die sich ihrer gänzlichen Vereinigung entgegen setzen. Der Charakter des Mädchens wird noch über den des Jünglings emporgehoben, und zieht das Interesse besonders auf sich. Der Styl ist etwas gezüchtigter, als der des Tatius und des Longus, aber rednerischer als derjenige, der die früheste Manier bezeichnet.

und unthätig, als es nöthig ist, um sie zum baaren Balle des Schicksals zu machen. Die Phantasie der Verfasser ist eben so üppig in den Beschreibungen der äußern Verhältnisse, als lüstern in der Darstellung der Empfindungen des liebenden Paares. Der Styl hat alle Fehler der Sophisten und Rhetoren an sich. Die Erotiker aus dieser Classe, scheinen durch die Komödie vorzüglich zu ihren Kompositionen geleitet zu seyn.

Die dritte und jüngste Manier ist die des Heliodor, und seines offenbaren Nachahmers, des Prodromus.

Diese scheint durch die alte Epopoe, besonders durch die Odyssea, auf die Bahn ihrer Kompositionen geleitet zu seyn. Auch hier macht die Vereinigung der beyden Liebenden durch die Heirath das Ziel der Intrigue aus. Aber diese Liebenden sind Helden. Wahre Keuschheit, bey dem Jünglinge sowohl als bey der Jungfrau, Seelenadel, unverbrüchliche Treue und Standhaftigkeit zeichnen sie aus, und sie überwinden durch diese Tugenden alle Hindernisse, die sich ihrer gänzlichen Vereinigung entgegen setzen. Der Charakter des Mädchens wird noch über den des Jünglings emporgehoben, und zieht das Interesse besonders auf sich. Der Styl ist etwas gezüchtigter, als der des Tatius und des Longus, aber rednerischer als derjenige, der die früheste Manier bezeichnet.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0379" n="379"/>
und unthätig, als es nöthig ist, um sie zum baaren Balle des Schicksals zu machen. Die Phantasie der Verfasser ist eben so üppig in den Beschreibungen der äußern Verhältnisse, als lüstern in der Darstellung der Empfindungen des liebenden Paares. Der Styl hat alle Fehler der Sophisten und Rhetoren an sich. Die Erotiker aus dieser Classe, scheinen durch die Komödie vorzüglich zu ihren Kompositionen geleitet zu seyn.</p>
          <p>Die dritte und jüngste Manier ist die des Heliodor, und seines offenbaren Nachahmers, des Prodromus.</p>
          <p>Diese scheint durch die alte Epopoe, besonders durch die Odyssea, auf die Bahn ihrer Kompositionen geleitet zu seyn. Auch hier macht die Vereinigung der beyden Liebenden durch die Heirath das Ziel der Intrigue aus. Aber diese Liebenden sind Helden. Wahre Keuschheit, bey dem Jünglinge sowohl als bey der Jungfrau, Seelenadel, unverbrüchliche Treue und Standhaftigkeit zeichnen sie aus, und sie überwinden durch diese Tugenden alle Hindernisse, die sich ihrer gänzlichen Vereinigung entgegen setzen. Der Charakter des Mädchens wird noch über den des Jünglings emporgehoben, und zieht das Interesse besonders auf sich. Der Styl ist etwas gezüchtigter, als der des Tatius und des Longus, aber rednerischer als derjenige, der die früheste Manier bezeichnet.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[379/0379] und unthätig, als es nöthig ist, um sie zum baaren Balle des Schicksals zu machen. Die Phantasie der Verfasser ist eben so üppig in den Beschreibungen der äußern Verhältnisse, als lüstern in der Darstellung der Empfindungen des liebenden Paares. Der Styl hat alle Fehler der Sophisten und Rhetoren an sich. Die Erotiker aus dieser Classe, scheinen durch die Komödie vorzüglich zu ihren Kompositionen geleitet zu seyn. Die dritte und jüngste Manier ist die des Heliodor, und seines offenbaren Nachahmers, des Prodromus. Diese scheint durch die alte Epopoe, besonders durch die Odyssea, auf die Bahn ihrer Kompositionen geleitet zu seyn. Auch hier macht die Vereinigung der beyden Liebenden durch die Heirath das Ziel der Intrigue aus. Aber diese Liebenden sind Helden. Wahre Keuschheit, bey dem Jünglinge sowohl als bey der Jungfrau, Seelenadel, unverbrüchliche Treue und Standhaftigkeit zeichnen sie aus, und sie überwinden durch diese Tugenden alle Hindernisse, die sich ihrer gänzlichen Vereinigung entgegen setzen. Der Charakter des Mädchens wird noch über den des Jünglings emporgehoben, und zieht das Interesse besonders auf sich. Der Styl ist etwas gezüchtigter, als der des Tatius und des Longus, aber rednerischer als derjenige, der die früheste Manier bezeichnet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/379
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/379>, abgerufen am 30.04.2024.